Opel: Autogas und Erdgas statt Benzin und Diesel

Die Folgen für sehr viele Menschen sind gravierend: Manche mussten bereits ihren Job aufgeben, weil sie die Kosten für den Weg zum Arbeitsplatz nicht mehr zu stemmen waren. Andere leiden darunter, dass soziale Bindungen abbrechen, weil der Besuch bei weiter entfernt wohnenden Verwandten und Freunden nicht mehr zu bezahlen ist. Und viele müssen Anschaffungen zurückstellen und Restaurantbesuche oder kulturelle Veranstaltungen auf ein Minimum beschränken, weil ein großer Teil des Haushaltsbudgets fürs Auto und speziell für den Kraftstoff aufgewendet werden muss.

Da ist es kein Wunder, dass gern und intensiv über Alternativen nachgedacht wird. So bietet Opel unter dem verlockenden Motto „Tanken für die Hälfte“ eine der umfangreichsten Modellpaletten an Fahrzeugen für den Betrieb mit „Compressed Natural Gas“ (CNG) und „Liquefied Petroleum Gas“ (LPG) ab Werk an. Bei CNG handelt es sich um komprimiertes Erdgas, das auch generativ hergestellt werden kann, also endliche Energiequellen nicht belastet. Hingegen ist das als Flüssig- oder auch als Autogas bezeichnete LPG ein Nebenprodukt von Erdölraffinerien. Bei beiden sind die Kosten gegenüber Benzin zwischen 40 und 50 Prozent niedriger. Und so „ganz nebenbei“ können Fahrer von Gasautos auch ihr „grünes Gewissen“ beruhigen, da laut Opel mit Autogas etwa 15 Prozent weniger Kohlendioxid verpustet werden als mit Benzin, bei Erdgas sind es sogar rund 25 Prozent weniger.

Im Gegensatz zu reinen Elektroautos braucht kein „Gasfahrer“ Angst zu haben, mit leerem Tank auf der Strecke liegenzubleiben. Ein CNG- oder LPG-Fahrzeug hat in jedem Fall einen Benzintank an Bord, der bei Bedarf automatisch „angezapft“ wird. Dadurch ergeben sich Reich ¬weiten, die sich, bezogen auf den Normverbrauch eines Autogasautos, im vierstelligen Kilometerbereich bewegen.

Gleich fünf Autogasmodelle hat Opel im Angebot. Der kleine Corsa wird als Drei- und als Fünftürer von einem 1,2-Liter-Motor angetrieben. Im Betrieb mit Benzin erwirtschaftet das Aggregat 85 PS/63 kW (Dreitürer: Normverbrauch 5,5 Liter pro 100 Kilometer; CO2-Ausstoß: 129 g/km; Effizienzklasse D), mit Autogas werden bei nahezu gleicher Leistung (83 PS/61 kW) 6,8 Liter Autogas verbraucht, doch wird wegen der saubereren Verbrennung bis zu 15 Prozent weniger Kohlendioxid verpustet (hier: 110 g/km), und die Effizienzklasse steigt um zwei Stufen auf B.
Mit dem Astra als fünftürige Schräghecklimousine und als Kombi mit der Bezeichnung Sports Tourer hat Opel in der populären Kompaktwagenbaureihe ebenfalls zwei „Eisen im LPG-Feuer“.

Der 1.364 Kubikzentimeter große Turbomotor leistet 140 PS/103 kW (Limousine mit Benzin: 6,0 Liter; 141 g/km CO2; B; Limousine mit Autogas: 7,9 Liter; 129 g/km CO2; B). Das gleiche Triebwerk steckt auch im Kompaktvan Meriva. Aufgrund einer gesetzlichen Regelung in Frankreich, die bei Einhaltung einer bestimmten CO2-Stufe nach Angaben eines Opel-Sprechers „einen riesigen Steuervorteil“ bietet, ist im Meriva die Leistung auf 120 PS/88 kW beschränkt (Benziner: 6,2 Liter; 146 g/km; C; mit Autogas: 7,6 Liter; 124 g/km CO2; B).

Sportlich ambitionierte Fahrer dürften am LPG-Autogasantrieb nicht auf Anhieb Gefallen finden. Unsere kb-Testfahrten mit verschiedenen Modellen zeigten, dass im Autogasmodus der Motor spürbar zäher und träger zu Werke geht. Allerdings wird das bei überzeugten „Gasern“ eine untergeordnete Rolle spielen, zumal das Umschalten auf Benzin ganz einfach per Knopfdruck möglich ist, sollte man einmal eine dynamischere Gangart wünschen.

Vier weitere Autogasmodelle hat Opel für das zweite Halbjahr 2012 angekündigt: den Großraumlimousine Zafira Tourer und den Mittelklässler Insignia in allen drei Karosserievarianten (Viertürer, Fünftürer und Sports Tourer). Das Quartett wird ebenfalls den knapp 1,4 Liter großen Turbomotor mit 140 PS/103 kW unter der Haube haben.

Vier Modelle umfasst das Opel-Angebot an CNG-Fahrzeugen: Auch im Erdgasbereich kommt der Turbo mit 1.364 Kubikzentimeter zum Einsatz. Im Combo sowohl als Familienvan wie auch als gewerblicher Kastenwagen (hier zusätzlich mit langem Radstand) erwirtschaftet er 120 PS/88 kW (Normverbrauch: 7,5 m3/4,9 kg pro 100 Kilometer, 134 g/km CO2, Effizienzklasse B). In der Großraumlimousine Zafira Tourer und in der Vorgängerbaureihe Zafira Family kommt ein 1,6-Liter-Turbo mit 150 PS/110 kW zum Einsatz (Zafira Tourer: 7,2 m3/4,7 kg, 129 g/km CO2, A).
Auf rund 2.200 Euro belaufen sich die Mehrkosten in der Anschaffung gegenüber einem Benziner für ein LPG-Autogasfahrzeug. Ein CNG-Erdgasauto ist wegen des deutlich höheren technischen Aufwands um etwa 3.100 Euro teurer. Durch die niedrigeren Treibstoffkosten amortisiert sich bei einer Jahresfahrleistung von 20.000 Kilometern der höhere Grundpreis bei einem Zafira Tourer 1.6 CNG Turbo nach zweieinhalb Jahren, bei einem Astra Sports Tourer 1.4 LPG Turbo nach dreieinhalb Jahren, hat Opel ausgerechnet. Umgerechnet auf den Heizwertvergleich ist das Erdgas um 80 Prozent gegenüber dem Super steuerlich vergünstigt, 70 Prozent sind es gegenüber dem Dieselsprit, so dass Autofahrer mit dem Gas bis zur Hälfte sparen können im Vergleich zu Diesel und Benzin. Allerdings muss man die höheren Anschaffungspreise berücksichtigen.

Auch wenn die Kosten und der Umweltgedanke für Erd- und Autogas sprechen, die Handhabung beim Tanken keine Probleme bereitet, Sicherheitsbedenken aufgrund der erheblich höheren Entzündungstemperaturen (Diesel: 220 Grad Celsius, Benzin: 200 bis 300 Grad, LPG: 480 Grad, CNG: 650 Grad) ausgeräumt sein dürften und Zuverlässigkeit, Fahrzeuganpassung sowie Service durch den werksseitigen Einbau gewährleistet sind, führt der Gasantrieb hierzulande (noch) ein Schattendasein. Mehr als 43 Millionen Fahrzeugen mit Benzin- oder Dieselmotor in Deutschland stehen rund 456.000 LPG- und knapp 75.000 CNG-Autos gegenüber. Am stärksten hapert es an der Infrastruktur: Mit 6.500 LPG-Zapfsäulen verfügen nur etwa 40 Prozent der Tankstellen über Autogas. Und gar nur 900 Anlaufpunkte mit einer CNG-Anlage machen das Reisen mit einem Erdgasfahrzeug besonders über längere Strecken zu einer logistischen Meisterleistung.

Aber wenn die Preise für Benzin und Diesel weiterhin so hemmungslos steigen, dürfte das Interesse nach Erdgas und Auto-/Flüssiggas zunehmen.

kb

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