Polnische Eisflitzer laufen Oranje den Rang ab – Doppelsieger Artur Was hat einen berühmten Trainer aus Kanada

Der frühere Weltmeister und Olympiasieger im Bahnradsport sollte recht behalten. Denn am Sonntag liefen die DESG-Athleten allesamt und deutlich am Podest vorbei: Nico Ihle  8. und Judith Hesse 13. über 500 m, Claudia Pechstein 9. und Marco Weber 11. beim Massenstart, Gabriele Hirschbichler 15. Über 1500 m”¦
In den Frauenwettbewerben bestimmten neben der 500-m-Olympiasiegerin und Bahnrekord-Halterin Sang-Hwa Lee (Südkorea) sowie das US-Duo Brittany Bowe/Heather Richardson die schnellen Meisjes um Ireen Wüst aus den Niederlanden das Geschehen.

Bei den Herren der Schöpfung aber nutzten ziemlich überraschend die polnischen Athleten die Gunst der Stunde. Die lag u.a. darin begründet, dass einige wenige Kufenkönner der Oranjes um ihren Superstar Sven Kramer Berlin ausließen und andere nicht in Topform antraten.

So kam das mit Abstand erfolgreichste Abschneiden bei einem Weltcup für Polens Asse zustande. Artur Was gewann auch den zweiten 500-m-Wettbewerb (35,04). Kollege Jan Szymanski feierte über 1500 m (1:46,80) seinen allerersten WC-Erfolg. Und das polnische Trio zuvor den Teamwettbewerb für sich entschieden hatte, gab es in toto also vier Siege für Polska!

„Ja, das hatten wir noch nie“, freute sich Auswahltrainer (Allrounder) Wieslaw Kmiecik, der die Nationalmannschaft der Männer seit 1988 betreut. Es sei ein weiterer Schritt nach vorn, nachdem Zbigniew Brodka in Sotschi Gold über 1500 m gewann und das Team Bronze holte. 

Das Geheimnis des Aufstiegs?- „Ich denke, es ist in erster Linie das Resultat guter Arbeit.“ In Warschau gehören neun Männer zur Trainingsgruppe – auch der Olympiasieger Brodka. Im Sommer arbeiten sie überwiegend im polnischen Olympiazentrum in Spala, 100 km von Warschau. Zum Eistraining geht es meist nach Berlin, Inzell oder nach Holland.

„Wir haben zwar mittlerweile vier 400-m-Eisbahnen, aber die sind momentan nicht überdacht. Wir hoffen, dass die Anlage in Warschau vielleicht in zwei Jahren überdacht sein wird.“

Die deutschen Eisflitzer können Hallen in Berlin, Erfurt und Inzell nutzen.
Das Training in Hallen ist wichtig, weil internationale Großereignisse fast ausnahmslos als Indoor-Rennen ausgetragen werden.

Ein Sonderfall ist der doppelte 500-m-Gewinner Artur Was. Er darf sich an der 2011 gegründeten Speed Skating Academy mit einem koreanischen Autobauer als Namensgeber auf die Rennen vorbereiten. Der Autobauer spendiert Unterkunft und Verpflegung, Bahn-Miete und ähnliches. Die Leitung hat der Holländer Marnix Wieberdink. Einer der Trainer für insgesamt rund 20 Aktive vor allem aus Asien oder weniger leistungsstarken Verbänden ist die kanadische Sprint-Legende Jeremy Wotherspoon. Mehrfacher Weltmeister, Olympiasieger und noch immer im Besitz des Weltrekordes von 34,03 Sekunden.

Was die Siege – Olympiatriumphator Michel Mulder (Niederlande) diesmal chancenlos – des Olympianeunten Was bedeuten? – „Ich denke, das ist für ihn persönlich wichtig als sein bislang größter Erfolg. Natürlich freuen sich auch der polnische Verband sowie unsere Academy darüber“, erklärt Wotherspoon. Um anzufügen, dass man so vielleicht weitere Sponsoren gewinnen könne.

Der 28-jährige Warschauer Was bestätigte, dass er seinen Leistungssprung vor allem dem Kanadier zu verdanken habe:“Schon allein unter seiner Leitung trainieren zu dürfen, ist eine großartige Motivation für mich gewesen. Und dann hat er mein Selbstvertrauen enorm bestärkt.“

Für die Zugehörigkeit zum Speed Skating Team fallen pro Saison allein 26 000 Euro Fixkosten an. Daran beteiligen sich der Weltverband ISU aus einem Entwicklungs-Förderungstopf, der polnische Verband oder seine Sponsoren – so er denn welche hat. Siege im Weltcup sind – verglichen mit anderen Sportarten – Hungerlöhnen gleichzusetzen. Zweimal Rang eins in Berlin trugen ihm je 750 Dollar ein. Ab 1000 m gibt es 1500 Dollar vergütet. Und die Ausschüttung von 15 000 Dollar für den Saison-Gesamtsieger im Sprint ist für Was praktisch kaum erreichbar, da er über 1000 m kaum punkten kann.

Allerdings hat der Warschauer die Weltbesten herausgefordert. Man darf gespannt sein, wie vor allem Hollands sieggewohnte Asse darauf  beim Heim-Weltcup vom 12. Bis 14. Dezember reagieren werden.

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