„Mein schönes Fräulein, darf ich wagen, meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen? …. Faust von Charles Gounod in der Staatsoper Berlin im Schiller Theater

© Foto: Monika Rittershaus
Faust greift zu und der verjüngte Faust, ergreifend gesungen von Artjom Korotkov, fängt eine Liebesgeschichte mit dem naiven Gretchen an – in ihrem Kinderzimmer, ebenfalls in einer Art Hexenhäuschen, wie ein Karton auf der Bühne aufgebaut, innen bemalt mit Kinderzeichnungen, um ihre Naivität noch einmal zu betonen. Ein rot, grün oder silbern illuminierter, reflektierender Hintergrund – zwecks Darstellung des Besuchs Fausts einer Kurtisanenrunde mit einem heruntergelassenen, gerafften Vorhang versehen – unterstreicht das absurde Geschehen. Die Kostüme der Menschenmenge auf dem Markt sind zeitgenössisch – unterstrichen durch das Tragen von edlen Einkaufstaschen, mit denen sie hektisch hin und her gehen. Eine Darstellerin als Barbie-Puppe goutiert das Publikum mit erheitertem, wohltuenden Gelächter, zu bedrückend ist die Handlung. Die Barbie-Puppe symbolisiert die Einstellung der Frauenverachtung, die Satan Faust einimpft und tritt in einer Menge auf, während Faust Marguerite zum ersten Mal begegnet.

Das Ganze endet bekanntermaßen böse: Faust verlässt Gretchen, sie tötet ihm Wahn ihr Neugeborenes (und läuft fortan auf der Bühne in weißem Büßernachthemd voller Blut und nackten Füßen herum) und soll hingerichtet werden. Auch ihren Bruder, Soldat Valentin,  hat sie auf dem Gewissen, der von Faust ermordet wurde.  Der sie liebende Faust, voller Reue, versucht, sie zu retten. Sie jedoch will ihre Schuld sühnen und stirbt.

René Pape, der die Rolle des Dr. Faust eigentlich singen sollte, musste sich einer Zahnoperation unterziehen. Larissa Krokhina kam von Weimar, um die erkrankte Marina Poplavskaya zu ersetzen. Sie sang die Rolle der Marguerite ergreifend gut mit Gänsehautfeeling. Auch die Arie des Dr. Faust rührt zu Tränen sowie das Liebesduett Marguerites und Dr. Fausts. Dirigent Leo Hussain lässt meisterlich mit die Staatskapelle Berlin die Komposition der Oper Faust von Charles Gounod mit u.a. seiner Marschmusik und Geigen erklingen und die Dramatik der Handlung verstärken.
Die Faust-Inszenierung der Staatoper Berlin von 2009 hat das Regie-Team 2011 für das Nationaltheater Weimar grundlegend überarbeitet. Die heutige Aufführung zeigt die Weimarer Weiterentwicklung der Inszenierung.
Alles in allem eine gelungene Aufführung, die Ergriffenheit und Begeisterung beim Publikum auslöste.

Oper in 4 Akten, in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln, nach Johann Wolfgang von Goethe, weitere Aufführungen: 29.11.14 sowie 4. und 6. Dezember 2014.

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