Steigt Maria mit mir in die Kiste? – ein brüllend komischer Erfahrungsbericht aus dem weiblichen Leben

Das Buch ist das Komprimat einer Bloggerin-Karriere. Aus der unbekannten Provinzlerin wurde eine berühmte Texterin mit dem meistangeklickten Blog Italiens. 1981 in Foggia geboren, entfloh Pulsatilla dem Grauen dieser schon Flucht klingenden Kleinstadt (ital.: Fuggi di Foggia = fliehe aus Foggia) nach Mailand, heute lebt sie in Rom. Pulsatilla bedeutet "Kuhschelle“, so heißt ein Kraut, das der Verfasserin gegen ihre Boshaftigkeit empfohlen wurde, ohne bemerkenswerten Erfolg: Tagebuchartig schildert sie die Nöte ihrer Generation, und vor allem der weiblichen. Von der ersten Puppe (Pulsatillas Puppe, konnte „geboren“ werden und hörte auf den klingen Namen Magic Nursery) bis zu Schwanzvergleichen (Pulsatilla nennt u.a. untersetzte, kleine, lange, bunte und einfahrbare Schwänze) finden wir alles, was das Frauen-Herz im Leben bewegt, aber so frech und aufmüpfig interpretiert, dass frau die Lachmuskeln schmerzhaft spürt. Kein Thema wird ausgelassen, vom Drama der Menstruation zum Schminken, Unterhosenkaufen und über den Umgang mit Fußball-Kranken erfährt Frau nützlich bis sarkastisches. Sehr hilfreich ist auch ihr Tipp zum Umgang mit dem I-Ging, wer hat nicht schon in abendlicher Freundinnen-Runde das (Jahrtausende) alte chinesische Orakel zu ganz aktuellen und lebenswichtigen Entscheidungen befragt? Pulsatilla:

”¦“Seit Langem hege ich die Idee, die Worte des I-Ging den Massen zugänglich zu machen, indem ich eine Bedienungsanleitung für Teenager, Skeptiker und Quasianalphabeten schreibe. Da das den vorgegebenen Rahmen sprengen würde, beschränke ich mich an dieser Stelle darauf, euch auf drei grundlegende Tricks hinzuweisen, mit denen ihr das I-Ging zwingen könnt, auf den Punkt zu kommen.

  1. Formuliert die Frage in der Wortwahl des schnurrbärtigen Meisters. Anstatt beispielsweise zu fragen: „Steigt Maria mit mir in die Kiste?“ solltet ihr lieber fragen: „Ist der Moment günstig, bei Maria um ein Stelldichein zu bitten?“ Das Buch wird dir sagen: „Günstig ist Beharrlichkeit“ oder „Große Gesundheit!“ oder „Unglück!“, jede beliebige Antwort wird verständlicher sein, wenn ihr die Frage im Stil des neunzehnten Jahrhunderts formuliert”¦

  2. Stellt niemals dieselbe Frage zweimal, sonst empört sich das Buch und antwortet falsch, indem es euch auf Hexagramm 4 verweist („Die Jugendtorheit“), womit es euch praktisch zum Arschloch abstempelt”¦“

Ja klar, ich lasse Punkt 3 hier weg, irgendwas sollten Sie ja nun auch noch selbst tun. Und zwar sofort dieses Büchlein erwerben, an einem langen Frühlingsnachmittag verschlingen und der besten Freundin weiterreichen!

Die junge Dame mit dem gnadenlosen Blick auf die Unzulänglichkeiten des Lebens werden wir uns merken müssen, es ist vor allem der einfallsreichen Übersetzung von Esther Hansen zu verdanken, dass der italienische Bestseller auch hierzulande viele Freundinnen finden wird. Der Zusatz „Roman“ ist übrigens eine kleine Übertreibung, die dem Verlag verziehen sei, diese vage biografisch motivierte Aneinanderreihung exzellenter Bonmots sollte jedoch in Journalistik-Lehrpläne für kurzweiliges Schreiben aufgenommen werden.

Nebenbei bemerkt berichtet ein Web-Lexikon folgende Tatsache: „In der Homöopathie ist Pulsatilla ein wichtiges Mittel für Frauen. Alle Frauenbeschwerden werden von Pulsatilla gelindert, zudem kann man es auch gut bei Erkältungen einsetzen.“

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Pulsatilla, Die Ballade der Trockenpflaumen, Roman, Aus dem Italienischen von Esther Hansen, 215 Seiten, Graf Verlag, München, März 2011, 14,99 €

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