Sean McAllister eröffnet die Reihe Panorama Dokumente der 62. Berlinale – Dokumente bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin – Die Berlinale geht in diesem Jahr vom 9. bis zum 19. Februar

Sicher ist, daß der Eröffnungsfilm des Doku-Sektors den englischen Originaltitel "The Reluctant Revolutionary" trägt. Damit eröffnet der Brite Sean McAllister diese bei der diesjährigen Berlinale. In seiner Doku geht es um einen jemenitischen Touristenführer, der schrittweise seine professionelle Distanz gegenüber dem politischen Frühling im eigenen Land aufgibt und durch seinen Gast, einem der letzten Touristen in dieser unruhigen Zeit, seine Politisierung erfährt. "The Reluctant Revolutionary" wird am 10. Februar im Cinestar 7 gezeigt.

Die Schwerpunkte der Berlinale-Filmreihe Panorama Dokumente werden unter den Begriffen Arabischer Raum und Nahost, G8 (nicht mehr, nicht weniger) und die Antiglobalisierung (hört, hört), das Queere Gedächtnis und Deutschland subsumiert. Wir folgen (warum auch nicht) dieser Ordnung und präsentieren nachstehend aus der Pressemitteilung vom 18.01.2012:

Arabischer Raum und Nahost

Der Eröffnungsfilm öffnet den Blick auf eine Reihe von Filmen über den arabischen Raum und Nahost; etwa auf die Spielfilme Wilaya der bei den zur Unbeweglichkeit gezwungenen Nomaden in West-Sahara spielt oder Sharqiya, in dem israelische Beduinen ihre angestammten Wanderräume verlieren und in feste Neubaudörfer verbannt werden sollen. Drei in Kairo angesiedelte Dokumentationen geben anspruchsvolle Einblicke in das Geschehen um den "arabischen Frühling“. In Words of Witness befragt eine 22jährige Journalistin die Menschen auf der Strasse zur Parlamentswahl und zur Demokratie und gibt damit das Bild einer gut informierten Öffentlichkeit, deren Ziele häufig klar formuliert zu Forderungen werden an die neue Zeit. In In the Shadow of a Man legen Frauen eloquent ihre Sicht der Ereignisse dar und geben auch einen wichtigen Einblick in die viele Jahre dauernde Zeit der Vorrevolution, ohne die der heutige Aufstand nicht verstehbar ist: es geht damals wie heute um gleiche Verteilung von Macht – was niemals erreicht werden kann ohne Geschlechteremanzipation: Schlagzeilen der Erkenntnis lauten „My Silence makes me lose my Rights“, „Divorce is Freedom“ oder „My Patience has reached its End“. Der ganz anders gelagerte La vierge, les Coptes et Moi erzählt die Ereignisse, die einer Marienerscheinung im koptischen Dorf folgen, deren Beweis auf einer VHS-Kassette nicht ganz überzeugend festgehalten werden konnte: auch hier zeigt sich die Stärke der Frauen, ob in der neuen französischen Heimat oder im Herkunftsdorf in Ägypten selbst.

G8 und die Antiglobalisierung

Die traumatischen Nachwirkungen der brutalen Ereignisse um den G8-Gipfel in Genua 2001, bei denen ein Mensch ums Leben kam und hunderte Globalisierungsgegner teils schwer verletzt wurden, sind in Europa noch nicht verheilt. Der Spielfilm Diaz – Don’t Clean Up This Blood des Italieners Daniele Vicari ist eine aus verschiedenen Perspektiven erzählte Annäherung an die Ereignisse, bei denen eine aus allen legalen Rudern gelaufene Staatsmacht das hässliche Gesicht des neuen Europa zur eindringlichen Warnung an die Gegenwart erlebbar macht. Die Dokumentation zum selben Thema The Summit zeigt sowohl Hintergründe und das Netz von Lügen um die Tötung des Demonstranten Carlo Giuliani als auch die Einbindung neofaschistischer Provokateure zur Eskalation von Gewalt und gibt Einblicke in die Genese brutalen Staatsverhaltens im Hinblick auf vorhergegangene Demonstrationen von Brokdorf über Neapel und Göteborg bis nach Seattle.

Das „Queere Gedächtnis”

zeigt sich in Filmen aus den USA, Uganda, Indonesien und Deutschland. Im Portraitfilm Vito wird die politische Zeit der 80er Jahre lebendig. 1983 hielt der US-amerikanische Filmhistoriker Vito Russo seine berühmte Lecture „The Celluloid Closet“ im Panorama, damals „Info-Schau“. Auf dem daraus entstandenen Buch, dem Standardwerk queerer Filmgeschichte, basierte der gleichnamige Film von Rob Epstein und Jeffrey Friedman, der 1996 den TEDDY Award gewann.

Audre Lorde – The Berlin Years 1984 to 1992 beleuchtet die Berliner Jahre der „lesbischen, feministischen, schwarzen Dichterin, Mutter, Kämpferin“, in denen sie die Bewegung der Afrodeutschen anstieß und Mentorin für eine ganze Generation junger Studentinnen wurde. Anak-Anak Srikandi ist ein Kollektivfilm von acht jungen Frauen und beschreibt was es heißt, im islamischen Indonesien als queere Frau zu leben. Dem brutalen Mord und seiner politischen, christlich-religiösen und medialen Vorbereitung an dem ugandischen Schwulenaktivisten David Kato 2009 geht Call Me Kuchu nach. Die deutschen Schwulenbewegungen in Ost und West schließlich beleuchten zwei Filme: Unter Männern – Schwul in der DDR und Detlef. Rosa von Praunheim erzählt aus dem Leben und von der Arbeit eines der größten deutschen Comic-Autoren, Ralf König, in König des Comics.

Deutschland

Mit weiteren renommierten Namen wie Andreas Dresen, Romuald Karmakar, Brigitte Kramer und Uli M Schueppel zeigt die deutsche Produktion im Panorama 2012 die Stärke auf der dokumentarischen Seite.

Das Panorama Hauptprogramm 2012 eröffnet am 9.2. im CinemaxX mit einer Neuentdeckung aus Österreich, Kuma, von Umut Dag.

Mit Materiale von dapd, Internationale Filmfestspiele Berlin

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