Rinder im Ring und auf dem Teller ein Stück davon – Zur Versteigerungshalle und zu Rudi Spieß

© WELTEXPRESS, Foto: Stefan Pribnow

Rinder und Radler aus der Region

In der Versteigerungshalle von Hopfenweiler bei Bad Waldsee treffen sich seit 1986 Bauern und Besseresser, denn erst werden Kühe gehandelt, dann wird gut gegessen. Ein Besuch der Großvieh und Kälber-Auktionen in der hohen Halle aus Holz der Rinderunion Baden-Württemberg (RBW) und anschließend im angeschlossenen Restaurant lohnt sich. Jeden zweiten Mittwoch im Monat findet eine Viehauktion statt, die öffentlich ist und keinen Eintritt kostet. Dann traben Rinder im Ring.

Daß sich das gute Essen der Familie Spieß mit besten bäuerlichen Produkten aus der Region rumgesprochen hat, das sieht jeder, der einen Blick auf den riesigen Parkplatz wirft, denn dort stehen nicht nur landwirtschaftliche Fahrzeuge und Lastkraftwagen sondern schöne alte Autos (einige Oldtimer kommen direkt vom nahen Automobilmuseum in Wolfegg) und schnelle neue Autos, auch mein „Wohnauto“, wie Reisemobile früher genannt wurden, und wie an diesem Sonntag viele Fahrräder. Nicht Rinderauktion sondern Radrennen ist angesagt.

Dutzende Teams in bunten Trikots tummeln sich mit technisch hochgerüsteten Zweirädern rund um das Gasthaus Zur Versteigerungshalle. Auf das markant spitze Dache der Haupthalle und die windschnittigen Helme der Sportler scheint die Spätsommersonne kräftig nieder. Dann sind sie weg, radeln rund um Bad Waldsee, um ziemlich schnell, wie es scheint, wieder zurückzukehren. Preise und Pokale winken und vor allem die volle Teller und Gläser mit Bier und Brause von Familie Spieß wollen in Empfang genommen werden.

Speis von Spieß und Trank von Leibinger und Lindauer

Die Speisekarte ist voll mit klassischen Gerichten, das Restaurant gut gefüllt, heute mit Rinderzüchtern und Reisenden, und Rudi Spieß sorgt dafür, daß alle Besucher einen vollen Bauch bekommen. Kesselfleisch mit Kraut, Maultaschen mit Salat, Saure Kutteln mit Knödel, Saure Linsen mit Spätzle und Saiten, Gefüllter Saumagen mit Spätzle benötigen und bekommen ihre Zeit, denn jede Portion wird frisch zubereitet. Solange trinken die Leute Leibinger, das ist ein Bier der mittelständischen, privaten Bier Brauerei Max Leibinger in Ravensburg, und Lindauer, das ist ein Apfelschorle aus den Fruchtgärten vom Bodensee.

Seit 10 Jahren sind unter dem Dach der RBW sind die drei wichtigsten Zuchtrassen Braunvieh, Fleckvieh und Holsteins, die als Hausrinder alle eine domestizierte Form des Auerochsen sind, vereint. Ist das der Grund, warum die Rinderzüchter am liebsten Schweinefleisch essen? Tafelspitz und Rinderbrust kommen oft erst abends auf den Tisch. Was zu ihm in die Küche kommt sind frische saisonale und regionale Lebensmittel. Spargel gibt es nur im Mai oder Juni, erklärte er und ergänzt: „Die Sauce Hollandaise mache ich selber.“ Gelernt, übrigens in „Der Sonne“ in Berg, ist gelernt und auch Rinder schlachten kann der Küchenmeister, der damals „immer gerne dabei“ war. Doch heute wird über die Vermarktungspartner der LandZunge eingekauft, auch und vor allem für Großveranstaltungen. Daß Rudi Spieß für Großveranstaltungen mit über 1000 Gästen kocht, ist keine Seltenheit, dann arbeiten auch seine beiden Töchter Melanie und Sandra mit. Seine Frau Susanne jeodoch ist im Gasthaus Zur Versteigerungshalle immer an seiner Seite, kocht mit und organisiert den Ablauf des Betriebes.

Rezepte für Reisende

Rudi Spieß verrät WELTEXPRESS nicht nur ein Rezept sondern das Rezept für die Mahlzeit, die ich im Gasthaus Zur Versteigerungshalle essen durfte. Freuen Sie sich auf Mostbraten vom Prima Rind mit Semmelknödel und Schmorgemüse.

Die Zutaten

Für vier Personen benötige der Haus- und Hofkoch vor allem 1,5 kg Rindfleisch ohne Bein vom Prima Rind und für die Beize: eine Flasche Most (3/4 Liter), je einen Teelöffel Piment und schwarze Pfefferkörner, 5 Wacholderbeeren, 1 Lorbeerblatt, 2 Nelken, ½ Knoblauchzehe, Salz, Pfeffer, 2 Eßlöffel (El) Öl, 1 El tomatenmark, 1 El Puderzucker, 20 gr. Speisestärke, 1 Liter Brühe. Für das Schmorgemüse könne man nehmen, was man wolle, meint Rudi Spieß: „Nur saisonal, regional und also frisch muß es sein.“ Wie wär`s mit 200 Gramm (gr.) gewürfelten Karotten, 150 gr. gewürfelte Knollensellerie und 2 gewürfelte Zwiebeln? Für die Semmelknödel braucht man 200 gr. schnittfeste Semmeln 50 gr. Zwiebeln, 2 El Butter 2 Eier, 150 ml Milch und zum Würzen 2 El Petersilie, fein geschnitten, sowie Pfeffer und Salz, beides aus der Mühle.

”¦ und die Zubereitung

Für die Beize die Gewürze in ein Leinensäckchen binden, Most mit den Gewürzen aufkochen und auskühlen lassen. Das Bugblatt in ein passendes Gefäß geben und mit Marinade bedecken. Eine halbe Woche oder sogar eine ganze Woche an einem kühlen Ort darin beizen. Nach der Zeit des Beizens das Fleisch aus der Marinade nehmen und trocken tupfen. Die Marinade wird sodann in einem Topf aufgekocht. „Den aufsteigende Schaum mit einem passenden Schaumlöffel abnehmen“, rät Rudi Spieß. Die Rinderschulter in einem Topf im Öl bei mittlerer Hitze rundum anbraten, dann rausnehmen. Das Röst- bzw. Schmorgemüse kommt jetzt in den Topf und wird leicht angeröstet, dann mit Puderzucker bestreut und also leicht karamelisiert. Das Tomatenmark hineinrühren und kurz mitrösten.
Beize, Brühe und Gewürze hineingeben und anschließend das angebratene Fleisch wieder einlegen. Das gute Ganze mit geschlossenem Deckel zwei, drei Stunden knapp unter dem Siedepunkt ziehen lassen, bis das Fleisch wunderbar weich ist, denn zartes Fleisch ist unser Ziel.

Zeit für die Semmelknödel. Semmeln in Würfel schneiden, Zwiebel schälen und ebenfalls in Würfel schneiden. Anschließend in Butter hellbraun rösten. Eier und milch verrühren, salzen und pfeffern und zusammen mit Petersilie und den gerösteten Zweibeln über das Brot geben. Mehl untermischen und den Brei ordentlich vermengen bis ein glatter Teig erntsteht, der ein paar Minuten in Ruhe gelassen wird. Alsdann Hände nässen und kleine oder mittelgröße nicht zu weiche Knödel formen, denn die sollen beim Kochen nicht zerfallen, und diese in reichlich Salzwasse schwach wallend kochen lassen. Übrigens können die Semmelknödel auch über Dampf gegart werden.

Zurück zum Fleisch. Wenn das fertig ist, dieses und den Gewürzbeutel aus der Schmorsoße nehmen und im Gegenzug Speisestärke mit Most glattrühren und die Soße damit binden. Mit gemahlenem Salz und Pfeffer abschmecken. Das bestimmt noch dampfende Fleisch nun mit einem richtigen, dafür geeigneten Fleischmesser in Scheiben schneiden. Gleich zwei Scheiben auf den Teller, Semmelklöße und Schmorgemüse dazugeben und alles wie bei Schwaben üblich mit einem schönen Schwung Soße übergießen.

Infos

Gasthaus Zur Versteigerungshalle, Familie Spieß, Hopfenweiler 12, 88339 Bad Waldsee-Hopfenweiler, Telefon: 07524-7925, Email: info@gasthaus-versteigerungshalle.de, Website: www.gasthaus-versteigerungshalle.de

Öffnungszeiten: Mo-Mi 10-14 Uhr, Do-So 11-14 und abends ab 18 Uhr

Anfahrt: Das Gasthaus "Zur Versteigerungshalle" finden Sie von der B30 kommend bei Bad Waldsee an der Abfahrt Industriegebiet Nord, dann auf der Biberacher Straße mit der Nummer K 8033 Richtung Mühlhausen fahren. Nach rund 500 Meter an einem Kreisverkehr rechts rum Richtung Hopfenweiler und kurz darauf wieder rechts rum auf den 800 Kraftfahrzeuge fassenden Parkplatz.

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