Noch-Bundespräsident Christian Wulff veröffentlicht Fragen und Antworten – Keine Ermittlungen gegen den Bundespräsidenten – Neue Vorwürfe wegen Leasing eines Autos

Das umfangreiche Material ist mit erläuternden Hinweisen unter http://pdf.redeker.de zu finden. Bei einigen Fragen habe seine Kanzlei "die Beantwortung abgelehnt, weil sie Sachverhalte zum Gegenstand hatten, die den Kernbereich des Privat- und Familienlebens von Christian Wulff und seiner Familie betrafen und außer Zusammenhang zu seiner Amtstätigkeit standen", erläuterte Lehr. Mit dieser "Offenlegung der Fragen und Antworten" ist die Zahl der über ein Dutzend Lügen, die Noch-Bundespräsident Wulff den deutschen Staatssendern ARD und ZDF, die das "Interview" zu einer Hofberichterstattung nach dem Motto "pseudokritisch nachgefragt" verkommen ließen, gab, um eine Falschaussage geschrumpft. Lange jedoch mußten wir auf diese Veröffentlichung warten und nur weiterer Druck von Journalisten erst ließen die Herren aus der Wulffsschanze reagieren.

Derweil bleiben dem Noch-Bundespräsidenten juristische Folgen wegen seines Darlehens bei der BW-Bank erspart. Es habe sich weder gegen den Bundespräsidenten noch gegen die Bank ein Anfangsverdacht auf Untreue und Vorteilsnahme ergeben, teilte die Staatsanwaltschaft Stuttgart mit. Mit dem günstigen Darlehen der BW-Bank über 520.000 Euro hatte Wulff in seiner Zeit als niedersächsischer CDU-Ministerpräsident ein Privatdarlehen der Unternehmergattin Edith Geerkens zur Finanzierung seines Eigenheims abgelöst. Die Zinsen für den Bankkredit sollen 0,9 bis 2,1 Prozent betragen haben und damit um die Hälfte niedriger als bei der Immobilienfinanzierung normaler Kunden gewesen sein. Inzwischen wurde das Geldmarktdarlehen in einen Hypothekenkredit mit üblichem Zinssatz umgewandelt.

Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft begründete ihre Entscheidung damit, dass sich weder aus den Anzeigen, noch aus den bisherigen Veröffentlichungen oder den Unterlagen "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat ergeben" hätten. Auch die Staatsanwaltschaft Hannover hatte am Montag bekannt gegeben, keinen "strafprozessualen Anfangsverdacht" für Ermittlungen gegen das Staatsoberhaupt wegen seiner Immobilienkredite und Urlaubsreisen feststellen zu können

Der niedersächsische Landtag stritt in einer aktuellen Stunde über den Umgang mit der Affäre. Die Oppositionsparteien warfen der Landesregierung mangelnden Aufklärungswillen im Fall Wulff vor. "Im Kern verweigern Sie die Aufklärung", sagte Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel. CDU und FDP lobten die Arbeit des früheren Ministerpräsidenten Wulff, räumten aber auch "Fehler" des Bundespräsidenten ein. Grüne und SPD beklagten die hohen Hürden für eine Ministeranklage vor dem Staatsgerichtshof. Dazu ist eine Zweidrittelmehrheit des Parlaments notwendig. Die Linken wollen am Freitag die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses beantragen.

Unterdessen berichtet die "Berliner Zeitung" von Ungereimtheiten beim Leasen eines neuen Autos. Wulffs Ehefrau Bettina soll dem Bericht zufolge Sonderkonditionen eingeräumt bekommen haben. Wulff soll sich beim Geschäftsführer des Berliner Autohauses außerdem mit einem offiziellen Amtsschreiben des Bundespräsidenten für ein geschenktes Bobby-Car für seinen Sohn bedankt und den Geschäftsführer im Gegenzug zum Sommerfest 2012 ins Schloss Bellevue eingeladen haben. Wulffs Anwälte bestreiten die Vorwürfe.

Die "Zeit" meldete, die Landesregierung Niedersachsen habe sich entgegen der Aussage von Wulff doch an der Sponsorensuche für die privat organisierte Veranstaltungsreihe Nord-Süd-Dialog beteiligt. Wulff habe als damaliger Ministerpräsident und Schirmherr des Nord-Süd-Dialogs Talanx-Vorstand Herbert Haas auf die Veranstaltung hingewiesen, sagte die Talanx-Sprecherin der Wochenzeitung. Danach habe die Staatskanzlei weitere Informationen zugeschickt, worauf der Konzern das Treffen im Jahr 2009 mit 10.000 Euro unterstützte. Ein Talanx-Sprecher bestätigte den Bericht auf dapd-Anfrage.

Wulffs Anwalt Lehr hatte Anfang Januar in einer sechsseitigen Stellungnahme zu den diesbezüglichen Medienanfragen geschrieben: "Die Einwerbung von Sponsoren für den Nord-Süd-Dialog, bei dem es sich um eine privat organisierte und finanzierte Veranstaltung handelte, oblag dem Veranstalter." Organisator war der Event-Manager und Wulff-Freund Manfred Schmidt.

Mit Material der dapd

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