Meine 131 km beim Nove Colli-Radrennmarathon 2011

Marialuisa Toma am Strand von Cesenatico. © Eva-Maria Koch

Ich sehe haufenweise Radfahrer vorbeifahren, die auf ihren Startplätzen Aufstellung nehmen. Michele Mannarella wünscht mir Glück, während ein etwas prosaischerer Tommaso Barbaro in aller Ruhe sein Frühstück beendet.

Um 5.30 Uhr gesell ich mich mit meinem getreuen Fahrrad zu meiner Gruppe und dann brechen auch wir auf. Es wird gescherzt, um die Anspannung zu lösen und dann trennen wir uns in Richtung auf die diversen Startplätze und Wartezonen und sehen diesem Amateur-Rennen entgegen.

Über uns drehen Helikopter ihre Runden, die Nationalhymne erklingt und um 6 Uhr geht es los. Ein Strom an Pedalierenden wälzt sich die Peripherie von Cesenatico entlang und durch die angrenzenden Dörfer, alle geeint durch die Leidenschaft für den Drahtesel.

Schon bald beginnt die Steigung, die Landschaft ist atemberaubend und  die Schatten der Bäume werden bald zum willkommenen Schutz vor der steigenden Hitze. Ich freue mich über die Mischung von Frauen unterschiedlicher Nationalitäten an meiner Seite, Belgierinnen, Deutsche, Engländerinnen – unter ihnen eine 86-Jährige mit sonnenverbrannter Haut, die diesen Abschnitt mit Biss und voll Vitalität angeht. „Signora, ich bin seit 40 Jahren dabei!“ erklärt sie mir.

Dann ist da nur noch Schweiß und Anstrengung und ich denke an  meine Kollegen in diesem Abenteuer und an ihre Ratschläge, die mir dabei helfen sollen, diese 131 km zu überwinden.

Über die Kraft und den Willen der älteren Teilnehmer muss ich wirklich staunen – einen seh ich keuchend am Straßenrand, was mir schon ein wenig Sorgen macht. In der Steigung überhole ich zwei Radfahrer und der jüngere der beiden ruft mir nach: „Fröllein, wie denn, se überholn uns? Fröllein, des iss ja frustrierend!”, und ein anderer meint lachend: “Die hätt` ich mit 50/12 geschafft”.

Dann kommt der Hügel Ciola, der – verdammt nochmal – nicht enden will. Es wird schon bald eine Sache zwischen ihm und mir. Ich sag mir „zum Teufel mit dieser Steigung“ – vor lauter in den gefährlichen Abfahrten die Bremsen drücken tun mir die Hände weh.

Jetzt kommt der Barbotto-Hügel – auf dem letzten Abschnitt ist es wirklich hart. Sogar zu Fuß rutschen die Absätze auf dem Asphalt. Ich schütte mir Wasser über den Kopf.

Es geht immer noch runter und rauf bis an die mindestens 20 km. An dieser Stelle breche ich völlig unerwartet in Tränen aus und ich denke: „Vielleicht schaff ich es. Los, Marialuisa, Du schaffst es. Weiter!“ Gebetsmühlenartig wiederhole ich mir das bis fast ans Ziel.

Die letzten fünf Kilometer scheinen niemals zu enden und als ich in Richtung Strand einbiege, sehe ich die Zielstangen und kann es nicht glauben: Trotz allem bin ich da, bin angekommen, angekommen! Mir kommen nochmals die Tränen vor lauter unsäglichem Glück. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so intensive, starke und aufbauende Emotionen haben würde.

Der Applaus, die Ansage des Srechers, die Medaille, die Blumen – das alles ist wirklich wundervoll.

Ich danke euch allen.

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