Über die Sexualstörungen des Mannes – Sexualität als zentraler Bestandteil der männlichen Identität

Giovanni Bellini, 1430-1516, Venedig, Italien

Deswegen suche er heute meist im Internet nach Frauen. Dabei sehne er sich so sehr nach einer längeren festen Beziehung. Seine Mutter habe immer verlangt, dass er für sie da sei, ihr handwerklich und im Garten helfe. Habe er sich aufgelehnt, hagelte es Vorwürfe, er sei undankbar, rücksichtslos und egoistisch, und er habe ein so schlechtes Gewissen gehabt. Der Vater habe auch noch gesagt, er solle der Mutter helfen. Jetzt sei sie zwar gestorben, aber richtig frei und glücklich fühle er sich immer noch nicht, obwohl ihm anfangs ein Stein vom Herzen gefallen sei. Aber das könne er niemandem sagen, das würde niemand verstehen. Schon als Kind sei er von anderen Jungen als Muttersöhnchen gehänselt worden. Das hätte ihn tief getroffen.

Seine Depression sehe ich als Folge einer enttäuschenden und für ihn wenig anerkannten Vergangenheit und eines noch weniger hoffnungsvollen Zukunftsentwurfes.

Sexuelle männliche Störungen

Für den Mann ist seine Sexualität eines der wichtigsten Dinge in seinem Leben, deren Bedeutung weit über die Sexualität hinausgeht und die Gesamtpersönlichkeit und Identität betrifft. Wenn nun seine Sexualität von Störungen betroffen ist, dann bedeutet das oft eine erhebliche Herabsetzung in seinem narzisstischen Selbstbild. Die wichtigsten Sexualstörungen, abgesehen von den sogenannten Perversionen, sind die erektile Impotenz, wenn das Glied nicht steif wird, die Ejakulatio praecox, der vorzeitige Samenerguss, und die Zeugungsunfähigkeit. Bis auf die körperlichen bzw. somatischen Erkrankungen wie die Zuckerkrankheit oder der hohe Blutdruck spielen psychische und psychosoziale Störungen, meist im Hintergrund, wobei sich seelische und körperliche Störungen vermischen können, eine ausschlaggebende Rolle. Aber auch bei körperlichen Störungen können seelische Faktoren eine auslösende Rolle spielen zum Beispiel beim hohen Blutdruck, wobei der Erkrankte sich ständig unter Druck setzt bzw. unter Hochdruck gerät. Umgekehrt wirken sich körperliche Erkrankungen auf die Psyche aus. Allein schon die Diagnose einer körperlichen Erkrankung kann sich auf die Psyche auswirken, so dass der Mann aus psychischen Gründen impotent wird.

Das fehlende sexuelle Verlangen kann vom Mann sowohl als Problem als auch als unproblematisch und normal erlebt werden. Wenn der Mann dies nicht als Problem erlebt, so kann es die Frau als Problem wahrnehmen, ihn unter Druck setzen, und dann hat er ein Problem, das ihn impotent machen kann.

Über Hintergründe und Zusammenhänge wollen wir uns in diesem Artikel beschäftigen. In einem komplexen Geschehen, in dem körperliche, psychische und soziale Faktoren eine Rolle spielen, können diese nur auszugsweise dargestellt werden

Prägende Kindheitsfaktoren

Wie allgemein bekannt ist, und ich in mehreren Artikeln wie über die inzestuöse Mutter-Sohn- Verstrickung beschrieben habe, wird der Mensch, also auch der Mann, in der Kindheit geprägt und erzogen. Hier sollen nur einige bedeutsame Faktoren erwähnt werden. In diesem Artikel hatte ich die Peniswaschungen erwähnt, die der Reinlichkeit des Penis dienen und die vor allem bei einer prüden Mutter zum unauflöslichen Problem werden können. Wenn beim Jungen durch die Stimulation beim Waschen der Penis steif wird, mag eine prüde Mutter erschrecken, gleichzeitig fasziniert sein und ihrem Sohn eins drauf geben. Das Glied des Jungen wird stimuliert und gleichzeitig tabuisiert. Dadurch lernt der Junge, dass der stimulierte Penis etwas Schmutziges, Peinliches und Unangenehmes ist. Dieser Umstand wird sich sicherlich in der Sexualität bis ins Erwachsenenalter auswirken. Der Soziologe Gerhard Amendt schrieb über die Vorliebe der Mutter für den Penis ihres Sohnes. Handfeste sexuelle Übergriffe im sexuellen Missbrauch gibt es sicherlich auch. Der sexuelle Missbrauch von Vätern an den Töchtern ist immer mehr publik geworden, der der Mütter an den Söhnen oder auch der Väter an den Söhnen ist mehr tabuisiert. Alexander Marcus Homes hat ein Buch über den sexuellen Missbrauch durch die Mütter geschrieben.

In der Literatur findet sich gelegentlich, dass unter Ammen und Kindermädchen verbreitet war, wenn der Säugling unruhig ist und schreit, diesen zur Ruhe bringen, indem sie sein Glied reiben oder in den Mund nehmen. Der Mensch hat sich wenig geändert, das, was früher geschah, wird sicherlich auch noch heute geschehen, ist nur mehr tabuisiert. Wahrscheinlich ist es so, dass in einer zunehmend normierten Gesellschaft anormales Verhalten umso mehr tabuisiert ist. Ob diese Überstimulierung zu Störungen führt, dazu gibt es folglich keine Literatur. Aber gerade tabuisierte und unbewusste Inhalte spielen eine besonders große Rolle, da sie von Scham und Schuld begleitet sind, unausgesprochen bleiben und sich mit ihnen nicht oder weniger auseinandergesetzt werden kann.

Manche Mütter und Eltern hätten anstatt eines Jungens lieber ein Mädchen und machen ihren Jungen zu einem Mädchen, indem sie ihm zum Beispiel Mädchenkleider anziehen, und er von anderen Kindern ausgelacht wird. Dadurch gerät der Junge nicht nur in der Kindheit mit seiner Männerrolle in Konflikt. In vielen Kulturen ist die Beschneidung des Jungen üblich. Sie soll der Reinlichkeit und der Krebsvorsorge dienen. In wie weit dieser Eingriff für viele Männer ein gravierendes Problem darstellt, zeigt, dass in den USA eine der häufigsten kosmetischen Wiederherstellungsoperationen ist, die Vorhaut wiederherzustellen.

Vereinnahmung

Wie das typische anfängliche Fallbeispiel zeigt, spielt die Vereinnahmung durch die Mutter oft eine wichtige Rolle. Diese benötigt ihren Sohn oder ihre Tochter zu ihrer Selbststabilisierung, um sich etwa nicht allein, verlassen oder nutzlos zu fühlen, vor allem bei allein erziehenden Müttern oft als Partnerersatz, und behindert dadurch seine Loslösung und Selbstbestimmung. Dieser Mann konnte sich nicht in eine längere, befriedigende Beziehung einlassen, da er die Mutterbeziehung auf spätere Frauen übertrug, keine Familie mit Kindern gründen, überhaupt in der Sexualität sich nur beschränkt als Mann fühlen. Schon als Junge war er in seiner Männlichkeit vor allem im Spiegel der anderen Jungen schwer getroffen. Dies wirkte sich auf seine Sexualität aus. Das Essen war für ihn ein narzisstischer Ersatz, dadurch das Übergewicht. Möglicherweise wirkte sich in der Körper-Seele-Einheit sein Unbefriedigtsein auch auf die Bauchspeicheldrüse und den Blutzucker aus. In einer festen Beziehung wäre er trotz aller Sehnsucht zu stark unter Hochdruck geraten, so dass er sie mied.

Die Persönlichkeit des Vaters als männliches Vorbild spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Dieser Mann hatte seinen Vater als schwach, von der Mutter vereinnahmt, wahrgenommen, und sein Einfluss, wie er bei der Mutter brav zu sein, behinderten die Selbstständigkeit des Sohnes. Gewissermaßen sollte es der Sohn auch nicht besser haben als der Vater. Wenn Vater und Mutter zusammenarbeiten und -halten, hat das Kind zur Eigenständigkeit umso weniger Chancen.

Die wichtige Rolle bei der Mutter hebt zwar den Selbstwert des Sohnes und stärkt anfangs sein Selbstwertgefühl, lässt ihn aber umso mehr als Muttersöhnchen erscheinen und diese Verführung behindert seine Loslösung und Selbstbestimmung. Ein ähnlicher Sachverhalt ist im Mythos in der Heiligen Familie dargestellt, die Mutter jungfräulich, der Sohn der Gott und der schwache, asexuelle Vater steht duldend im Hintergrund und fördert dieses Zusammenspiel. In anderen Mythen ist die Gefährlichkeit der Verführung durch die Frau dargestellt, etwa in der Loreley-Sage oder im griechischen Mythos bei den Sirenen, vor denen sich der trickreiche Odysseus an den Mast binden ließ, um den Anblick zu genießen, aber nicht unterzugehen.

Ängste und Druck

Aber auch Ängste der Mutter und der Eltern übertragen sich auf das Kind. Es wird ebenfalls ängstlich und gerät unter Druck. Um zur sexuellen Erregung zu kommen und diese zu genießen, ist Druck höchst kontraproduktiv. Übermäßige Angst und Druck wirken sich ebenfalls auf die Gliedsteife aus, bei der Ejakulatio praecox als meist unbewusster Wunsch, die angstvolle und belastende Sache möglichst schnell zu beenden. Bei der gefürchteten Vereinnahmung durch die Mutter und Frau spielt wahrscheinlich auch eine Rolle, sich dieser im Geschlechtsakt möglichst schnell zu entziehen. Diese Männer entziehen sich meist auch sonst in anderen Lebensbereichen. Zusätzlich auf die Heranbildung und Reifung des Samens wirkt sich der Druck aus. Dies zeigt die Tatsache, dass Paare, die Kinder adoptiert haben und vom Druck befreit sind, ein Kind zu zeugen, oft im Nachhinein ein eigenes Kind bekommen.

Negatives Männerbild

Unterliegt die Mutter einem negativen Männerbild aufgrund eigener Erfahrungen oder von den eigenen Eltern traditionell übermittelten Bildern, etwa " Männer wollen nur das Eine!, sind Schläger, Säufer oder Vergewaltiger", überträgt sich dies ebenfalls auf den Sohn. Er sieht sich als Mann negativ mit den Augen der Mutter, und „so einer will er nicht sein!“ Oft wirkt die Mutter in diesem Bild negativ auf ihrem Mann ein oder sucht sich sogar einen Partner, der diesem Bild entspricht, woraufhin der Vater negativ reagiert und das Bild von Mutter und Sohn sich bestätigt. Darüber hinaus identifiziert sich der Sohn mit dem negativen Vaterbild. Mit diesem negativen Bild der Frau gegenüberzutreten, behindert ihn in der Ausübung seiner Männlichkeit. Dies kann sich oft genug auf die Sexualität auswirken. Wenn dieser böse Vater, da er selbst schlecht behandelt wird, auch noch den Sohn unterdrückt, entsteht im Sohn ein schwaches, unmännliches Selbstbild. Kommt ihm nun seine Partnerin ebenfalls mit einem negativen Männerbild entgegen, etwa, „er wolle sich mit seinem steifen Glied nur produzieren “, wird er zusätzlich gebremst oder bremst sich selber. Natürlich spielt das Selbstbild des Vaters auch eine Rolle. Hält der Vater von sich selbst wenig, überträgt sich dies auf den Sohn. Es kann aber auch sein, wenn der Sohn dem Vater sich überlegen fühlt, fasst er dies als Frevel auf und unterwirft sich, da sich jeder Sohn als Vorbild eine starken Vater wünscht, an den er sich anlehnen und von dem er profitieren kann.

Fantasiehemmung

Zur Sexualität gehören die Fantasie und die Bildervorstellung. Dann kann eine von anderen Männern als höchst unattraktiv wahrgenommene Frau je nach inneren Kriterien in der Vorstellung höchst anregend sein, oder die schönste Frau macht den Mann überhaupt nicht an. Durch den Erziehungs- und Prägungsprozess kann auch die Fantasiewelt gehemmt werden, einmal in der Form, dass der Mann überhaupt keine erregenden Fantasien zulassen kann und dann entsteht auch kein sexuelles Verlangen. Erfordert trotzdem die Situation, das Männlichkeitsbild, das Verlangen der Frau oder die Notwendigkeit der Zeugung den sexuellen Akt, erreicht er keine Gliedsteife. Diese Fantasiehemmung wird vom Mann oft nicht als solche wahrgenommen, da es nicht anders kennt.

Sie kann auch eine Folge der frühkindlichen Peniswaschungen sein, wo Erregung verboten war. Die Fantasiehemmung kann sich auch so auswirken, dass sie ihm bei normalen Frauen fehlt und er nur von besonders attraktiven Frauenbildern angeregt wird. Dann kann er sich etwa bei Pornofilmen erregen und onanieren, aber seine Partnerin erscheint ihm viel zu unattraktiv. Dieser Zusammenhang kann sich vor allem bei älteren Männern und Frauen abspielen. Jugend und Attraktivität sind für den alternden Mann unter diesen Bedingungen notwendig.

Auch eine strenge religiöse Erziehung kann die Fantasie verbieten. Manchmal ist sogar eher die Handlung als die Fantasie erlaubt. Es darf eher etwas getan, als darüber gesprochen werden. In strengen religiösen Gemeinschaften kann die Sexualität nur zur Kindererzeugung erlaubt sein. So las ich in einem Buch über den Pietismus, dass eine Frau erzählte, Sexualität finde nur zu Kindererzeugung und dann nur im dunklen Zimmer unter der Bettdecke unter ständigem Gebet zu Gott statt, dass sie nicht die sündige Lust befalle. Eine solche Einstellung nimmt natürlich sämtliche Lust, selbstverständlich auch bei der Frau. Die Fantasiehemmung kann auch in dieser Weise erfolgen, dass sich der Mann während des Sexualaktes nicht erlaubt, sich eine andere und schönere Frau vorzustellen. Das kann nämlich sehr anregend sein. Sogar in der Fantasie muss der Mann seiner Frau treu sein, so wie er es früher bei der Mutter sein musste. Wenn seine Partnerin davon erfahren würde, wäre sie auch meist schwer gekränkt. Für manche Männer sind noch nicht mal kleine Geheimnisse erlaubt.

Partnerzerstrittenheit

Sind beide Partner offen zerstritten, kann sich das auf die Sexualität auswirken. Schwieriger ist es bei einer latenten Zerstrittenheit, wenn einer oder beide um des lieben Friedens willen ihren Streit unterdrücken, also eine Pseudoharmonie besteht. Dieser unterdrückte Streit wirkt sich ebenfalls auf die Beziehung und die Sexualität aus, besonders wenn keine Wahrnehmung für die Pseudoharmonie besteht. Eine Zerstrittenheit kann sich leicht dadurch ergeben, dass zu Beginn einer Beziehung die Partner jeweils ihre Wunschvorstellungen in den/die Andere(n) hineinsehen und diese in ihm lieben. Im Nachhinein stellt sich der Partner jedoch als anders heraus, und wenn dies nicht akzeptiert wird, der jeweilige Partner von seinen Erwartungen nicht loslassen kann, also eine Liebe auf den zweiten Blick entsteht, ergibt sich oft eine Enttäuschung und Zerstrittenheit. Das Nichtloslassenkönnen ergibt sich auch dadurch, dass der Sohn, natürlich auch die Tochter, von seinen Eltern verinnerlicht und gelernt hat, dass Liebe und Akzeptanz nur unter bestimmten Bedingungen erfolgt. Eine Person als ganzes zu lieben und zu akzeptieren, auch wenn einem einiges nicht passt, ist in diesem Weltbild nicht drin.

Das kann zwar das Ende der Beziehung sein, aber wenn man sich aus Verlustangst und wegen eines negativen Selbstbildes nicht trennen kann, wird eine disharmonische oder pseudo-harmonische Beziehung weitergeführt. Bei der Pseudoharmonie können die Aggressionen oft nicht komplett unterdrückt werden, sondern treten bei allen möglichen Anlässen in spitzen Bemerkungen zu Tage, und das Paar ist umso mehr zerstritten. Die Unfähigkeit sich zu trennen bei offener oder latenter Zerstrittenheit und Unzufriedenheit wirkt sich meist insofern auf die Kinder aus, dass diese zur Parteinahme gezwungen werden, meist auf der Seite der Mutter als die Person mit dem größeren Einfluss, da sie von der Stunde Null an überwiegend anwesend ist, oder als Prellbock zwischen den Eltern stehen. Diese Verhältnisse werden auf spätere Beziehungen übertragen.

Übertragung der Sohn-Mutter-Beziehung

Die frühkindliche Beziehung wurde oben schon erwähnt. Diese kann verschiedene Schicksale erleben. Wurde der Sohn von der Mutter als Partnerersatz genommen, überträgt er dies auf seine spätere Partnerin. Er erlebt in sich den kleinen Jungen und in seiner Frau die große Mutter, gegen die er nicht ankommt und deren Vereinnahmung er fürchten muss. Dies spielt sich meist auf einer völlig unbewussten Ebene ab. Auch kommt das Inzesttabu hinzu. Dieses Inzesttabu kann sich als Körperfeindlichkeit und Sexualfeindlichkeit ausdrücken. Beides kann zu einer Hemmung der Fantasie führen. Noch schwieriger wird es, wenn die Mutter in ihrem Sohn das sucht, was sie bei ihren eigenen Eltern vermisst hat, etwa eine Beruhigung, Tröstung, ein grandioses Männerbild als toller Held und Erfolgsmensch, vor allem wenn sie sich selbst minderwertig sieht, und ihre eigenen Lebensziele in ihm sucht. Dann gerät der Sohn in die Elternposition, eine Rollenumkehr oder eine Paternalisierung. Er muss seine Partnerin beruhigen, trösten, den Held spielen und mag dabei völlig überfordert sein. Wenn er sich nicht eine dazu passende Partnerin ausgesucht hat, etwa eine Frau, die gar nicht beruhigt werden will oder einen Helden sucht, laufen seine Bemühungen sogar ins Leere.

Partnerwahl

Die Partnerwahl kann nach verschiedenen Kriterien erfolgen. Oft erfolgt sie nach einem latenten Vorbild der Mutter, vom Äußeren oder von den Verhaltensweisen her. War die Mutter versorgend, hausfraulich, sogar überbehütend, sucht er eine Frau nach diesen Maßstäben. In der Überbehütung muss er die Vereinnahmung fürchten und sich dagegen wehren. Das kann zur Zerstrittenheit führen. Geht er nach dem Äußeren, wird dieses Versprechen oft nicht eingehalten, und er ist enttäuscht.

Ein Mann, der sich selbst als unmännlich und unattraktiv wahrnimmt, sucht sich eine zu ihm passende Partnerin, die er dann selber unattraktiv erlebt und keine erotischen Fantasien entwickeln kann. Sucht er sich zur Kompensation seines Selbstbildes eine tolle Frau, erlebt er sich selber als minderwertig. Diese Faktoren wirken sich negativ auf die sexuelle Beziehung aus.

Protest, Verweigerung und Sabotage

Wie oben schon bei der Ejakulatio praecox erwähnt, kann die Sexualstörung auch meist unbewusst ein Protest, eine Verweigerung und eine Sabotage darstellen. Es kann gegen das männliche Rollenklischee protestiert werden, das nicht als eigenes Ziel angesehen wird, sondern von außen oktroyiert wurde und eine Vereinnahmung bedeutet. Gerade das nicht zu tun, was erwartet wird, ist dann das unbewusste Ziel. Durch dieses Ziel gerät er wiederum in einen Konflikt mit seinen männlichen Zielen und Wünschen, einem unauflöslichen Konflikt, der ihn sicherlich nicht potenter macht, und er sieht sich in den eigenen und fremden Augen umso mehr entwertet.

Hinzu kommt, dass bei Entwertungen und Demütigungen umso mehr ein Gegenbild von Größe und Stärke aufgebaut wird, dem er umso weniger genügen kann. Die Verherrlichung der männlichen Potenz ist allgegenwärtig. Oft sind dies auch von außen verinnerlichte Bilder wie im Auftrag der Mutter, denen er sich unbewusst verweigert. Oft wünscht sich auch eine in ihrem Selbstbild entwertete Partnerin in einer symbiotische Beziehung, wo der Eine den Anderen ersetzt, zu ihrer eigenen Kompensation einen strahlenden Helden, wodurch er völlig überfordert ist und sich zum Selbsterhalt verweigert. Die Sexualstörung kann also zusätzlich dem Selbsterhalt und der Rettung dienen, wie überhaupt Störungen unter positiven und nicht nur unter negativen Aspekten zu sehen sind.

Unter dem Aspekt der Verweigerung und Größe könnte man auch das Zölibat in der katholischen Kirche sehen. Das hehre Ziel ist, dass der Priester nach dem Vorbild von Jesus sich ohne Einflüsse von Frau und Familie der Hingabe zu Gott und der Gemeinde widmet. Hinsichtlich der Macht der Einflüsse ist meist der Gott in den Familien die Mutter, der der Mann sich verweigert, um die Vereinnahmung zu verhindern. Der Vater hat oft mehr die Familie nach außen zu vertreten und zu ernähren, vor allem in der klassischen Rollenverteilung. Diese Statistenrolle kann sich wie beim Heiligen Josef auf seine Sexualität auswirken. Dass diese Rolle für den Mann völlig inadäquat und unmenschlich ist, zeigt sich in der Doppelmoral, dem einzigen Ausweg aus diesem hehren Auftrag. Teilweise wendet der Priester sein Sexualziel, sich den Frauen verweigernd, Kindern zu, die ungefährlichere Objekte darstellen.

Ausblick

Man sieht, die herrliche und vergötterte Sexualität kann sehr vertrackt und aus mannigfaltigen Gründen gestört sein. Hier können nur einige Faktoren erwähnt werden, die aber einen Einblick in dieses komplexe Geschehen vermitteln sollen. Der Leser möge mit seinen eigenen Gedanken, Einfällen und Erfahrungen spazieren gehen, um nicht dem Vorwurf des Plagiats zu verfallen. Sich diese oder andere Hintergründe und Zusammenhänge zu vergegenwärtigen, dabei sich selbst in der eigenen männlichen Begrenztheit zu akzeptieren, vor allem sich Zeit zu nehmen und auf die eigene Befindlichkeit und nicht ausschließlich auf die Frau zu achten, können eine störungsfreiere Sexualität vermitteln.

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Literatur:

Karl Haag (2006): "Wenn Mütter zu sehr lieben – Verstrickung und Missbrauch in der Mutter- Sohn-Beziehung", Kohlhammer

Gerhard Amendt (1994), "Wie Mütter ihre Söhne sehen", Fischerverlag

Alexander Marcus Homes: „Von der Mutter missbraucht – Frauen und die sexuelle Lust am Kind", Books on Demand

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