Sieben Mal Film im Hochhaus, im Zoo oder mit und ohne Auto auf dem Flughafen Frankfurt – Die 15. Frankfurter Kinowoche des Deutschen Filmmuseums läuft vom 19. bis 26. Juli 2009

Die Nitribitt auf der Leinwand mitten in Frankfurt am Main.

Es beginnt diese 15. Frankfurter Kinowoche, die also vor 14 Jahren anläßlich des hundertjährigen Jubiläums des Kino vom Deutschen Filmmuseum erfunden wurde – und Gott sei dank auch inzwischen woanders nachgeahmt wird – am Sonntag, den 19.7. um 22 Uhr, wenn es dunkel ist, auf dem Flughafen Frankfurt, Terminal 2, Foodplaza. Tatsächlich kommt es bei den rund 135 000 täglichen Passagieren auf diese paar Kinobesucher auch nicht mehr an. Auf dem Platz wird ein Kino eingerichtet und der Veranstalter schwärmt: „Mit direktem Blick auf die startenden und landenden Maschinen kann man hier im Thriller FLIGHTPLAN von 2005 in deutscher Fassung Jodie Fosters verzweifelte Suche nach ihrer Tochter, die während eines Linienfluges plötzlich verschwindet, hautnah miterleben. Doch wie kann ein Kind in einem fliegenden Jumbo verloren gehen? Auf einmal ist nichts mehr wie es scheint.“ Man kann übrigens – natürlich nur mit Kinokarte – im dortigen Restaurant „Himmel und Erde“ ab 18 Uhr verbilligt ein cineastisches Magenerlebnis feiern: das Kinomenü.

Tags drauf um 20 Uhr wird Hitchcocks Schocker „The Birds“ von 1962/63in der Originalfassung gegeben. Wo? Natürlich in den Vogelhallen des Zoo Frankfurt. Schon bei der ersten Kinowoche war der Zoo als Spielort im Exotarium dabei, aber diesmal sind es die von Bernhard Grzimek geschaffenen, mit die ältesten Freiflughallen Deutschlands, in denen die Vögel auf der Leinwand ihr Unwesen treiben. Das treibt einem schon in Gedanken den Schweiß auf die Stirn. Zwar bleiben die Frankfurter Vögel, von den Zuschauern getrennt, in ihren Gehegen, aber was passiert mit den zuschauenden Vögeln, das fragt man sich? Wie wirken der Film, die Schreie und Bewegungen der Vögel im Film auf die echten Federtiere? Neben der Spannung, die auch die zehnte Wiederholung aushält, wenn die einst ordentlich frisierte Tippi Hedren nun in den gefiederten Freunden die lebensbedrohenden Bestien erkennt, kommt nun also auch noch die echte Vögelbeobachtung hinzu. Schweißtreibend.

Am 21. Juli um 21.30 Uhr geht es hoch hinaus. Und das muß man sicher sofort buchen und den Personalausweis dabei haben, will man eine Chance haben im Messe Turm in der 36. Etage HUDSUCKER – DER GROSSE SPRUNG in der deutschen Fassung mitzuerleben. Das ist zwar auf halber Höhe des 63 Stockwerke hohen Gebäudes direkt neben der Frankfurter Messe, aber es wird einem schon schwindelig werden, wenn sich mitten im Film der Direktor von Hudsucker Industries durch das geschlossene Fenster des Firmenhochhauses stürzt. Der 265,5 Meter hohe Turm symbolisiert in gewissem Sinn die Stadt Frankfurt als Stadt der Hochhäuser. Toppen könnte man das nur noch damit, daß man wie bei der Fußballweltmeisterschaft die Filme direkt auf den Hochhäusern abspielen ließe. Aber da wären die Tonprobleme immens. Hier aber sitzen Sie gemütlich im Warmen, haben vor sich die Skyline von Frankfurt und erfahren im Film der Brüder Coen aus dem Jahre 1994, wie Paul Newman mit der Situation umgeht, wenn der Firmenvorstand sich halbkriminelle Praktiken erlaubt, was in den Zeiten der Krise ja nichts Ungewöhnliches mehr ist, was aber immer schon eine Persiflage wert war, wie es der GROSSE SPRUNG zeigt.

Mittwochs ist Pause. Am Donnerstag, 23. 7. dann um 22 Uhr auf dem Lohrberg als Open-Air Antonionis BLOW UP von 1966/67als Original mit deutschen Untertiteln. Früher, da war der Lohrberg Frankfurts Hausberg, wo man am Wochenende hinpilgerte, grillte und viele ihre Kleingärten hatten. Heute dagegen sind die Streuobstwiesen und die Weinberge schon fast ein Geheimtipp. Mitten im Grünen kann man also die Geschichte des Fotografen Thomas im Grünen verfolgen und sich fragen, wo hört Wahrheit auf, Fiktion an oder gibt es gar keine Wahrheit und nur Fiktion. Oder war es ein echter Mord in den Parkanlagen Londons, der nun auf dem harmlosen Lohrberg nachvollzogen wird. Auch dort wird wie überall Speis und Trank angeboten, aber klar ist, daß allein der Begriff „Streuobstwiesen“ den frisch gekelterten Süßen und den Frankfurter Spezialtrunk Äppelwoi miteinschließt.

Am Freitag geht’s wieder hinaus Richtung Flughafen, wo ein merkwürdigerweise auch heute noch „Gateway Gardens“ genanntes Areal eine neue Bestimmung erfährt durch AMERICAN GRAFFITI, einem Film von George Lucas aus dem Jahr 1973 in der deutschen Fassung. Dieses Gebiet war das Zuhause der hier stationierten US-Soldaten, heute wird es zu einem modischen Stadtteil umgemodelt: Geschäft und Kaufen, Kaufen und Geschäft. Für diesen Abend und nur für diesen wird dort ein Autokino eingerichtet, wo um 22 Uhr die Vorstellung beginnt. Sie müssen also, so Sie kein Auto besitzen, einen Autobesitzer ansprechen, Sie mitzunehmen. Denn auch im Film ist das Auto unverzichtbar und hält einer mit dem autoaufbrechenden amerikanischen Jugend der Sechziger den Spiegel vor.

Am Samstag, 25.7. lernt man etwas Ungewöhnliches kennen: Frankfurter Industriearchitektur um die Jahrhundertwende. In dieser 1908 erbauten Mayfarth Fabrik in Fechenheim, einem östlichen Industriestadtteil, wird als original mit Untertiteln Sergej Eisensteins STREIK aus den Jahren 1924/25 gezeigt. Ein Stummfilm natürlich. „Sergej Eisensteins Erstlingswerk zeigt den Kampf von Fabrikarbeitern im Rußland der Zarenzeit. Rhythmische Montage und faszinierende Bilder unterstreichen die eindeutige politische Botschaft des Stummfilmklassikers. Durch die Live-Vertonung von Springintgut aus Hamburg, eine elektronische Klang-Collage von Vinyl, Grammophon, Stahl-Perkussion und Cello, tauchen die Zuschauer direkt in das Arbeitermilieu des vorrevolutionären Russlands ein.“ Das Gebäude hat selbst eine wechselvolle Geschichte. Ursprünglich war es die Produktionsstätte für Landmaschinen, nach dem Krieg dann die Bundesdruckerei für 50 DM Scheine, und dann nur noch Lagerstätte für den deutschen Zoll. Daraus nun könnte man auch einen Film machen, wenn sich die beschlagnahmten Gegenstände in so einer Fabrik zusammenschließen und den Ausbruch planen.

Und in der entgegengesetzten Richtung findet am Sonntag, 26. 7. ab 21. 15 Uhr in der Reithalle Schwanenhof die abschließende Vorführung von MURDER AT THE GALOPP: DER WACHSBLUMENSTRAUSS als Originalfilm aus dem Jahr 1963 statt. Da geht es um Margaret Rutherford als Miss Marple. Aber zuerst einmal geht es um die Vorführung der Reitschule, die ihre klassisch barocken Künste auf Lusitanos vorführen. Ab 22 Uhr dann die Reiterei im Kino, wo Miss Marple mit Unterstützung des Bibliothekars Stringer den Mord aufklärt und den Mörder überführt. Schwanheim ist ein ländlicher Vorort im Westen, der eigentlich ein Geheimtip ist, denn als Idylle inmitten von Feldern und Wiesen und am Main dazu, ist man in ein paar Minuten in der Innenstadt.

Diese Kinowoche wird von vielen Partnern, eben auch denen, wo die Veranstaltungen stattfinden, unterstützt. Lesen Sie nach und vor allem, buchen Sie schnell

http://www.deutschesfilmmuseum.de/kinowoche

Vorheriger ArtikelWandern in der herbstlichen Farbenpracht der Kärntner Nockberge – Pressemitteilung von Erleben durch Reisen GBR vom 22.06.2009
Nächster ArtikelDie Krise zeigt: Die Wirtschaftskompetenz ist bei den Linken! Vom Bundestagswahlparteitag der Partei DIE LINKE in Berlin