Necmettin Erbakan gestorben

Erbakan, der fließend Deutsch sprach, studierte in den 1950er Jahren in Aachen Maschinenbau und arbeitete einige Jahre in Deutschland. Er galt viele Jahre als Symbolfigur für den politischen Islam in der Türkei, gründete die Milli-Görüs (Nationale Sicht)-Bewegung, die in Deutschland inzwischen wegen ihrer islamistischen Tendenzen unter Beobachtung des Verfassungschutzes steht. Aufsehen erregte er damals mit dem Satz: “Europäer glauben, dass Muslime nur zum Geldverdienen nach Europa gekommen sind. Aber Allah hat einen anderen Plan.”

Immer wieder geriet Erbakan mit dem Militär in Konflikt. Wie viele andere kam er auch er nach dem Militärputsch von 1980 ins Gefängnis und erhielt mehrere Jahre Berufsverbot, das jedoch durch eine Volksabstimmung später wieder aufgehoben wurde. Nach seinem erzwungenen Rückstritt 1997 wurde er 2003 wegen Fälschung von Parteiunterlagen zu 2 zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Weiterhin wurde ihm vorgeworfen, mehrere Millionen Euro Bargeld vor den Behörden verborgen zu haben. Die Haftstrafe durfte er aus gesundheitlichen Gründen zu Hause unter Hausarrest verbringen. Seine Begnadigung erfolgte 2008.

Kritische Töne zu Erdogan und eine neue Weltordnung

In einem Interview mit der Welt online vom November 2010 allerdings äußert sich Erbakan eher kritisch über seinen Schüler Tayyip Erdogan. Dort antwortetet er auf die Frage, ob er sich jemals habe vorstellen, dass seine damaligen Wegbegleiter Erdogan und Gül die Türkei führen würden, folgendes: “Ja ich wusste es, denn nicht ihre Leistungen haben sie dorthin gebracht. Andere Kräfte haben sie auf diese Positionen gesetzt”. Diese “anderen Kräfte” bezeichnete er als die “Kräfte der gegenwärtigen Weltordnung”, des rassistischen, zionistischen Imperialismus, der die Menschen zu Sklaven mache und Erdogan sei ein “unbewusster Helfer der westlichen, zionistischen Weltordnung”. Er sagte Erdogan ganz offen den Kampf an, indem er auf die Frage, ob er seinen einstigen Zögling zu stürzen beabsichtige, mit: “Ja. Das ist unser Ziel. Der legendäre Ministerpräsident kehrt zurück”, antwortete. Offenbar hatte der damals 84-Jährige tatsächlich vor, noch einmal an die Macht zu gelangen.

Immer wieder stocherte Erbankan in der Glut des Antizionismus herum, um ein neues Feuer zu entfachen. Auch soll er die Aktion mit der Hilfsflottille für Gaza mit unterstützt haben. Erschreckend seine Aussage im Welt online-Interview, die er nicht zum ersten Mal verbreitete, dass nach seiner Auffassung von der Weltordnung die Zionisten die Welt zu versklaven beabsichtigen. Wer sich Erbakans furchterregende Äußerungen zu Gemüte führen möchte:

http://www.welt.de/politik/ausland/article10769062/Erdogan-ist-ein-Kassierer-des-Zionismus.html#

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