Signale verheißen eine Aufholjagd – Zwei gelungene Debüts bringen Zuversicht ins Eisbären-Lager

Wurde mitunter allein gelassen: Eisbären-Torhüter Rob Zepp. © Foto: Bernd König
Diese und ähnliche Aktionen sind fester Bestandteil in der Außendarstellung des Deutschen Eishockey-Meisters. Denn Management und Mannschaft wissen die Unterstützung ihres Anhangs zu schätzen. Der gilt als der größte und treueste zwischen Landshut und Rostock.

So waren ein paar hundert Berliner zum Auswärtsspiel kürzlich nach Wolfsburg gereist. Und mussten die mit 0:8 höchste Niederlage seit fast zwei Jahrzehnten erleben. Reagierten jedoch nicht mit Pfiffen oder Häme, sondern versuchten bis zum bitteren Ende ihrer Mannschaft beizustehen…

Als kleinen Dank spendierte das Team um den Ur-Berliner Kapitän Andre Rankel einen sonntäglichen Grillnachmittag.

Der hautnahe Kontakt zwischen den Akteuren und ihren Anhängern, deren Vertrauen in das aktuelle Aufgebot, waren ein Mosaiksteinchen dafür, dass der Titelverteidiger die folgenden Heimbegegnungen 4:2 über Mannheim und 6:1 über Nürnberg überzeugend wie bislang kaum in dieser Saison gestaltete.

Doch nach dem 21. Spieltag und dem 5:2-Heimerfolg über den EHC Red Bull München rangiert der Hauptstadt-EHC noch immer auf Platz acht. Elf Zähler hinter dem Vierten (Nürnberg) und sechs hinter dem Sechsten (Wolfsburg). Jene Ränge wären hilfreich, weil man so die Pre-Play-offfs mit den Aufgeboten zwischen Rang sieben und zehn sparen würde. Und in der ersten Play-off-Runde einen Heimvorteil mehr hätte.

Auch wenn die Eisbären eine Partie in Rückstand sind – eine Menge Holz ist auf dem Weg zu den erwähnten Positionen noch wegzuräumen.

Nach etwa 20 Auftritten hätte man erste Klarheit über die Konstellationen im aktuellen Spieljahr, hatte Eisbären-Chefcoach Jeff Tomlinson zu Beginn verkündet.

Nun liegt knapp die Hälfte der 52-er Hauptrunde hinter den 14 DEL-Klubs. Und vorn tummeln sich neben den Titelanwärtern Köln und Mannheim noch Krefeld und Nürnberg. Allesamt bis dato konstanter und stabiler als die Berliner.

„Der Sieg war wichtig und die drei Punkte ebenfalls“, konstatierte Berlins Chef Tomlinson nach dem Match am Freitag gegen die ambitionierten Münchner. „Aber noch wertvoller war die Rückkehr von Constantin Braun.“
Der 25-jährige Nationalmannschafts-Verteidiger und MVP der zurückliegenden Play-offs hatte seit April kein Spiel mehr bestritten, erst seinen WM-Einsatz abgesagt und sich im August wegen einer depressiven Erkrankung in Behandlung begeben.

Brauns Rückkehr war für die Hauptstadt-Medien die Eishockey-Story der zurückliegenden Tage. Eisbären-Manager Peter John Lee war vor dem Spiel extra zu den Klinik-Ärzten nach Baden-Württemberg gereist und hatte mit deren Einverständnis „grünes Licht“ für den Wettkampf-Einsatz erteilt.

Fraglos eine mutige und riskante Entscheidung. Aber glücklicherweise ist alles gut verlaufen. Die Fans begrüßten ihn mit einem Spruchband und besonders aufmunterndem Beifall. Da reagierte Braun noch zurückhaltend. Nach geglückter sportlicher Vorstellung – trotz ungewohnter Position in der ersten Sturmreihe mit Darin Olver und Barry Tallackson anstelle des verletzten Stürmerkollegen Florian Busch – aber winkte er wie alle Kollegen dankbar auf der Mini-Ehrenrunde zum Fan-Stehkonvent!
Es sei „ein erster Schritt zurück“ gewesen, bilanzierte Tomlinson und meinte: „Er wird noch weitere bewältigen müssen. Und wir werden ihm dabei behilflich sein.“ Denn das Agieren auf einer Bühne mit 11 800 Zuschauern in der O2-Arena sei „ein Teil einer therapeutischen Maßnahme“ gewesen. Er bleibe weiter in ärztlicher Behandlung.

Am Kabinenausgang dann der Hinweis an die Medienvertreter: „Bitte keine Fragen zur Erkrankung“. Und Braun, auf dem Kopf mit einem Hütchen als Zeichen der mannschaftsinternen Auszeichnung als quasi bester Spieler, erklärte kurz und knapp, er sei unglaublich glücklich über die erfolgreiche Rückkehr: „Das waren Gänsehaut-Momente für mich, unbeschreiblich.“

Braun wieder auf dem Eis und das gelungene Debüt des Kanadiers Mark Bell im Berliner Dress – zwei Beobachtungen, die Hoffnungen auf eine saisonale Aufholjagd bei den Fans weckten. Der 33-jährige Stürmer, nach mehr als 400 Partien für vier Klubs in der nordamerikanischen NHL und dem Wechsel nach Iserlohn als Verstärkung an die Spree geholt, zeigte auf Anhieb seine Routine, Übersicht und Torgefährlichkeit mit seinem Treffer zum 5:2 gegen Nürnberg. „Er soll uns unberechenbarer in der Offensive machen und wird unseren Kader in der Tiefe erweitern“, so Lee, der Manager für den sportlichen Bereich.

Das könnte sich bereits morgen erweisen, wenn die Berliner am Dienstagabend das Nachholspiel beim souveränen Spitzenreiter Kölner Haie bestreiten. Der Gastgeber hatte in Berlin beim 3:1 seine Titelambitionen nachhaltig untermauert. Doch die Berliner schafften nach dem 3:5 in München nun beim 5:2 eine Trendumkehr. Dies wäre – mit den beiden Debütanten Braun und Bell und den zuletzt geschonten Rankel und Busch – auch am Rhein nicht auszuschließen.

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