Milchiges Gelb bis trübes Hellgrün – Christopher Eckers geheimnisvoller neuer Roman schimmert als sprachlicher Edelstein

© Mitteldeutscher Verlag

Eine schlafende nackte Frau, ein Mann mit einer Metall-Hand, ein Hotelzimmer. Der Atlantik, die Kirche, der Kater. Christopher Eckers neuer Roman. Wir befinden uns scheinbar in der Bretagne, der Ich-Erzähler irrt mit uns durch eine verwirrende Umgebung. Zwischen schein-vertrauten Menschen umher.
Nach dem fulminanten Tausendseiter „Fahlmann“ (2012) nun die ganz kurze Form. Ich fasse mich auch kurz, den hier kann nur zu viel verraten werden. Es gibt keinen überflüssigen Satz, keinen selbstvergessenen Schlenker, hier ist ein konzentrierter Ver-Dichter am Werk, der in schönster literarischer Tradition Neues schafft. Man könnte die Worte surreal, mystisch, archaisch oder gar kubinesk bemühen. Aber vielleicht ist der Mann ohne Gedächtnis, der einen ominösen Schlitz in seinem Hotelzimmer hütet, auch nur in einem 123 Seiten langen Traum gefangen?

Einem Kind gleich stolpert der Held durch die Architektur dieses fremden Alptraumes. Häuser, Kirche, Hotel. Dorf, Meer und Meersaum. Zeichen, Stimmen, Symbole. Rausch und Hast. Eine Sprache, geschliffen wie ein Dolch aus tausendundeiner Nacht.

„Endlich erreichte ich einen Strand voller flacher, handtellergroßer Steine. Zum Meer hin wurden sie kleiner und mischten sich mit Muschelschalen, grünen oder weißlichen vom Atlantik stumpf und trübe geschliffenen Glasscherben, Schneckenhäusern mit abgebrochenen Turmspitzen und Perlmuttscheiben jeglicher Form und Größe, die so glatt aussahen, dass man sie einfach in den Mund nehmen musste: Sie schmeckten salzig und warm.“

Überlassen Sie sich dem Verwirrspiel eines großen Autors, tragen Sie den liebevoll gestalteten kleinen Roman mit nachtblauem Leinenrücken und ausfransendem Pappdeckel diesen Sommer mit an Ihr Lieblingsmeer!

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Christopher Ecker, Die letzte Kränkung, Roman, 123 S., Mitteldeutscher Verlag, ISBN 978-3954622405, Februar 2014, 14,95 €

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