Meister BR Volleys will Kader verbessern und verjüngen – muss aber mit Abgängen von Leistungsträgern rechnen

Die Probleme beim alten und neuen Deutschen Volleyball-Meister Berlin Recycling Volleys sind allerdings anderer Natur als beim Überraschungs-Titelträger Ingolstadt. Da flog das Meisterkollektiv im Eishockey auseinander – Trainer weg, Leistungsträger weg!

Mark Lebedew bleibt den BR Volleys als Cheftrainer erhalten. Und fünf Leistungsträger von 13 Akteuren, so verkündete es Niroomand am Sonntag bei der öffentlichen Meisterfeier mit den Fans in der Schmeling-Halle, bleiben auf jeden Fall. Wo also ist das Problem?

„Wir wollen neue Reize setzen, neue Hierarchien aufbauen. Und wir wollen uns verbessern – beispielsweise in der Champions League weiter als in die Runde der besten 12 Teams kommen“, sagt der Vordenker.

Einige Herren seien nicht jünger geworden – stimmt, denn sieben sind 30 oder älter. Ein Plus an Erfahrung beispielsweise in der Stammformation gegenüber dem in der Playoff-Finalrunde besiegten Rekordmeister VfB Friedrichshafen. Aber teilweise ein Nachteil im athletischen Bereich.

Niroomand tut sich aber verständlicherweise schwer, verdienstvollen älteren Akteuren wie dem Serben Aleksandar Spirovski (35) oder dem Kroaten Roko Sikiric (32) keine Vertragsverlängerung zu offerieren.

Sie sind vorbildliche Teamplayer mit vollem Einsatz, wenn sie gebraucht werden. Und Teil der mannschaftlichen Geschlossenheit, „unserer Volleyball-Familie hier bei den BR Volleys“, wie Niroomand betont.

Die jungen Eigengewächse Ruben Schott und Florian Hecht, auch sie im Status als Wechselspieler, müssen sich nach einem Verein umsehen, wo sie mehr Spielpraxis und Einsatzzeiten erhalten als im international besetzten Ensemble der Hauptstädter.

In deren Gala-Formation droht der ungewollte Verlust von zwei herausragenden Protagonisten. Der Serbe Srecko Lisinac (22), bester Mittelblocker der EM im Vorjahr, mit starken Auftritten in der Champions League und Welt-Liga, war  vom polnischen Klub Czestochowa für ein Jahr ausgeliehen worden. Weil man dort drei andere Ausländer – nur so viel dürfen im Nachbarland in der ersten Liga eingesetzt werden – für wichtiger erachtete. Lisinac hat aber da noch einen gültigen Vertrag und seinen (Markt-)Wert enorm gesteigert. Niroomand: „Wir werden alles versuchen, um diesen Rohdiamanten zu halten.“

Doch die finanziellen Möglichkeiten in der Bundesliga sind deutlich geringer als in Polen oder Russland.

BR-Spielmacher Kawika Shoji ist mit seinen Leistungen in der Champions League und neuerdings mit der US-Nationalmannschaft (zusammen mit seinem Bruder/Libero) ebenfalls in den Fokus der stärksten Ligen gerückt. Der US-Hawaianer fühlt sich sehr wohl in der BR-Familie, spricht mittlerweile gut Deutsch. Doch in den erwähnten Ländern – auch in der Türkei, Italien, Frankreich – werden höhere Gehälter gezahlt. Denise Hanke, nun in Istanbul, Zuspielerin einst beim Schweriner SC und nach wie vor in der Nationalmannschaft, verriet einmal, dass sie in der Türkei etwa das Vierfache erhält. Freilich mit dem Risiko, dass da auch mal die Überweisung ausbleibt”¦

In Berlin zeichnet sich ab, dass die Erfolgsserie die Sponsorbereitschaft beflügelt und man den bisherigen Etat von ca. 1,6 Millionen aufstocken kann. Insofern ist Niroomand optimistisch, dass neben der Attraktivität der deutschen Hauptstadt, die Arena mit dem höchsten Zuschauerbesuch in Europa und entsprechender Fanbegeisterung auch der finanzielle Aspekt ausreichend sein wird, um Topspieler halten oder neue dazu holen zu können.

Kapitän Scott Touzinsky, Olympiasieger mit dem US-Team 2008, 32, hat nach seiner besten Saison bisher im Trikot der Volleys, seinen Vertrag verlängert und damit ein Signal für Berlin gesetzt.

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