Ungewöhnliches Tauschgeschäft im Eishockey – Eisbären bezahlen mit drei Zähnen für drei Punkte

Darin Olver (Archivbild) © Foto: Bernd König
Leidtragender dieses Deals war im letzten Drittel Berlins Stürmer Darin Olver. Weil es abseits des Pucks passierte, hatte mancher Besucher nicht mitbekommen, was da geschehen war. Plötzlich lag Olver auf dem Eis und zeigte Schmerzreaktionen „Es war ein Stockschlag des Gegners ins Gesicht“, erklärte Eisbären-Cheftrainer Jeff Tomlinson nach Studium der TV-Zeitlupenbilder.

In der Kabine ergab die Diagnose drei lädierte und angebrochene Zähne. Die Unterlippe musste mit vier Stichen genäht werden.

Erstaunlicherweise hatte offenbar keiner der Unparteiischen die Attacke im Blick gehabt. So blieb das Foul zunächst ohne Folgen für die Gäste.

Nun ja, Ansichtssache. Doch die Gastgeber konnten an diesem Abend aus den Überzahlsituationen wenig Kapital schlagen. Lediglich im Schlussabschnitt markierte  Neuzugang Mark Bell das letztlich spielentscheidende 2:1.

Das 1:1 durch Brett Breitkreuz zu Beginn des letzten Drittels wurde nach einem Videobeweis bestätigt. Der Augsburger war mit einem Berliner im Torraum im Clinch und plötzlich lag der Puck hinter der Linie. „Dann haben wir aber richtig reagiert und Druck gemacht“, wie Laurin Braun feststellte. Eine Vorlage Lalonde auf Bell wurde von jenem direkt zum Winner verwertet. Ein 3:1 am Schluss war möglich, weil Augsburg rund eine Minute ohne Torhüter spielte, die Berliner aber an diesem Abend kein Zielwasser getrunken hatten.

Ansonsten: Die Zahn-Schnellreparatur der Eisbären scheint zu funktionieren, denn Olver „wird am Sonntag gegen Düsseldorf dabei sein.“.

Deren generell rustikale Gangart führte allerdings dazu, dass sie sieben Mal je zwei Minuten in die Strafbox mussten. Die Eisbären hingegen durften sich da lediglich sechs Minuten abkühlen.

Was Ausgburgs Trainer Larry Mitchell zu der Einschätzung veranlasste, die Schiris hätten leider etwas einseitig ihre Entscheidungen getroffen…

Bereits der dritte Treffer im dritten Spiel im Berliner Dress für den erfahrenen NHL-Ex-Profi. „Ein  talentierter und schlauer Spieler. Er kann das Spiel sehr gut lesen und weiß, wo er im richtigen Moment zu stehen hat“, lobte Tomlinson. Bestätigte zugleich den allgemeinen Eindruck, dass der 33-jährige Kanadier nach Schulterverletzung und Wettkampfpause „noch nicht hundertprozentig fit ist“.

Vor dem siebenten Heimsieg der Hausherren in Folge hatte Manager Peter John Lee davor gewarnt, den Tabellen-Elften auf die leichte Schulter zu nehmen. Das habe in der Vergangenheit gegen Kontrahenten aus hinteren Tabellenrängen mehrfach zu Punktverlusten oder Niederlagen geführt.

Die Mahnung schien die Mannschaft aufgenommen zu haben. Denn sie schnürte die Augsburger im ersten Drittel förmlich ein. „Das hätte eigentlich zum 3:0-Vorteil führen müssen“, wie drei dänische Besucher fachkundig analysierten. Sie monierten „zu wenig Torschüsse und dann die Abpraller nutzen“. Eishockey in Dänemark?- „Ist eine große Nummer. Wir haben neun Dänen in der NHL.“

Weil aber auch die Qualität der Eisbären-Schüsse wohl nicht zu hoch schien und National-Goalie Patrick Ehelechner an seine gute Vorstellung beim Nationen Cup anknüpfte, musste der Berliner Anhang bis zur 32. Minute warten, ehe die Führung gelang. Verteidiger Frank Hördler stürmte auf links energisch in die Gästezone und spielte einen scharfen Pass millimetergenau auf die andere Seite. Wo Laurin Braun („Ein Superzuspiel. Ich brauchte nur die Kelle hinhalten“) mit seinem Timing optimal reagierte.

Braun war für den gesundheitlich angeschlagenen Kapitän Andre Rankel – jener wird auch am Sonntag fehlen – in die Reihe mit Julian Talbot und TJ Mulock gerückt. Bruder Constantin Braun verteidigte zusammen mit dem jungen Alex Trivellato.

Der Berliner Treffer fiel konträr zum Ablauf im Mitteldrittel. Denn da hatten die Gäste mehr vom Spiel, aber einen starken Rob Zepp im Berliner Kasten.

Mitchell lobte Berlins Schlussmann Zepp und meinte, dass es auch eine Sache „von Glück und Pech“ gewesen sei, „doch am Ende hat Berlin verdient gewonnen.“

Tomlinson ordnete beide Torhüter als „überragend“ ein und zeigte sich glücklich über die drei Punkte: „Denn es ist ja oft so, wenn du deine Chancen nicht verwertest, gehst du als Verlierer vom Eis.“

Trotz des Sieges verharrt der Titelverteidiger auf Rang acht mit einem Rückstand von fünf Zählern, weil die unmittelbar davor liegenden Teams gleichfalls punkteten.

Die DEL-Minusrekord-Kulisse von 10 800 dürfte eine Reaktion auf bislang wechselhafte Leistungen sowie eine Folge des Verzichts auf Ticket-Rabattaktionen sein.

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