Münchner Schickeria und Häppchen-Turniere

Häppchen.
Häppchen. Quelle: Pixabay

München, Deutschland (Weltexpress). Auch an mir geht gelegentlich der Kelch nicht vorbei, hin und wieder zu einem der berüchtigten Münchner Events nach Schwabing eingeladen zu werden. Meist drücke ich mich erfolgreich und lasse mich nur dann darauf ein, mich dort für ein Weilchen sehen zu lassen, wenn es für den Beruf unvermeidlich ist. Talmi, soweit das Auge reicht.

Diese Kaviar-Häppchen-Turniere werden meist von Journalisten und Fotografen frequentiert, die entweder zu Hause nichts zu essen haben oder im Dunstkreis der scheinbar großen Welt im Gespräch bleiben müssen. Meist fallen beide Bedingungen zusammen. Und dort treffen sie dann auf professionelle Schönlinge, alte Geldsäcke und magersüchtige Blondinen, die mit maximaler Blasiertheit die wichtige Botschaft verbreiten, dass sie der Mittelpunkt des Orbits sind. It-Girls aus der Retorte, mit dem erklärten Ziel, entweder vom Film entdeckt oder von einem Industriellen geschwängert zu werden. Alternativ von dessen Sohn. Zähigkeit, Ausdauer und chirurgisch optimierte Figur sind der Schlüssel „in“ zu sein.

Der einzig wahre Luxus der Damen der Münchner Schickeria besteht darin, auf das eigene Hirn vollständig zu verzichten. Zum Ausgleich fehlender Hirnmasse beschäftigen die blondierten Bohnenstangen einen muskulösen Personal-Trainer und schmücken sich auf 20 cm hohen Highheels, in hautengem Stoff-Fähnchen mit einem Food-Instructor, um ihren parasitären Freundinnen von neuesten, spektakulären Ernährungsinnovationen zu schwärmen. Kleidergröße 34 bis 36 ist Pflicht, was darüberliegt, wird mit zuckersüßer Gehässigkeit oder hinterhältiger Häme kommentiert.

Auch wenn diese auf Luxus getrimmten Mädels nicht unbedingt wissen müssen, an welchen Sträuchern die Möhren wachsen und ob man Spargel auf der Wiese pflückt, plappern sie völlig schmerzbefreit über sensationelle Lifestyle-Trends bei der Einrichtung der neuen Villa in Grünwald oder Kitzbühel. Dabei stehen so wichtige Themen im Vordergrund, auf welche Weise man in einer 70-Tausend-Euro-Küche mit handgeschmiedeten Yanagiba-Sashimi Messern von Master Keijiro Doi kleine Gewürzgürkchen schneidet oder ein Filetiermesser aus dem Messerblock entnimmt, ohne sich dabei zu verwunden.

Sodann tauscht man sich in kleinen Grüppchen über die unnachahmliche Fingerfertigkeit des schwulen Antoine aus, der als Star-Coiffeur in Schwabing der weiblichen Hautevolee beim Schnippeln der Haarspitzen außerordentliche Endorphine-Ausschüttungen bereitet. Frisch gestylt geht’s dann zum Shoppen in Münchens Edelboutiquen, in denen die goldenen Kreditkarten der Ehemänner extremen Belastungsproben ausgesetzt werden. Alternativ kommen auch die Scheidungsmillionen zum Einsatz. Gegen Nachmittag trifft man sich zu einem Gläschen Schampus und zwei bis drei Tartar-Häppchen bei Käfer. Abends rotten sie sich auf jedem nur denkbaren Münchner Event zusammen und mischen sich unter die an chronischem Geldmangel leidenden C-Klasse Promis. (Die Drinks sind kostenlos – man ist schließlich wer)

Selbstverständlich glänzen diese gertenschlanken, dauergewellten Grünwald-Schädlinge unter all den selbstverliebten C-Promis, Halbweltgrößen, Baulöwen und exaltierten Schwuletten mit eigenen Karrieren. Derzeit liegen in der Rangreihe überflüssiger Pseudokarrieren die Berufsbilder wie Schmuckdesign, Pr-Agentur, Innenarchitektin und Wedding-Consulter ganz vorn, auch wenn jene Kanarienvögel in ihrem Leben noch nie etwas Vernünftiges zustande gebracht haben. Ich wette, sie können nicht einmal gut vögeln.

Irgendwie gleichen sich die blondmähnigen Plappermäulchen – groß gewachsen, schlank, schick, anämisch und deppert – ganz so, als seien sie aus der Standard-Produktion bei General Motors vom Fließband gefallen. Beim Stelldichein der strunzdummen Belanglosigkeiten schlägt die Stunde der gelangweilten Designer-Püppchen. Mit einem Minimum an Hirnsubstanz, unterentwickeltem Vokabular und himmellangen Beinen nehmen sie biedere Langweiler mit Geld, Bauch und Porsche ins Visier, während man die Nichtigkeit des Party-Anlasses als unverzichtbares „Must“ einstuft (…weil sie ja selber da sind).

Und dann geht’s ab ins P1 – Münchens angesagte Promi-Disco. Dort mischen sich die vielversprechenden Schönheiten vom Nachmittag unter jene Damen, die es durch lukrative Scheidungen oder vorzeitiges Ableben der Ehegatten bereits geschafft haben. Die Jagd auf coole und virile Typen mit offenem Hemd, Designerjeans und dicken Eiern in der Hose – sie ist eröffnet. Grüne Nebelschwaden wabern über die Tanzfläche und lässt der geifernd-freizügigen Promiskuität der Gäste freien Lauf.

Psysedelische Klänge kriechen unter die Haut und Lichtblitze hageln wie explodierende Halluzinogene in die Arena. Unwirkliches Halbdunkel taucht auf jung getrimmte, schaurige Blunzen und geliftete Matronen, goldbehängte Scharteken, multikaratbestückte Fregatten und alternde Millionenerbinnen in gnädiges Licht. Runzelhälse, Lippen wie aufgepumpte Gummischläuche und silikonoptimierte Brüste, mürbes Fleisch und Südseebräune verschmelzen zu einer Symbiose modernen Lifestyle-Feelings.

Der ratlose Normalbürger erkennt diese dekadenten Parasiten sofort, weil sie sich beim allabendlichen Zusammentreffen mit enthusiastischem Jauchzen maximaler Verlogenheit und hinterhältig-süßem Lächeln in die Arme fallen und sich genau zwei Mal gegenseitig busseln – links – rechts. Kaum hat man sich geküsst, beginnt die Konversation. Mit Sätzen wie: „guuut schaugst aus…“ oder „…i gfrei mi so, dassd a widder do bist…“ bewegen sich die Damen mit gebleachten Zähnen und Haifisch-Lächeln am äußersten Rande ihres intellektuellen Leistungsvermögens.

Erschöpft vom eigenen Anspruch wendet man sich dem ultimativen Detox-Drink zu. Im Hintergrund wechseln die „Haiti-Taities“ gefährliche Sätze: „Mein Goooott, hosst den Oarsch von Nastassia gseng? Need hischaung…! Glai plotzen die Näht vun dera Hosn…“
Nur gut, dass die meisten dieser Hühner unbewaffnet sind.

Anmerkung:

Vorstehender Beitrag von Claudio Michele Mancini wurde im Scharfblick am 5.4.2018 erstveröffentlicht.

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