Staatstheater oder Politik heute – wenn die Farce zur Realität wird

Kolosseum in Rom
Das Kolosseum in Rom war einst ein Ort für Brot und Spiele, die längst Waren sind. Quelle: Pixabay

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Gladiatoren im antiken Rom waren Berufskämpfer, die in öffentlichen Schaustellungen gegeneinander antraten und bis zum bitteren Ende dem Gegner den Garaus machten. Da Gladiatorenkämpfe beim römischen Volk äußerst beliebt waren und man sich auf beste Weise unterhalten konnte, hat Caesar die Spiele geradezu prachtvoll inszeniert.

So berichtete Gaius Suetonius Tranquillus: „Der Maximus veranstaltete während der Gladiatorenspiele zum Vergnügen der Bürger Theateraufführungen mit Schauspielern aller Sprachen, die durch alle Stadtviertel zogen. Begleitet wurden die Spektakel mit Zirkusvorstellungen, Athletenkämpfe und Seegefechten.“

Der einzige Unterschied, der zu den damaligen Spielen besteht, sind die Protagonisten. Heute treffen in der Arena soziopathische Sturköpfe, neurotische Besserwisser, realitätsferne Armleuchter und hinterhältige Schurken aufeinander. Neudeutsch – Parteimitglieder und ihre Anführer. Sie werden von ihren jeweiligen Anhängern frenetisch angefeuert. Die Schiedsrichter – man nennt sie heute Moderatoren, Politik-Experten und Meinungsbildner, sie vergeben die Punkte und halten Benotungstäfelchen in die Luft.

Seit 14 Tagen wird das ganze Land mit einer nervenaufreibenden Veranstaltung unterhalten, die seinesgleichen sucht. Normal denkende Menschen mit sozial erwünschen Verhaltensweisen und einigermaßen akzeptablen Umgangsformen können nicht mehr nachvollziehen, was sich in der politischen Arena bespielt, ganz zu schweigen davon, dass jeder Akt, jede Finte, jeder Angriff mit dem Gefühl endet, dass der Zuschauer beschissen wurde. Die tobende Menge wartete darauf, dass sich die Kämpfer im Vorprogramm gegenseitig die Gurgel durchschnitten.

Horstus Lacus Vestibulus – zu Deutsch – Seehofer trat mit dem Gladio (Kurzschwert) gegen Angela Mercula, eine wehrhafte Walküre, bewaffnet mit dem Pilum (Wurfspeer) an. Und da Horstus das Kampfmonster aus dem Norden noch nie leiden konnte, ging er mit Verve auf sie los. Im Verlaufe des tobenden Kampfes wurde alles eingesetzt, was das Arsenal der Semantik, der Deutung, der Sichtweisen, der Überzeugungen und Täuschungen hergab. Es ging um die Trophäe der Vorherrschaft über ein „regularium europaeicum“. Während bei den Seespielen in der Arena reihenweise Negersklaven über Bord gingen, die sich zu retten versuchten, droschen Mercuala und Horstus Vestibulus mit Schild, Schwert und Morgenstern aufeinander ein. Es galt beim Zweikampf auch, sich die Neger vom Hals zu halten.

Die Fatalität bei dieser Auseinandersetzung bestand darin, dass der große, bajuwarische Kämpfer von seinem tückischen Gefolge nur so lange unterstützt wurde, so lange es den Anschein hatte, zu obsiegen.

Der „circus maximus“ entwickelte sich im Verlaufe der Auseinandersetzung zu einem geradezu kindischen Schauspiel, bei dem der Zuschauer wahrlich keine Lust mehr hatte, der einen oder der anderen Partei zu applaudieren. Im Gegenteil, der Zweikampf wurde von wütenden Pfiffen, abfälligen Zurufen und wütenden Buh-Rufen begleitetet. Man vermisste Mut, Weitsicht und gute Strategien, man entbehrte bei den Kontrahenten die Fähigkeiten, Fairness und Respekt walten zu lassen.

Als dann der Bajuware den Schwanz einzog und trotzdem so tat, als wolle er Angela der Walküre den Garaus machen, verließen die zahlenden Zuschauer frustriert die Arena. Die Gladiatoren vollführten einen lächerlichen Affentanz, der zwar vollkommen unblutig endete, die gegenseitige Abneigung vermutlich in Hass und vollkommenen Ablehnung münden dürfte. Ob die Bürger jemals wieder Gladiatorenkämpfe ernst nehmen, das wage ich zu bezweifeln.

Anmerkung:

Vorstehender Beitrag von Claudio Michele Mancini wurde unter dem Titel „Politik heute – wenn die Farce zur Realität wird“ im Scharfblick am 3.7.2018 erstveröffentlicht.

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