New York, New York – Elf Regisseure sagen “New York, I love You” in dem „Paris, Je t ´aime“ folgenden Episodenfilm

Wie so oft bei Episodenfilmen sind nur wenige der Kurzgeschichten wirklich gelungen. Diese wiederum so originell oder melancholisch-zärtlich, dass sie den ganzen Film sehenswert machen. Verknüpft sind die sich immer auf zwei oder drei Protagonisten beschränkenden Kurzgeschichten notdürftig durch die Rahmenhandlung. Eine durch die Stadt streifende Experimentalfilmerin fängt die geschönte Atmosphäre und den einen oder anderen Filmcharakter auf ihrer Handkamera ein. Diese sich selbst huldigende Einbettung der Episoden innerhalb der Handlung in ein Kunstprojekt, gipfelt in der kitschigen Endszene, welche Fragmente der Episoden in einer Filmcollage zeigt. Doch kurz zuvor spazierte der großartige Eli Wallach durch „New York, I love You“ und man ist bereit, alles zu verzeihen. Als wäre es heimlich abgesprochen, dürfen “New York, I love You” nur Reiche und Schöne bekennen. Wenn nicht Reiche, dann wenigstens Künstler, die ein Bohemienleben führen und mit Film zu tun haben. Ein Filmkomponist, eine Videofilmerin, eine Schauspielerin. Nur Fatih Akins kranker Maler (Ugur Yucel) sticht heraus. Er stirbt. Die anderen Figuren sind so attraktiv, wie es von Film-New-Yorkern erwartet wird. So spielt den behinderten Butler in Shekar Kapurs Upper East Side-Episode Shia LaBeouf. Weil der Charakter Angestellter, ausländischer Herkunft und behindert ist, stürzt er sich aus dem Fenster. Für solche wie ihn und Akins normalen, ärmeren Nicht-Künstler ist kein Platz in New York. Dennoch ist die bitter-süße Geschichte von den Geistern der Vergangenheit herausragend, dank der alterslosen Julie Christie. Elegisch-tragisch ist Christie als gealterte Sängerin in einem leeren Hotel, einer der Gründe, sich “New York, I love You” anzusehen. Menschen im Hotel sind immer am schönsten. Doch fremd in der Stadt zu sein wirkt, fast so tödlich wie Armut.

Die nach verschieden Stadtteilen benannten Kurzgeschichten suggerieren soziale und kulturelle Vielfalt. Dieses charakteristische Merkmal der Großstadt, das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Gesellschaftsschichten und Kulturen, zeigt „New York, I love You“ nicht. Trotz seines hochkarätigen Ensembles und der namhaften Regisseure bleibt „New York, I love You“ eine filmische Caprice: schön anzusehen, aber flüchtig. Nach Filmen wie Ang Lees „Smoke – Raucher unter sich“ hatte man das Gefühl, die Stadtbewohner besser zu kennen und zu verstehen, wie New York tickt. Keine Gewalt, keine Armut, keine Frustration gibt es in der Kinoversion New Yorks. Kein Wunder, dass die Liebeserklärung den Filmautoren leicht von den Lippen geht. Zu sehr bemüht sich die Filmemache um Gefälligkeit. Nur Shekar Kapoor wagt mit seiner stilisierten Geistergeschichte etwas anderes. Atmosphärische Dichte schaffen die Kurzfilmen, welche es nicht zu sehr darauf anlegen. Romantischer als Brett Ratners Central Park Geschichte mit James Caan, Anton Yelchin und Olivia Thrilby ist Mira Nairs Episode über versäumte Liebe. Erotischer als die Inszenierung Alan Hughes ist Maggie Qs und Ethan Hawkes Zigarettenpause vor einer Bar in Soho. „New York, I love You“ gehört den Darstellern. Was sie spielen, wird zur Nebensache.

Was für eine wundervolle Stadt, voll skurriler Künstler und weltgewandter Geschäftsleute, in der Diven in eleganten Hotels trauern und Filmstars an der Küste spazieren gehen. Nachts funkelt sie in romantischen Lichtern und lockt mit romantischen Abenteuern. Traurig, dass sie außerhalb des Kinos nicht existiert. Alles Hässliche wurde verdeckt in “New York, I love You”. Es bleibt eine schöne Lüge, die man für eine Filmlänge glauben möchte.

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Originaltitel: New York, I love You

Land/ Jahr: USA 2009

Genre: Episodenfilm

Kinostart: 28. Januar 2010

Regie: Mira Nair, Natalie Portman, Alan Hughes, Shekar Kapur, Jiang Wen, Brett Ratner, Shunji Iwai, Yvan Attal, Fatih Akin, Joshua Marston

Darsteller: Julie Christie, Eli Wallach, Andy Garcia, Ethan Hawke, Christina Ricci, Natalie Portman, Bradley Cooper, Shia LaBeouf, Orlando Bloom, Anton Yelchin, Maggie Q

Laufzeit: 103 Minuten

Verleih: Concorde

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