Porno-Film als Abschlussarbeit

Der Stipendiat für Fotografie und Video-Kunst erhielt für die Abschlussarbeit die schlechteste Benotung seines Jahrgangs. Aber nicht etwa, weil der Film ein Pornofilm war, sondern weil es ein schlechter Pornofilm war. Das zumindest sagten die verantwortlichen Lehrkräfte, von denen drei entlassen wurden, nachdem in Erfahrung gebracht wurde, dass sie das Projekt ohne Wissen des Direktors unterstützten. Sie hätten das Thema sogar vor der Jury geheim gehalten, um die Grenzen der akademischen Freiheit an der Bilgi-Universität auszutesten.

Auf die Frage, was denn die schwerste Hürde für die Herstellung dieses Films gewesen sei, antwortete Deniz laut „Tempo“: „Sie werden es vielleicht nicht glauben, aber den männlichen Hauptdarsteller zu finden, war der härteste Part. Alles am Set war bereit, nur unser Mann fehlte uns noch. Darum mussten wir den Dreh auch um eine Woche verschieben. Als wir dann endlich jemanden gefunden hatten, mussten wir ihm schriftlich versichern, dass der Film niemals außerhalb der Universität gezeigt wird und vor allem nicht in den Handel gelangt“. Die Frage, ob seine Eltern den Film gesehen haben, beantwortete der Student, indem er erzählte, dass man den Film im Kreis der ganzen Familie angesehen hätte. Seine Familie sei ohnehin von seiner Studienfach-Wahl nicht begeistert gewesen, erzählte er. „Aber dann haben sie sich damit abgefunden und schauten sich den Film an, als das was er war: meine Abschlussarbeit!“

Erst nachdem die Universitätsleitung mit Hunderten von e-Mails empörter Eltern konfrontiert wurde, entließ sie die Lehrkräfte, die an der Abschlussarbeit beteiligt waren. Man wollte damit verhindern, dass sich der Skandal ausbreite.

Die private und Nonprofit-Universität, 1996 gegründet, ist bekannt für ihre politische Aufgewecktheit sowie für ihre junge Akademiker-Generation, die sich gezielt in gesellschaftspolitische Belange einmischt. Diese Spitzenhochschule gilt nicht nur in der Türkei als mutige, engagierte und zugleich wissenschaftlich hochrangige Alternative, wo unerschrocken gedacht werden darf, sondern auch als Enklave für viele deutsche Wissenschaftler und Studenten.

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