„Smoke on the Water“ und weihevolle Verehrung für die Legenden – Deep Purple – Rock-Urgesteine auf Abschiedstour in Berlin

Deep Purple © earMUSIC credit Jim Rakete

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Und wieder stieg der Rauch über dem Wasser auf – „Smoke on the Water“, vielleicht die Rock-Hymne, mit der sich die 1968 gegründete englische Hardrock-Band ein musikalisches Denk- und Wiedererkennungsmerkmal gesetzt hatte. Tausende Male haben die nimmermüden Rockbarden in ihrer fast 50-jährigen Bühnenpräsenz und nach 20 erfolgreichen Studioalben diesen einfachen und vielleicht deshalb so eingängigen Song vorgetragen. Für die unzähligen Fans auf der ganzen Welt wäre es gleichsam undenkbar wie unverzeihlich, wenn er in der Playlist eines Konzerts fehlen würde. Trotz etlicher Cover-Versionen bleibt das Original die erste Wahl. Bassist Roger Glover (71) sagt: „Die Leute sind immer so glücklich, wenn sie den Song hören. Während wir älter werden, wird das Publikum jünger – sogar Zehnjährige sind dabei.“

In der Berliner Mercedes Benz Arena waren es beim nahezu ausverkauften Gastspiel der offiziellen Abschiedstournee dann aber doch mehrheitlich die ergrauten langhaarigen, zumeist in Leder gekleideten bärtigen und bezopften, mehr oder minder bierbäuchigen Wegbegleiter aus der Gründerzeit, die ihren Idolen huldigten und geduldig auf die großen Hits der frühen Jahre („Fireball“, „Strange Kind of Woman“, „Perfect Strangers“ „Lazy“ und und und) warteten und bis dahin artig und demütig auch einige Songs des neuesten Deep Purple-Albums „InFinite“ in sich aufnahmen, auch wenn bei diesen zumeist der Nachhaltigkeits- und Wiedererkennungswert zu bezweifeln ist. Unverkennbar dennoch immer der ganz spezielle Deep Purple-Sound – laut, melodiös, kraftvoll, geprägt von markanten Gitarrenriffs, gepaart mit dem typischen Klang der Hammond-Orgel, an der Don Airey seit 2002 ein perfekter „Ersatz“ für den 2012 verstorbenen legendären John Lord geworden ist.

Mit fast 150 Millionen verkauften Alben zählen Deep Purple zweifellos zu den weltweit kommerziell erfolgreichsten Rockbands. Insofern ist es auch durchaus angemessen, dass die „Long Goodbye Tour“ um die ganze Welt führt und nach Aussage der Band bis zu 3 Jahren dauern kann.

Natürlich dienen die zum Teil überstrapazierten ausgedehnten Soli heutzutage nicht nur zur Präsentation der ausgewiesen Virtuosität der Einzelkönner, sondern auch als Erholungsphasen für die jeweils Pausierenden. Für Hardrock live auf der Bühne braucht es Kraft und den nötigen Spaß. Deep Purple haben auch im fortgeschrittenen Rock-Alter beides und nötigen mit ihrer Präsenz so manch junger Band Ehrfurcht und Respekt ab.

Frontmann und Urgestein Ian Gillan (71), längst kurzhaarig grau, sich lässig und leger, langsamer als früher bewegend, verzichtet weitestgehend auf Titel, die früher von seiner hohen Falsett-Stimme getragen waren. Heute interpretiert er sie, wenn nötig, mit ironisch veränderter Variation oder holt sich Hilfe von den Kollegen. Egal, der Beifall seiner Fans ist ihm auch so sicher, so dass Gillan sich gern bei ihnen mit einem „Superb!“ bedankt.

Ja, auch das ist wohl das Geheimnis des Erfolgs von Deep Purple: Dankbarkeit, Authentizität, keine Abgehobenheit und eine – wenn auch bis auf wenige Ausnahmen durchgängig in englisch – freundliche Ansprache ans Publikum, das natürlich mit dem obligatorischen Zugabe-Block belohnt wird. Nach „Hush“, „Highway Star“ und „Black Night“ verlässt die fast 2 Stunden sich nach den wuchtigen und lauten Klängen wiegende, tanzende und biertrinkende Fangemeinde selig-beglückt die Mehrzweck-Arena und akzeptiert ohne Murren, dass ein Stück ihres Lebensfilms wieder einmal zu Ende ist, die Tore sich öffnen und das Licht angeht.

Wenn es überhaupt etwas zu meckern gibt, dann höchstens, dass zu dem unter Schmerz geleisteten Eintrittspreis auch noch 5,50 Euro für jedes Bier und 10 fürs Parkhaus berappt werden mussten. Wie gern hätte man sich dafür ein neues DP-Shirt, einen Schlüsselanhänger oder vielleicht sogar das aktuelle und vielleicht letzte Werk der lebenden Legenden gekauft!
Aber vielleicht kommen sie ja doch noch mal wieder…

Vorheriger ArtikelTrump welcome – G21-Treffen in Hamburg
Nächster ArtikelAlbert Speer geteert und gefedert – Zum Buch „Albert Speer, Eine deutsche Karriere“ von Magnus Brechtken