Pakistanische Begeisterung, allgemeiner asiatischer Optimismus, aber das Wiener Belvedere kommt hier auch ins Gespräch – Serie: Die „Heimtextil“ der Frankfurter Messe vom 13. bis 16. Januar 2010 (Teil 2/3)

Alles für ein buntes Bad auf der Heimtextil in Frankfurt am Main.

„Frankfurt ist sehr teuer für uns“, sagte Ali Ather Ahmed von HSM Textiles. „Aber alles ist reell. Wenn wir etwas buchen, bekommen wir es auch. Es klappt einfach alles, die Anschlüsse und der Service. Wofür man zahlt, das ist schon okay.“ Seine Firma gehört übrigens drei pakistanischen Banken, von wegen privatem Großgrundbesitzer, was wir uns so gemeinhin für Pakistan vorstellen. Und gemeinsam wurde dort entschieden, alle anderen Messen auszulassen und nur noch nach Frankfurt zu reisen. Die Dubaier Konkurrenz habe man sich einmal angeschaut. Einmal und nie wieder. Der pakistanische Direktor ging sogar soweit, zu äußern, daß sich keine Firma von Welt leisten könne, nicht zu Heimtextil zu kommen. „Viele sagten hier schon, sie kämen nicht wieder. Aber, wer nicht hierher kommt, der ist draußen.“

Wir erfuhren aber nicht nur von seiner Begeisterung über die Bedeutung dieser Frankfurter Messe, sondern viel über Pakistan und die Wichtigkeit der Textilindustrie dort, wobei 1980 die politisch-ökonomisches Grundsatzentscheidung für den Ausbau der Textilindustrie gefallen sei. Zuerst sei diese auf der Grundlage der synthetischen Fasern aufgebaut worden, aber die Naturprodukte, über die Pakistan ja mit der Baumwolle reichlich verfüge, spielten eine immer größere Rolle, wobei sich der Anteil beider etwas 50: 50 verhalte. Der Stand der Firma glitzerte bunt. So wie bei allen asiatischen Ständen. Allerdings war dieser etwas edler gestaltet, machte also auch einen teureren Eindruck, was täuschen kann. Seine Kundschaft findet HSM Textiles nicht, wie wir vermuteten in den USA, sondern zu 40 Prozent in Europa, vor allem im Vereinigten Königreich (UK), wie ehemalige Commonwealthländer England immer bezeichnen. Wichtig ist allerdings auch der holländische Markt und der deutsche entwickelt sich ebenfalls gut.

Bei unserem Rundgang fallen die Stände der asiatischen Hersteller durch ihre gemeinsame Buntheit, die Glitzermanie, aber auch durch große Unterschiede auf. Denn ’bunt` heißt nicht gleichzeitig ’billig` oder gar ’ordinär`. Es geht in der Hauptsache um Bettwäsche, um Decken, Teppiche, Gardinen, Tischdecken, aber auch Schlafanzüge, Negligés und überhaupt alles, was Sie aus Textilfasern herstellen können. „Sit & Joy“ beispielsweise fällt erst einmal durch den rasanten Sack auf, den man als Stuhl genauso benutzen kann, wie als Schaukelpferd, oder Einrichtungsgegenstand allgemein, hier auch in Silber und Gold! Vor allem für Kinder wird mit Snoozy alles geboten, fürs Baby im Lieben und den Dreijährigen im Sitzen. Leider konnten wir auch die Sitzhocker nicht direkt mitnehmen, die die Sitzlandschaften vervollständigen. Nur seltsam schien uns, daß eine holländische Firma hier bei den Asiaten untergekrochen war. Das aber hat den Hintergrund der HMG, die seit 1988 als Handelsunternehmen existiert und seit 1995 des großen Erfolges wegen nur nach als HMG Bedtextiel sich auf die Herstellung sowie Import- und Export von textilen Produkten wie Deckbetten, Kopfkissen, Zierkissen, Matratzen und anderem konzentriert. Inzwischen gibt es im Sortiment mehr als 5000 Artikel, die zudem in differenten Größen und Farben glänzen. So richtig gut gefallen hat uns die Orgie in Weiß bei NINGBO Green Down.

Japan! Diesmal sind nur 21 statt der vorjährigen 31 Aussteller gekommen und daß die japanische Industrie daniederliegt, hatte man schon vorher gehört. Aber Japan, darunter stellen wir uns doch eher karge, auf ästhetische Einzelprodukte konzipierte Kunsträume vor. Von wegen. Von wegen schlicht. Santaku aus Osaka-Shi ist so etwas von Bunt, das glaubt man kaum. Die Bettwäsche ist derart mit Zeichen und Mustern übersät, daß man nur ’Horror vacui` murmeln kann, aber dann sieht man diese eine weiße Bettdecke, die tatsächlich auf der Oberseite in Zöpfen gestrickt ist, die so schön anmutet und deren Rückseite aus weichem weißen Frottee man gleich um sich schlingen möchte, daß man wieder einmal sieht: eine Messe ist dazu da, vielen Vieles zu bringen. Die Auswahl obliegt hier den Geschäftsleuten, die hier ihre Produkte auswählen und ordern und so für die Verbreitung an die Käufer sorgen.

Zeit, von Hangzhou zu reden. Über diese chinesische Stadt hatten wir im Weltexpress erstmals berichtet und nun tauchte der Schriftzug über den Ständen immer wieder auf. Also versicherten wir uns erst einmal, daß es sich um diese schöne Dichterstadt handelt, nicht weit vom Meer und mit dem lyrischen Westsee ausgestattet, der die Poeten zu Dichtungen anregt. Aber Textilindustrie? Dallon Wang von Hangzhou Jinhong Sannloa Down Products erzählte uns dann, daß in China die Regionen entscheiden, wo sie einen wirtschaftlichen Schwerpunkt setzen und so kam über diese Region die Textilindustrie nieder, die unglaublich blühe. Das bestätigte später Allen Yao von Jihua 3542 Textile Co aus China. Sie sind Daunen- und Federlieferanten, machen Zudecken aller Art und vor allem die heute gebräuchliche Vielfalt von Kopfkissen. Nach diesem Meer der Farben gingen wir schnurstracks zu Backhausen.

Das ist eine niederösterreichische Textilfirma, die in der Vergangenheit für ihren Geschmack bekannt wurde und nun mit den „Returnity-Stoffen“ Material verwendet, das 100 Prozent wiederverwertbar ist. Diese neuen Stoffe werden in verschiedenem Design angeboten, je nachdem, ob man sich klassisch oder modern, verspeilt oder streng einrichten möchte. Wir aber kamen wegen der Wiener Musterzimmer, die als Ausstellungen derzeit im Wiener Belvedere für Zulauf, vor allem junger Leute, sorgen. Alfred Zoppelt, den dortigen Museumswärter, sollten Sie am besten fragen, aber wahrscheinlich erzählt er auch von alleine, was die Musterzimmer bedeuten.

Da hat man – Backhausen und Wittmann – nämlich sechs ganz schön bekannten österreichischen Künstlern angeboten, ihre textilen Entwürfe von Stoffen, Möbeln und Teppichen tatsächlich auszuführen und in einem Musterzimmer zu verwirklichen. Was nun im Kunstmuseum Belvedere im unteren Teil derzeit noch ausgestellt ist. Das erinnert nicht nur an die Wiener Werkstätten, sondern an die Räume des William Morris, die dieser schon zuvor mit der Arts- und Craftsbewegung in England ab 1861 schuf. Eine gute Adresse also und jetzt nicht nur im Belvedere in Wien anzuschauen – der schöne, textil eingebundene Katalog lag auf der Messe mehrfach aus -, sondern bei Backhausen weltweit zu erwerben. Fortsetzung folgt.

Internet: www.messefrankfurt.com

www.heimtextil.messefrankfurt.com

Ausstellung im Wiener Belvedere „Wiener Musterzimmer, bis 24. Januar 2010

www.belvedere.at

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