Unruhe, Ruhe – Dann Wiedergeburt des Tourismus in Tunesien und Ägypten?!

Beide nordafrikanischen Destinationen waren bei europäischen und auch bei deutschen Touristen bis Anfang Januar sehr begehrt. 2010 reisten knapp 1,3 Millionen Deutsche nach Ägypten und 460tausend nach Tunesien. Dann kam für beide Länder im Tourismus ein Absturz. Bei allen Fortschritten wird es Zeit brauchen, um „den Bruch zu überwinden.“ (Zitat: Mehdi Houas, Tunesiens neuer Minister für Handel und Tourismus).

Für Tunesien und Ägypten ist der Tourismus einer der wichtigsten Wirtschaftszweige. Von ihm leben hunderttausende Tunesier und Ägypter nicht nur unmittelbar, sondern auch indirekt als Händler oder Handwerker. Seit Ende Februar fliegen Airlines zwar wieder zu diesen Ferienzielen. Aber es fehlen Gäste. Auch wenn die Preise ins Mittelmeer ’geflossen’ sind”¦ Ein Internet-Reisebüro hat die Preise für Aufenthalte in Sharm El Sheik um 65 % gesenkt. Das Reisebüro um die Ecke bietet eine Woche von Ende März bis Anfang April jeweils im Vier-Sterne-Hotel mit Halbpension und Flug ab Leipzig in Mahdia / Tunesien für 266 € pro Person oder eine Woche Hurghada / Ägypten für 367 € an.

Zum Glück – der Tourist vergisst schnell. Das Leipziger LEIF-Institut hat nach früheren auf den Tourismus wirkenden Ereignissen das Erinnerungsvermögen getestet. Ein Beispiel: Nach dem Terroranschlag auf Djerba / Tunesien im April 2002 wurden junge Tourismusexperten befragt, was Ihnen zu Tunesien einfällt. Selbstverständlich dachten eine Woche nach dem Anschlag alle an diese Tragödie. Ein halbes Jahr später erinnerten sich nur noch 10 % daran.

Der ägyptische Tourismusminister Mounir Fakhry Abdel Nour kennt offenbar den Individualismus vieler deutscher Touristen, wenn er lächelnd wirbt: „Stellen Sie sich vor, Sie hätten die Pyramiden ganz allein”¦“ Dieser Gedanke ist für viele Touristen reizvoller als ein Dumpingpreis. Oder?! Aber – wie gesagt – der Tourist vergisst schnell; aus Touristensicht – leider.

Tourismuschefs von Ägypten und Tunesien wollen schrittweise weg von den der-zeitigen Niedrigpreisen. Denn Billigtourismus ruiniert nicht nur die Einnahmen, sondern auch das Image und die Qualität. Sie setzen auf Qualität in allen Bereichen sowie auf Veränderungen allgemein und konkret im Tourismus. Auf der größten Tourismusmesse der Welt – ITB in Berlin – vor einer reichlichen Woche machten die neuen Chefs des Tourismus von Ägypten und Tunesien ihre konkreten Offerten.

Ägypten setzt auf Qualität sowie Information und Werbung. Die seit 2010 laufende Kampagne „Ägypten wo alles beginnt”¦“ wird neu interpretiert als „Zeit für den Neuanfang”¦“ oder „7000 Jahre Geschichte. Eine neue Ära beginnt“. Information auf allen Kanälen – vor allem auch in den neuen Medien ist verstärkt angesagt. Nach der ’Wir-sind-wieder-da-Methode’ wird Ägypten zudem das Partnerland der ITB 2012 sein. Doch mit guten Worten allein kommen noch keine Touristen. Deshalb soll weiter an der Qualität gearbeitet werden. Tauchbasen werden zertifiziert. Internationale Experten sollen die Hotelqualität prüfen. Der Ökotourismus wird wichtiger. Von Natur aus hat Ägypten bekanntlich viel zu bieten: Große Kultur, sehenswerte exotische Natur, freundliche Menschen ewige Sonne und Meer. Auch nicht ganz unwichtig für viele Touristen ist die relative Nähe und gute Erreichbarkeit.

Tunesien will touristische Vielfalt und die touristischen ’Ghettos’ öffnen. „Den Badetourismus wollen wir künftig verstärkt mit Kulturtourismus anreichern.“, erklärt Mehdi Houas, der tunesische Minister für Handel und Tourismus. „Bisher verschlossene kulturelle und archäologische Stätten sollen der Öffentlichkeit und den ausländischen Gästen zugänglich gemacht werden.“ Vor der Revolution war es in Tunesien schwierig, individuell durch das Land zu reisen. Es fehlte flächendeckend eine touristische Infrastruktur. „Tunesien will künftig viel Energie dafür aufwenden.“

Authentizität durch Kultur im weitesten Sinne ist die Strategie. Konkret 12 neue bedeutende Kulturstätten sollen so schnell wie möglich für den Tourismus vorbereitet werden. „Der Tourist soll Geschichte und Kultur, das regionale Handwerk und die regionale Küche authentischer kennen lernen.“ Der Tourismus in der Sahara und der Wander-Tourismus sollen entwickelt werden. Wanderer könnten auch für Tunesien eine Verlängerung der Reisesaison bedeuten.“, erklärt der Ende Januar ernannte Tourismusminister, Mehdi Houas. Er war bisher als Unternehmer einer Firma im Informatik- und Telekommunikationsbereich in Frankreich tätig. Als Fachmann für Information verspricht er „im richtigen Augenblick offen über die Situation im Lande die ausländischen Gäste zu informieren“.

Epilog: Der ägyptische Tourismus hat ein Foto publiziert: Ein jugendlicher Demonstrant hält ein Transparent mit dem Text „Liebe Touristen bleibt in Ägypten. Wir schützen Euch.“ Touristen sind mehr als willkommen – das ist die wichtigste Botschaft.

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www.egypt.travel

www.tunesien.info

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