Skyfall oder Ein Bond wie der Aston Martin DB5: elegant, cool und unwiderstehlich

Der Film beginnt mit einem Tiefschlag für den Britischen Geheimdienst. Eine Mission von Bond scheitert und die vollständige Liste aller NATO Agenten, die Undercover in Terrorvereinigungen arbeiten, gerät in die Hände des mysteriösen Silva. Eine Liste, die offiziell gar nicht existiert. Als Silva beginnt, sie häppchenweise ins Internet zu stellen, bringt er M nicht nur in moralische, sondern vor allem in politische Bedrängnis. Als veraltet und ausgedient an den Pranger gestellt, bleibt M und Bond nur noch wenig Zeit, die Agenten und ultimativ auch ihre Abteilung zu retten.

Der Oscar ® prämierte Regisseur Sam Mendes (American Beauty), ein Neuling im Bond Universum, stellte sich zur Aufgabe nicht nur einen großartigen Bond Film sondern einen großartigen Film zu drehen. Kein leichtes Unterfangen angesichts des übermächtigen Erbes, der herrschenden Skepsis nach dem schwachen Vorgänger Ein Quantum Trost und der Konkurrenz in Form anderer Superhelden. Hinzu kommt, dass Mendes weder ein ausgesprochener Fan von CGI noch von 3D ist.

Die Handlung von Skyfall hat ihren Ursprung in Ms Vergangenheit und eskaliert im Lauf des Films immer mehr bis es schließlich zum finalen Showdown kommt. Die Charaktere müssen sich den Konsequenzen ihrer Entscheidungen stellen, es geht um Verantwortung, das Voranstellen des Allgemeinwohls gegenüber persönlichen Interessen oder gar Gefühlen. Ein Augenmerk liegt auf der besonderen Beziehung zwischen M und Bond. Dennoch ist dies vorrangig ein Actionfilm, der sich Ausflüge in das Seelenleben und die Vergangenheit der Beteiligten erlaubt, aber dort nicht ungebührlich verweilt.

Die Action Sequenzen sind aufregend und schnell, aber vor allem sind sie nie hektisch oder gar verschwommen. Ob über den Dächern Istanbuls oder auf dem Dach eines Zuges – trotz ihrer Überhöhung sind sie stets glaubhaft. Eine Leistung die man der eleganten Regie von Mendes, der ebenso eleganten Kameraarbeit des mehrfach Oscar ® nominierten Roger Deakins (u.a. für Die Verurteilten, Fargo, No Country for Old Men, True Grit)  und dem vollen Einsatz von Daniel Craig verdankt.

Daniel Craig mag für manche den Sexappeal einer weißen Küchenkachel haben, aber in Skyfall verkörpert er glaubwürdig einen Agenten, der mit der Zeit genauso zu kämpfen hat wie mit dem Bösewicht selbst. Er ist ein Urgestein aber noch lange kein Fossil. Craigs Darstellung ist erfreulich subtil und gerade im emotionalsten Moment des Films beeindruckend.

In Silva hat man einen klassischen Bond-Bösewicht der sicherlich Ian Flemings Zustimmung gefunden hätte. Ein Ausländer, genial, gerissen, reich und besessen. Silva ist abstoßend, optisch wie charakterlich, und dennoch kann man sich ihm nicht entziehen. Egal wie schmal der Grat zwischen Lächerlichkeit und Abart oft ist, nie erlaubt sich Javier Bardem einen Fehltritt.

So beeindruckend Craig und Bardem, und so schön Bérénice Marlohe und Naomie Harris sind, so werden sie doch alle von Judy Dench als M in den Schatten gestellt. Nuanciert lässt sie ihren Schmerz, ihre Verzweiflung und Frustration hinter der reservierten Haltung erahnen, während sie gleichzeitig absolute Autorität ausstrahlt. Ralph Fiennes und Albert Finney spielen wie gewohnt souverän und Ben Whishaw erweist sich als absoluter Glücksgriff als Q.

Ein Bond wäre kein Bond ohne spektakuläre Schauplätze. Skyfall ist da keine Ausnahme, ob Shanghai, Istanbul oder Schottland, egal ob einsame Landschaft, Zug oder Casino, immer bieten sie eine atemberaubende Leinwand für Bonds Abenteuer. Zum ersten Mal wird jedoch London in den Fokus gerückt. Ein Schauplatz, der eigentlich als abgenudelt bezeichnet werden darf, wirkt hier erstaunlich unverbraucht und beeindruckend.

Es ist eine erfreuliche Überraschung, dass im Jubiläumsjahr auch der Titelsong den Vergleich mit den Klassikern nicht scheuen muss. Er ist die perfekte musikalische Untermalung des atemberaubend schönen Vorspanns, der allein schon den Eintritt wert ist. Ein Titelsong so perfekt, dass man sich fast wünscht John Barry (” 2011) hätte ihn noch erleben dürfen, und Adele muss in einem Atemzug mit Shirley Bassey (Goldfinger, Diamonds Are Forever, Moonraker) genannt werden.

Es sind nicht nur die obligatorischen Bond Elemente – wie die spektakuläre Action, die exotischen Schauplätze, die schönen Frauen und schnellen Autos, der ambitionierte Bösewicht, die liebevollen Referenzen an die Vorgänger, herausragende Schauspieler und ein überraschend komplexes Drehbuch: der neue Bond ist vor allem ein großartiger Film. Spannend, überlebensgroß, humorvoll, unterhaltsam und von schon fast vergessen geglaubter Eleganz. James Bond ist eben nicht irgendein Agent – er ist 007 und er ist noch lange nicht bereit fürs Altenteil.

SKYFALL (USA, 2012); Verleih: MGM Studios und Sony Pictures; Filmlänge: 143 min; Regisseur: Sam Mendes; Drehbuch: Neal Purvis, Robert Wade, John Logan. Besetzung: Daniel Craig, Judy Dench, Javier Bardem, Naomie Harris, Bérénice Marlohe, Ben Whishaw , Ralph Fiennes, Albert Finney. FSK Freigegeben ab 12 Jahren; Kinostart: 1. November 2012 (Deutschland).

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