„Tötet Erdoğan“ oder Was hat Christoph Schlingensief mit Barack Obama, Angela Merkel und Recep Tayyip Erdoğan zu tun? oder noch besser: Was ist zu tun?

© Karikatur: Marian Kamensky, 2015

Berlin, Deutschland (Weltexpress). US-Präsident Barack Obama kam nicht mehr nur als Lame Duck sondern als gerupfter Rooster in die Hauptstadt der Berliner Republik, um mit der Glucke der Großen Koalition zu sprechen. Während in weiten Teilen der Bundesrepublik und in Berlin die Merkel-muss-weg-Rufe immer lauter werden und die Kommentare der Betroffenen zu ihren Umfragewerten immer leiser, trafen sich Obama und Merkel als Staatenlenker mit geringer Halbwertzeit im vornehmsten Haus am Pariser Platz. Beim Tête-à-Tête am Zweiertisch im Adlon soll eine Art Schlachteplatte serviert worden sein, wie Hauptstadt- und Mehrheitsmeinungsmachermedien zu berichten wissen.

Geschlachtet wird wahrlich an anderer Stelle im geopolitischen Raum der NATO, die genauso wenig den Frieden bringt wie der Klapperstorch die Kinder. Geschlachtet und wahrlich nicht gekleckert wird – um nur ein Beispiel zu nennen – im NATO-Staat Türkei. Recep Tayyip Erdoğan befahl nach dem inszenierten Putsch den Gegenschlag, den Gegenputsch und griff freigewählte Abgeordnete, die Parteispitze der Halkların Demokratik Partisi und also die Führung der Demokratischen Partei der Völker (HDP) an wie sonst nur die Arbeiterpartei Kurdistans und lies Offiziere und Polizisten, Journalisten und Verleger, Lehrer und Wissenschaftler, Juristen, Bürgermeister, Schriftsteller, Schauspieler und jede Menge mehr Menschen wegsperren. Hunderte, Tausende – geschlagen, getreten, gefoltert.

Die Lage ist längst so schlimm, dass Türken in Deutschland Schlange stehen, um nicht zurück in ihre Heimat zu müssen. Einfache Soldaten flüchten und selbst türkische NATO-Offiziere bitten in Deutschland aus Verzweiflung vor politischer Verfolgung um Zuflucht. Der Terrorstaat Türkei befindet sich an vielen Fronten im Krieg und die Gräben ziehen sich nicht nur durch den Irak und durch Syrien, sie ziehen sich auch durch Anatolien. Kleinasien erzittern vor dem Größenwahn von Erdoğan, der von der Rückeroberung ganz Zyperns und Teilen Griechenlands träumt, wie sonst nur bei Erdbeben. Nicht nur Menschen werden platt gemacht, sondern ganze Dörfer und Städte.

Dass die Wut in Hass umschlägt, das wundert wenig. Und das ist auch gut so! Denn wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht.

Ganz anders Obama und Merkel. Beide finden beim Beisammensein zum grausigen Geschehen zwar warnende wie wohlmeinende Worten, aber alle anderen Handlungen dieser Halunken summieren sich seit langem unter dem Begriff der Unterlassung. Das ist schon kein Versäumnis mehr, das ist pure Absicht dieses parteilichen Amtsträgers und dieser provinziellen Aftergängerin.

Die Türkei ist längst ein totalitärer Staat mit einem Placebo-Parlament, das noch nicht einmal mehr als Quasselbude des Kapitals taugt. Zwar ist die Entdemokratisierung der Türkei noch nicht am Ende, aber das Ende ist nah.

Es war falsch, dass die Bonner Republik als Vasall im Kalten Krieg die Militärdiktatur in Griechenland, wo das Regime der Obristen von 1967 bis 1974 herrschte, die faschistischen Diktaturen in Portugal, wo Diktator António de Oliveira Salaza die Peitsche schwang, und Spanien, wo Diktator Francisco Franco wie ein Barbar die überlebenden Verlierer des Bürgerkriegs behandelte, stillschweigend mit allen anderen NATO-Staaten duldete. Jedes Attentat auf diese Schweine und ihr Schweinesystem mit Hunderttausenden Gedemütigten und Gefolterten, Erniedrigten und Ermordeten wäre gerecht gewesen. Doch dazu waren die Eliten in Westdeutschen auch nach 1945 weder willens noch fähig.

Jetzt ist es an der Zeit und richtig, für die Belogenen und Betrogenen in der Türkei „tötet Erdoğan“ zu rufen. Und auch ich rufe „tötet Erdoğan“ – frei nach Christoph Schlingensief, der einst in Kassel „tötet Helmut Kohl“ in den öffentlichen Kunstraum trötete, und noch einmal: „tötet Erdoğan“, um ihn davor zu bewahren.

Wer meint, wie Jan Böhmermann eingreifen zu können, der begreift nichts und vergreift sich nicht nur im Ton, der greift auch in die Mottenkiste der Komik.

Zurück von der Frage Comedian oder Kritik zur Antwort, die Berlin Ankara geben muss. Berlin und Brüssel müssen der willfährige Unterstützung des demokratie- und menschenrechtsfeindlichen Regimes in Ankara eine Ende bereiten. Kein Geld und keine Waffen aus Deutschland und aus der Europäischen Union für die Türkei. Keinen Cent statt jährlich hunderte Millionen Euro aus Berlin. Keinen Cent statt jährlich 630 Millionen Euro als EU-Vorbeitrittshilfe aus Brüssel. Im Gegenteilt: Raus aus der Türkei! Merkel muss deutsche Soldaten sofort aus der Türkei, wo Krieg wie in Syrien und im Irak gegen Kurden und Kommunisten führt wird, abziehen. Die deutsche Regierung darf der geplanten Erweiterung der Zollunion mit der Türkei auf dem EU-Gipfel im Dezember auf keinen Fall zustimmen. Brüssel und Berlin müssen jeden Türkei-Deal kündigen.

Wehret den Anfängen! Kein Fußbreit den Faschisten in der Türkei!

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