Neuer Präsident der Europarats-Parlamentarier ist ein Türke

Mevlüt Cavusoglu

Die aus 318 Mitgliedern bestehende Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) hat am vergangenen Montag Mevlüt Cavusoglu, Mitglied der türkischen Regierungspartei AK, bei der Eröffnung der Plenarsitzung in Straßburg (25.-29. Januar) zu ihrem neuen Präsidenten gewählt. Damit folgt Mevlüt Cavusoglu dem Spanier Lluis Maria de Puig als 25. Präsident der Versammlung. Er ist der erste Türke, der seit dem Beitritt der Türkei zum Europarat im August 1949 dieses Amt innehat.

„Ich komme aus einem Land, das seit zweitausend Jahren stolz darauf ist, eine Brücke zwischen den Kontinenten zu sein“, sagte Cavusoglu in seiner Antrittsrede. „Ich möchte dieses politische Verständnis auf eine neue Ebene anheben, dass es eine Brücke für die Völker Europas bildet, unabhängig davon, ob sie in der kalten Arktis leben oder an den warmen Stränden Antalyas.“

Er betonte, dass die steigende Intoleranz und Diskriminierung die größten Herausforderungen seien, denen Gesellschaften gegenüberstehen. „Toleranz bleibt ein wichtiges europäisches Ziel, das wir nicht außer Acht lassen können. Wir müssen das Entstehen neuer Trennlinien aufgrund des falschen Bildes vom anderen und der Missachtung von Unterschieden mit neuer Dringlichkeiten bekämpfen. Zuerst müssen wir die Mauern in unseren Köpfen einreißen. Erst wenn wir das tun, wird es echte Freiheiten geben“, sagte Cavusoglu. Als weitere Prioritäten seiner Präsidentschaft nannte der Politiker das Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags, der neue Wege zur Zusammenarbeit eröffnet, einschließlich des Beitritts zur EU zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte. Auch rief er die PACE dazu auf, nach dem europäischen Ideal zu streben, dass jedermann in Würde und Sicherheit leben kann und er hob in dieser Hinsicht die Bedeutung der Bekämpfung des Terrorismus hervor.

Ein Signal?

Ob das erstmalige Vorrücken eines Türken in ein Spitzenamt im Palais de l`Europe als Wink an Brüssel zu verstehen ist, wird innerhalb der EVP-Fraktion nicht unbedingt geteilt: „Auf keinen Fall“, erklärte bereits im Vorfeld der Leiter der deutschen Bundestagsdelegation beim Europarats-Parlament, Joachim Hörster. Der einflussreiche Christdemokrat interpretiert die Ernennung des Gründungsmitglieds der türkischen Regierungspartei vielmehr als Signal an die Adresse Ankaras, endlich mehr für die Verankerung freiheitlich-rechtsstaatlicher Prinzipien zu tun. Solch kritische Töne kamen aber am Montag im Plenum nicht zur Sprache. Da Cavusoglu der einzige Kandidat war, wurde er ohne Debatte und selbst ohne Urnengang zum neuen Präsidenten ausgerufen. Nein-Stimmen konnten so gar nicht erst abgegeben werden. Nach ungeschriebenen Proporzregeln stand dieses Mal der konservativen Fraktion die Besetzung der Parlamentsspitze zu. In diesem Lager hatte sich intern der Mann aus Alanya gegen den britischen Vorsitzenden David Wilshire durchgesetzt.

"Ich bin der jüngste in diesem Ensemble, aber auch der mit den wenigsten Haaren”¦"

scherzte der 42-Jährige bei seiner Amtsübernahme. „Während ich als Junge die Schafe meines Vaters hütete, hätte ich mir nicht träumen lassen, dass ich einmal auf diesem Stuhl sitzen würde“. Cavusoglu wurde von einer großen Delegation aus Alanya nach Straßburg begleitet.

Mevlüt Cavusoglu ist Politiker und Volkswirt. Er studierte in den USA und ist seit 2002 Mitglied des Parlamentes für Antalya. Er verfügt über eine langjährige internationale Erfahrung in der PACE und der Europäischen Sicherheits- und Verteidungsversammlung. Er ist verheiratet und hat eine Tochter.

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