Sternstunde für Kunstliebhaber: Das weitberühmte Dresdner Albertinum wird am Sonntag wiedereröffnet / Flutsicheres Depot als Weltneuheit

Das prächtige Albertinum an der Brühlschen Terrasse in Dresden.

Der an der Brühlschen Terrasse, dem herrlichen „Balkon Europas“, gelegene gewaltige Bau im Stil der Hochrenaissance ist nun noch bequemer auch von den vielen Besuchern der Frauenkirche zu erreichen. Am nahen Georg-Treu-Platz wurde ein zusätzlicher Eingang mit einem einladenden Foyer geschaffen. Auch der Zugang von der Brühlschen Terrasse aus hat sich verbessert. Die Wiedereröffnung des Albertinums gilt als glanzvoller Höhepunkt im Jubiläumsjahr „450 Jahre Staatliche Kunstsammlungen Dresden“.

Das Albertinum geht auf das zwischen 1559 und 1563 errichtetete Zeughaus zurück, das im 19. Jahrhundert zum Kunsttempel umgebaut wurde und zu Ehren des kunstsinnigen sächsischen Königs Albert den Namen erhielt. Zunächst war darin allein die von Georg Treu (1843-1921) stetig erweiterte, weltweit einzigartige Skulpturensammlung untergebracht. Der schwere Bombenangriff auf Dresden 1945 beschädigte das Albertinum weniger als andere Museumsbauten der Stadt. Als in 1950er Jahren die von der Roten Armee beschlagnahmten Werke an die Elbe zurückkamen, wurde das Albertinum zum Sammelpunkt für verschiedenerlei Kunstschätze. Nach der Rekonstruktion des Obergeschosses (1961-1965) kam die Galerie Neue Meister hinzu. In Ostdeutschland bezog das Albertinum seine besondere Anziehungskraft nicht zuletzt auch als Veranstaltungsort der regelmäßig stattfindenden, mehr oder weniger staatlich inspirierten zentralen „Kunstausstellungen der DDR“. Sie waren zwar grundsätzlich von den Maßgaben des sozialistischen Realismus geprägt, zeigten gleichwohl, vor allem zum Schluß hin, auch gesellschaftskritische, damals umstrittene Werke.

Während der Jahrhundert-Elbeflut im August 2002 mußte das wertvolle Kulturgut aus den unterirdischen Depots in einer atemberaubenden Rettungsaktion evakuiert werden. Um eine solche Situation künftig zu vermeiden, wurde im Rahmen der jetzigen Gebäudesanierung ein spektakuläre Lösung gefunden. Das Berliner Büro Staab Architekten schuf einen 72 Meter langen zweigeschossigen Werkstatt- und Depotkomplex über dem 17 Meter hohen Innenhof des neuen Albertinums. Diese hochwassergeschützte 2.700 Tonnen schwere Stahlkonstruktion, die für den Besucher nahezu unsichtbar bleibt, ist einmalig in der Welt und gilt schon jetzt als architektonisches Meisterwerk. Der kühne Brückenbau – gleichsam eine „Arche für die Kunst – kommt auch den Besuchern zugute. Denn da das flutsichere Depot den Innenhof überspannt, bekam dieser zugleich ein Dach, das an den Seiten sogar Tageslicht hereinläßt. Somit gewann das Albertinum ein lichtes, vielseitig nutzbares, zentrales Foyer mit Kassen, Servicepunkten und Café.

Doch welche Kunstgenüsse erwartet die Gäste des neuen Albertinums? Der traditionsreiche, behutsam modernisierte und spürbar erweiterte Musentempel beherbergt nun zwei großartige Dresdner Museen unter einem Dach: die Galerie Neue Meister sowie die Skulpturensammlung und präsentiert so ab kommenden Sonntag überaus sehenswerte deutsche und internationale Kunst von der Romantik bis zur Gegenwart. Erstmals werden die Bestände beider Museen mit Malerei von Caspar David Friedrich bis Gerhard Richter sowie Skulptur von Rodin bis ins 21. Jahrhundert in einem Rundgang zu erleben sein. Das Neuartige: Die beiden Sammlungen stehen nicht immer separat nebeneinander, sondern setzen an den verschiedensten Stellen auf Bezüge zwischen den Kunstformen. Besonders schön wird das z. B. im Klingersaal deutlich, wo die Kunst des Fin de Siècle in der Zusammenschau von Skulpturen und Malerei sinnlich erfahrbar wird. Da treten unter anderem Max Klingers Plastik „Die Neue Salome“ und Franz von Stucks „Das verlorene Bild“ in einen „sündigen“ Kunstdialog.

Die hochkarätige Dresdner Skulpturensammlung selbst kann im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss des Albertinums bewundert werden. Herzstück ist neben dem gläsernen Schaudepot mit der grandiosen Antikensammlung die ebenfalls parterre gelegene neue Skulpturenhalle, in der sich 125 Meisterwerke auf 1.200 Quadratmetern verteilen. Sie laden den Besucher zu einer Zeitreise durch die Geschichte der modernen Skulptur ein: von 1880 bis heute. Glanzlichter bilden Auguste Rodins berühmter „Denker“ und Edgar Degas „Vierzehnjährige Tänzerin“. Die Kunst der DDR ist mit Werken von Wieland Förster, Walter Arnold und Herman Glöckner vertreten. Zu sehen sind auch Schöpfungen von modernen Künstlern, wie Per Kirkeby, Barbara Hepworth, oder Henry Moore. Neu sind auch die experimentellen Werke „Seelenfänger“ von Birgit Diekers und „Sirenlow“ von Stephan von Huenes.

Im 2. Obergeschoss präsentiert die Galerie Neue Meister in einer neuen Dauerausstellung rund 300 Meisterwerke der Kunst von der Romantik bis zur Gegenwart. Da findet man die bekannten Gemälde „Das Große Gehege bei Dresden“ und „Zwei Männer in Betrachtung des Mondes“ von Caspar David Friedrich genauso wie Werke weiterer Dresdner Romantiker von Carl Gustav Carus bis Ludwig Richter. Auch Gemälde deutscher und französischer Impressionisten wie Claude Monet, Edgar Degas und Max Liebermann werden gezeigt. Neben in Dresden entstandenen Hauptwerken der Klassischen Moderne – von Paula Modersohn-Becker, Otto Dix, Oskar Kokoschka und anderen – und der Malerei aus den Zeiten des geteilten Deutschlands widmet sich die neue Schau in besonderer Weise den sächsischen Wurzeln der international renommierten Künstler A.R. Penck, Georg Baselitz und Gerhard Richter, der gleich zwei Säle mit eigenen Werken gestaltete. Dazu gehören das monumentale Bild „Fels“ und 42 ganz neue Hinterglasbilder. Auch der gegenwärtig so erfolgreiche Leipziger Maler Neo Rauch ist mit mehreren Arbeiten präsent.

Mit der Eröffnung des neuen Albertinums beginnt zugleich die erste, bis 29. Mai 2011 laufende Sonderausstellung „Das versprochene Land“. Sie erinnert an die Flutkatastrophe 2002 und ist als Dank an die mehr als 40 Künstler gedacht, die auf Initiative Gerhard Richters ihre Werke für eine Kunstauktion zugunsten des Albertinums mit einem Erlös von 3, 4 Millionen Euro gespendet hatten.

Das neue Albertinum ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet (inklusive Audioguide) 8 Euro, ermäßigt 6 Euro pro Kopf. Gruppen ab 10 Personen zahlen 7 Euro p. P. Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren haben freien Eintritt.

Infos:

Staatliche Kunstsammlungen Dresden / Information und Anmeldung von Führungen, Tel. 0351 / 49142000; Fax 0351 / 49142001; Email: besucherservice@skd.museum; www.skd.museum

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