Minus mal Minus ist gleich Plus – Mit dieser Zauberformel wird der MSV Duisburg durch FCR-Frauen wieder erstklassig

Zebra-Auge sei wachsam auch wenn in Duisburg Löwinnen ausgestorben sind. © Foto: Markus Schlosser

Extrem erleichtert

"Das ist die richtige und beste Entscheidung, darüber freue ich mich", frohlockte der Duisburger Cheftrainer Sven Kahlert. Der FCR, der aus der 1977 gegründeten Frauen-Abteilung des FC Rumeln-Kaldenhausen hervorgegangen war und seit 2001 als selbstständiger Frauen-Verein besteht, gehört mit der Deutschen Meisterschaft im Jahr 2000, drei DFB-Pokalsiegen (1998, 2009, 2010) sowie dem UEFA-Cup-Sieg vor vier Jahren zu den erfolgreichsten deutschen Frauenfußballvereinen aller Zeiten. "Der Insolvenzverwalter wird zum Jahresbeginn zum zuständigen Gericht gehen und Insolvenzantrag für die Hülle des FCR stellen. Wir dürfen unsere fünf Mannschaften zum MSV überführen, auch die Mitglieder sind dort schon eingetreten. Wir sind alle extrem erleichtert und dankbar", sagte gestern der überglückliche FCR-Pressesprecher Rainer Zimmermann dem Sportinformationsdienst (sid).

Zuviel oder zuwenig Kohle

Vielen von uns ist von Algebra nur eine wundersame Herleitung mathematischer Regeln in Erinnerung geblieben. Minus mal Minus ist gleich Plus. In Städten wie Duisburg ist das sowas wie ein Rettungsanker. Seit es in Duisburg keine Kohle mehr gibt, fehlt die Kohle. Weil in früherer Zeit kein Bischof eine Kathedrale oder andere Sehenswürdigkeiten wie jüngst in Limburg bauen liess, muss nun die Stadt die Zeche zahlen für den Niedergang der Zechen. Einst siedelten sich in der Stadt CallCenter von Banken wie die CityBank an, denen es obliegt, die Gesetze der unendlichen Geldvermehrung zu kennen. Aus der CityBank wurde während der internationalen Bankenkrise die TargoBank. Die betreiben mittels Telemarketing von Duisburg aus telefonische Kundenbetreuung. Virtuelle Kaufangebote für Kunden, die zuviel oder zu wenig Kohle besitzen.

Seit Monaten herumbasteln

Die Mitarbeiter blieben, nur der Name und Besitzer änderte sich. So was nennt man freundliche Übernahme im Wertesystem des Kapitalismus. Das ist wohl auch den Sportlern, ihren Vorständen sowie dem Insolvenzverwalter eingefallen: der Pleitegeniestreich einer Neufirmierung unter Rückbelassung einer leeren Hülle. Das gefiel wiederum dem DFB, die in der Frankfurter Otto-Fleck-Schneise schon seit Monaten an der Einführung eines geregelten Lizenzierungsverfahren für die Frauenfußball-Bundesliga herumbastelt. So wie in der großen Politik, wo der Merkel Adlatus Schäuble auf europäischer Ebene das Finanz- und Haftungsrisiko für eine mögliche erneute Bankenrettung im Sinne der Steuerzahler regeln möchte. Dort geht es um Milliarden. In Duisburg fehlten zum Schluss schlappe 120.000 Euro. Dafür kann man sich gerade im Frankfurter Westend gerade 30 m ² für ein 1-Zimmer-Appartement kaufen.

Rettung im Zeitlupentempo

Die neue Frauenabteilung im illiqiden, nach einem Zwangsabstieg verschuldeten Männerverein MSV Duisburg ist gegenüber dem pleiteträchtigen Frauenverein wohl bei den Geldvermehrern und Pleitiers der letzten Finanzkrise offensichtlich kreditwürdiger. Eine kuriose, aber schlaue Rettung im Zeitlupentempo war das in der Tat, was der Insolvenzverwalter inszenierte. Der FCR-Insolvenzverwalter kann auf jeden Fall weiterempfohlen werden. Schauen wir ein wenig zurück in die Historie. Nachdem der Frauenverein ausstehende Gehälter nicht zahlen konnte, stellte der FCR 01 Duisburg am 23. Januar 2013 satzungsgemäß einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Duisburg. Die Saison wurde auf Platz neun beendet. Im Laufe der Rückrunde wurden etwa 60.000 Euro durch einem vom Stadt-Panorama initiierten Spenden-Marathon und weitere 200.000 Euro durch ein quasi-kommunales Retter-Komitee für die Sicherung des Spielbetriebs zusammengetragen, sodass im Gegensatz zum glücklosen SC 07 Bad Neuenahr trickreich eine folgenreiche Insolvenz am 25. Juni 2013 umgangen werden konnte.

Kavaliersverhalten

Nach dem ersten Antrag liefen vermehrt Gespräche mit lokalen Vereinen über die Möglichkeit eines Zusammenschlusses, da ein fortwährender Spielbetrieb ab der Saison 2014/15 laut Insolvenzverwalter, nicht hätte gewährleistet werden können. Zur Option standen Zusammenschlüsse mit dem MSV Duisburg oder dem VfB Homberg. Zum Schluss favorisierten die Verantwortlichen ein Verschmelzen mit dem Ex-Zweitligisten und Männerverein MSV Duisburg. Die wirtschaftsliberale FAZ – die mit dem klugen Kopf hinter der Zeitung – lobte im Kommentar durch Daniel Meuren das Wunder der "Winterpausen-Bundesligawerdung" des ehemaligen Lizenzvereines MSV Duisburg. Meuren stellte fest, dass das sportliche Kunststück dem MSV Duisburg erst einmal ein Fußballverein nachmachen muss. Dabei vermutet und glossiert er ein nach bürgerlicher Tradition angewandtes Kavaliersverhalten alter Schule.

Gleich zwei Spielklassen

"Dem erst im Sommer nach einem Lizenzentzug aus der Zweiten Bundesliga in die Dritte Liga zwangsversetzten Klub (Red.: MSV Duisburg) ist das Kunststück gelungen, in der spielfreien Zeit der Winterpause aufzusteigen, um gleich zwei Spielklassen. Der krisengeschüttelte MSV darf sich nun wieder Fußball-Bundesligaverein nennen – wenn auch „nur“ bei den Frauen. Denn kurz vor Ende des Jahres haben die bislang im Fußball allein männlichen aktiven „Zebras“ die Frauen des noch stärker von Existenznöten geplagten, ja von Insolvenz bedrohten FCR 01 Duisburg aufgenommen. Der Frauenfußball-Uefa-Pokalsieger aus dem Jahr 2009 hätte ohne die Aufnahme beim MSV zum Jahreswechsel wohl den Rückzug aus der Bundesliga antreten müssen. Die Hilfe wirkt wie ein Kavaliersverhalten alter Schule."

Leere Hülle für das Amtsgericht

Die Maßnahme erinnert mit Verlaub eher an das Grimms Märchen vom Tapferen Schneiderlein mit dem Sieben auf einen Streich. Ein paar Kilometer Luftlinie von der FAZ Sportredaktion entfernt in der DFB-Zentrale im Frankfurter Stadtwald ließ es die sonst so redselig und kompetente Kommunikationsabteilung der Zentralverwaltung Frauenfussball nur einsilbig und wortkarg angehen. "Wir sind froh, dass mit dem Zulassungsübergang auf den MSV Duisburg auch zukünftig erstklassiger Frauenfußball in Duisburg gespielt werden kann", sagte demnach Heike Ullrich, die DFB-Abteilungsleiterin für Frauen- und Mädchenfußball. Fazit: Der ehemalige Lizenzverein MSV Duisburg ist überraschend auf "Sieben auf einen Winterstreich" wieder erstklassig geworden, die Löwinnen sind nur noch "Haut und Knochen", als Zebras werden sie wieder zum 1. Januar 2014 auferstehen. "Haut und Knochen" des Fußballclub Rumeln (FCR) 2001 Duisburg e.V. trägt der Insolvenzverwalter in einer leeren Hülle zum Amtsgericht Duisburg.

Erfolg und Verantwortung

Die finanzerstarkte Targobank Duisburg dagegen sucht zum Jahresanfang 2014 neue Telefonverkäufer – sie nennt sie Banker. Vom Standort Duisburg aus lässt es sich preiswert arbeiten. "Wir sind eine Tochter der französischen Genossenschaftsbank Crédit Mutuel, eine der finanzstärksten Bankengruppen in Europa. Gemeinsam bauen wir mit unseren 6.500 Mitarbeitern die Bank der Zukunft. Einfach, leistungsstark, zuverlässig und auf Augenhöhe. Mit einem klaren Versprechen an alle, die für uns und mit uns arbeiten: Erfolg und Verantwortung. Wollen Sie diese neue Bank mit uns gestalten? Dann bewerben Sie sich".
Es werden gesucht Mitarbeiter/ -innen für die  telefonische Kundenbetreuung – Telemarketing.

Bei uns können Sie erfolgreich sein – Ihre Aufgaben

"In unserem Dienstleistungszentrum in Duisburg betreuen Sie telefonisch Neu- und Bestandskunden. Bedarfsorientiert sprechen Sie Kunden aktiv an und vereinbaren Beratungstermine für unsere Geschäftsstellen und mobilen Kundenberater. Dabei sind Sie erster Ansprechpartner für alle Fragen zu unseren Kreditangeboten."
Wir meinen: Da müssten vielleicht auch 120.000 Euro drin sein für eine Geschäftsstelle der Frauenabteilung der Zebras. Eine ordentliche Corporate Social Responsibility (CSR)-Aktion, die eine unternehmerische Gesellschaftsverantwortung über einen freiwilligen Beitrag der Wirtschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung über die gesetzlichen Forderungen (Compliance) hinausgehen würde, hätten die Sportler für den Sport in Duisburg eigentlich mal verdient.

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