SK 648 – Ende einer Dienstfahrt oder Wie aus einem maritimen Traum ein aeroplaner Alptraum wurde

Innenansichten eines Flughafens. Der Terminal 2 des Flughafens Hamburg-Fuhlsbüttel wenn wenig los ist.

Da freut man sich, frühmorgens heil mit dem Mietwagen angekommen zu sein. Pünktlich, was so viel heißt wie zwei Stunden vor dem Abflug. SAS-„Cimber Air“-Flug SK 648 nach Kopenhagen soll um 0.6.50 Uhr losgehen. Naiv die Vorstellung, dass zu dieser nachtschlafenen Zeit am Samstag schon Leute fliegen wollen. Doch, oh Schreck! Vor dem Labyrinth, das die Menschenschlange ordnen soll, drängeln und schieben sich Massen. Einträchtig beeinander Urlaubs- und Linienflieger. Warum diese unheilvolle Mischung? Die einen haben viel, die anderen gar keine Zeit.

Vielfliegerweisheiten

Gott sei Dank, wenigstens das elektronische Einchecken klappt auf Anhieb! Mit der Bordkarte bewaffnet heißt es jetzt „nur noch“ das Gepäck loswerden. Was soll da schon schiefgehen?! Doch die schier endlose Schlange der Charterflug-Touristen, deren Ende sich schon die Treppe abwärts windet, bewegt sich kaum. Nur die Zeiger der Hallenuhr rücken unaufhaltsam und beängstigend vor. Einer der Lufthansa-„Schlangenbändiger“ schaut auf die Bordkarte und beruhigt: „Wenn Sie bis kurz vor halb sieben hier nicht weiterkommen, melden Sie sich bitte bei mir“. Na, also!

Allmählich nimmt die Pulsfrequenz zu, Schweiß rinnt den Rücken herab. Vom Hintermann sind derweil „Vielfliegerweisheiten“ zu hören wie diese: „Wenn erst mal das Gepäck abgegeben ist, sind wir auf der sicheren Seite“.

Es ist kurz vor halb sieben! Noch zwanzig bange Minuten bis zum Abflug! Ein Schalter ist frei. „Das wird aber knapp!“, meint die Lufthansa-Mitarbeiterin zweifelnd und fragt: „Nach Grönland wollen Sie?“ Ihr geistesgegenwärtiger Hinweis auf den Sonderschalter schräg gegenüber könnte die Rettung sein. Endlich, der Koffer rollt über das Band ins Röntengerät! Weg isser, uff! Ob es denn noch zu schaffen sei? „Wenn Sie sich beeilen”¦“

C 14-Entscheidung

Im Laufschritt zum Security-Check. Die Kollegen mögen keine Eile und machen ihren Job nach dem Motto: the same procedure as every day. Da ist man machtlos. Aber: Auch das klappt. Ausgang C 14: links oder rechts? Kurzer Orientierungsstopp und weiter. Ach je, auch noch treppab in den Keller! Am C 14-Counter erwartet mich eine Airline-Dame, sieht mich streng über ihren Brillenrand an und sagt: „Zu spät, junger Mann, hier geht nichts mehr! Ausserdem ist die Maschine sowieso voll“ Das könne wirklich nicht sein, die Maschine steht doch noch da! Außerdem sei man doch eingebucht und sie über den verspäteten Gast informiert worden. Fassungslosigkeit lähmt das Fuhlsbütteler Schlangen-Opfer. Eineinhalb Stunden angestanden – und alles futsch: Reportageauftrag, Eisberg-Fotos, der Bildband, die Mietwagen- und unwiderbringlich verfallenen Flugkosten, Honorare? Abgesehen von den erträumten Erlebnissen, der Freude über diesen außergewöhnlichen Auftrag.

Alptraum-Fazit

Die Gedanken überschlagen sich: Was tun? Die Pressestelle kontaktieren? Die träumen noch in ihren Federn. „Da kann man jetzt gar nichts mehr machen“, höre ich wie durch eine Nebelwand und fühle mich, obwohl hellwach, wie erschlagen. Spannungskopfschmerzen drücken gegen die Schädeldecke. Wie oft sieht man noch nach der offiziellen Zeit Leute in eine Maschine klettern?! Oder beschleunigt abgefertigt werden. Warum sollte das auf diesem kurzen Flug-Hüpfer über die Ostsee nicht auch gehen? Ein letzter flehentlicher Versuch: der Anschlussflug nach Grönland, die journalistischen Aufgaben, das wartende „Traumschiff“. Nichts! Alles vergeblich und nur noch zum Heulen!

Wie viele weitere Stunden man denn vorher da sein müsse? Im Lufthansa-Büro vernehme ich nur den Satz: „Wußten Sie nicht, dass das hier öfter so abläuft, lange anstehen und dann Neese?“ Über jedem Schalter steht das vielstrapazierte Wörtchen „Service“ – nur nichts dahinter. Das sollte man sich merken!

Irgendwann kommt der rote Koffer mit dem Arktis-Gepäck wieder zum Vorschein.

Die sommerliche Morgensonne auf der Autobahn Richtung Heimat blendet. Kolonnen von Wohnmobilen strömen an die Ostsee. Ist doch auch schön da, suggeriert man sich halb verzweifelt und verärgert.

Ernst gemeintes Fazit: möglichst nie wieder von Hamburg-Fuhlsbüttel oder mit den „freundlichen Skandinaviern“ von „Cimber-Air-SAS“ fliegen. Da strandet man garantiert an der Elbe!

Vorheriger ArtikelBremen hat einen Koffer in Berlin – Serie: Vor dem Pokalhit in der neuen Alten Försterei zwischen Union Berlin und Werder Bremen (Teil 1/2)
Nächster ArtikelHeute wird es heiß bei den Eisernen – Serie: Vor dem Pokalhit in der neuen Alten Försterei zwischen Union Berlin und Werder Bremen (Teil 2/2)