Manhattan – deine Parks – Serie: Eindrücke aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (Teil 6/6)

Manhattan ist in die Höhe gebaut. Die Skyline mit seiner Garde von Wolkenkratzern steht für Reichtum und Macht. Die Wallstreet ist mit Finanz- und Börsentürmen bestückt, durch die sich schmale enge Straßen schlängeln. Auf dem Ground Zero, dem Gelände, wo die beiden 415 Meter hohen Zwillingstürme des World Trade Center standen, wachsen derzeit neue Wolkenkratzer mit noch mehr Stockwerken. Das neue One World Trade Center soll einmal die Höhe von 541 Meter erreichen.

Zu den vielen Markenzeichen dieser einzigartigen Weltstadt kam in den letzten Jahren ein weiteres dazu. An dem Ort, wo nicht nur Häuser, sondern auch Quadratmeterpreise in die Höhe schießen, wird es immer grüner. Der traditionelle sich gewaltig ausstreckende Central Park hat mittlerweile in Manhattan interessante kleine Parknachbarn erhalten. 

Der Park auf der Bahntrasse

An Attraktionen ist New York nicht gerade arm. Doch jetzt gibt es für die Touristen wie auch für seine Bewohner gleichermaßen einen weiteren Anziehungspunkt. Er nennt sich High Line und ist ein im Jahr 2009 eröffneter Park auf einer stillgelegten Hochbahntrasse. Seit Anfang der 30 er Jahre wurden auf dieser Bahnlinie vom Meatpacking District, dem Schlachterviertel, einen Gewerbegebiet im Westen New Yorks, Waren in die Fabriken der Stadt geliefert. Etwa neun Meter über dem Boden, auf kompakten Eisenbahnträgern und -brücken, legte die Bahn einen 2,3 Kilometer langen Rundkurs durch die äußere Westside zurück. Nach der endgültigen Einstellung des Betriebes im Jahr 1980 stemmten sich die New Yorker 20 Jahre lang gegen den von der Immobilienlobby geplanten totalen Abriss. Schließlich setzten sich die Anwohner mit ihrer Idee durch, auf dem Fahrweg der Trasse einen modernen Park anzulegen. Landschaftsarchitekten nahmen sich dem Schienenstrang auf Stelzen an und fügten teilweise die alten Gleise originell in ihre Konzepte ein.

Belohnt werden nun alle Besucher mit einer wunderbaren begehbaren kleinen Oase, einem Korridor oberhalb der Straßen, der Sichten auf alte Industriegebäude von Manhattan, den quirligen Autoverkehr und auf den Hudson-River eröffnet. Beeindruckend ist von erhöhtem Parkweg der Blick auf die überall hoch gewachsenen Türme von Manhattan. Und dann gibt es tatsächlich eine Stelle, bei der man nicht nur den Hudson-River erblickt, sondern die Freiheitsstatue.

Ein breiter asphaltierter Pfad schlängelt sich durch Blumenrabatten, Sträucher und kleine Bäume. Dazu wurden vorrangig Pflanzenarten ausgewählt, die schon von der stillgelegten Strecke Besitz ergriffen hatten. Überall entstanden Ruhepunkte mit Bänken aus Holz und Stein. Es gibt auf der gesamten Strecke über Treppen Zugänge und sogar an zwei Stellen Aufzüge für Rollstuhlfahrer. Der Park hat von 7 Uhr früh bis 23 Uhr geöffnet und schließt dann über Nacht.

Die Touristen haben diesen Park in Besitz genommen. Alle zehn Meter steht jemand mit einer Kamera. Für die Anwohner zumindest an manchen Tagen sicher kein Erholungsraum. Insgesamt sind 152 Millionen Dollar in das Projekt geflossen, davon wurde mehr als die Hälfte der Summe aus Spenden zusammen getragen. In den nächsten Jahren soll noch ein weiterer Abschnitt die High Line verlängern.

Der Washington Park aus dem 19. Jahrhundert

Bei einem Spaziergang durch Greenwich Village, vorbei an ruhigen und schattigen Wohngegenden des historischen Viertels von West Village, erreicht man die Christoper Street und kommt zum Stonewall Place. Hier im Stonewall Inn, geschmückt mit einer riesengroßen bunten Fahne, direkt an der Christopher Street, soll im Sommer 1969 die Schwulenbewegung ihren Anfang genommen haben. Gegenüber in einem kleinen Parkstreifen steht eine Figurengruppe, die zwei homosexuelle Paare darstellt.

Nicht weit entfernt erreicht man den schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts angelegten Washington Square Park. Hier sprudelt ein Springbrunnen, ausgedehnte Blumenrabatten, Grünflächen mit viel Leben und trotz der Touristen kein Trubel und keine Hektik. Überall sind Bänke aufgestellt und jeder, der will, kann sitzen. Unter dem Washington Arch an einer Ecke des Platzes ist ein Klavier aufgestellt, auf dem ein junger Mann Schubert spielt. Zwei Ecken weiter am Platze hört man aus der Ferne einen Saxophonspieler mit einem Blues. Die Sonne scheint zwischen den Wolken hindurch – eine gelassene Stimmung Sonnabend vormittags in New York.

Parkweg an den Piers des Hudson River

Auf dem Weg in Richtung Hudson stellt man überrascht fest, dass am Ufer ein Park eingerichtet wurde. Informationstafeln und Flyer informieren darüber, das der Hudson River Park der größte der rund 1700 Parks in New York ist, der seit der Fertigstellung des riesigen Centralparks gebaut wurde. Er erstreckt sich auf einer Länge von fünf Meilen von der 59. Straße bis zum Battery Park an der Spitze der Insel von Manhattan. Im Jahr 2000 begann die Errichtung des Parks mit der Rekonstruktion von 12 Piers. Vergleichbar mit der High Line werden die Kosten komplett durch private Quellen getragen.

Am Uferbereich entlang, nur unterbrochen durch ausgebaute Piers, führt ein breiter asphaltierter Weg für Fußgänger, Jogger und für Fahrradfahrer. Immer wieder sind größere Flächen mit Rasen angelegt, auf denen sich die New Yorker sonnen und erschöpfte Touristen ausruhen. Blumenbeete, Sträucher und Bäume säumen den Weg.

Am Pier 40 steht ein großer Betonkasten, in dem ein Sportstadion mit Spielfeldern für Soccer, Baseball, Rugby und Football untergebracht sind sowie jede Menge Parkplätze. Am Rand davon hat sich das Village Community Boathouse, ein Kanu-Bootshaus etabliert. Hier kann jedermann auch kostenlos im Boot herumpaddeln und vom Wasser aus in der Ferne die Freiheitsstatue betrachten. Nahe dem Pier 40 gibt es ein hoch eingezäuntes Areal, in dem sich Hunde austoben können, den Hundespielplatz. Die Hundebesitzer haben auf Bänken in der Umzäunung Platz genommen und sehen zu, wie ihre Lieblinge mit ihren Artgenossen herum jagen. Weiter Richtung Battery Park liegt Pier 25 mit Plätzen für Beach Volleyball, Minigolf und einer Skater-Anlage. Von Hudson River Park kann man auch hinüber schauen zu dem Beginn von High Line Park, sozusagen der Übergang ins nächste Grün. www.hudsonriverpark.org

Der grüne Teppich von Mahattan

Die riesige Grünfläche ist faszinierend, wenn man auf die Plattform des Rockefeller Center klettert und auf Manhattan hinunterschaut. Hier vom „Top of the Rock“ sieht man auf den Central Park herunter, auf einen vier Kilometer langen und 800 Meter breiten dichten grünen Teppich. Es ist einfach beeindruckend.

An der Südseite des Parks dreht sich seit annähernd 150 Jahren ein Karussel mit dutzenden bunt bemalten Holzpferden. Vorbei an der sheep Meadow erreichen wir die Strawberry Fields, ein kleiner Bereich im Central Park, den die Frau von John Lennon, Joko Ono, gestaltet hat. In seiner Mitte befindet sich ein von Joko Ono aus weißen und schwarzen Steinchen gestaltetes Mosaik. Das Künstlerehepaar wohnte hier am Central Park Ecke 72. Straße im Dakota Apartmenthaus. Auf der Eingangstreppe des Hauses wurde im Jahr 1980 John Lennon ermordet.

Ein Bummel durch den Central Park belegt nach kurzer Zeit, warum er eine solch große Ausstrahlung auf seine Besucher ausübt. Der Park präsentiert sich auf den ersten Blick nicht wie ein durch Menschenhand geordneter herkömmlicher Park. Er wirkt eher naturwüchsig, mit einer Vielfalt an Bäumen in dichtem Wald, zwei großen Seen und Brücken und im Kontrast dazu Anlagen mit einer großen Zahl gepflegter Wege mit einer Reihe von Bänken.

Ein Beispiel ist der zweitgrößte See des Parks, der schlicht den Namen „The Lake“ trägt mit unzähligen kleinen Buchten, einem dicht mit Bäumen bewachsenen Uferstreifen, der immer wieder Windungen bereit hält. An seiner schmalsten Stelle wird er durch die romantische Bow Bridge überquert. Pärchen in ausgeliehenen Booten rudern bedächtig über den See.

Der Central Park ist umzingelt von Luxushotels und -Apartments, beginnend im Südosten mit dem berühmten Plaza-Hotel bis zu den Apartments neben dem Time Warner Center im Westen. Nicht selten begegnet man im Park edlen Hunderassen, die an der Leine ausgeführt werden und in den Luxusbehausungen ihre Quartiere haben. An diesem Sonntag müssen die Luxushunde an die kurze Leine. Denn der Sport hat den Park vereinnahmt und überall sind Läufer mit Startnummern unterwegs.

Ohne Frauen keine Eroberungen

Das Kontrastprogramm zu den Parks in Manhattan läuft täglich auf dem Time Square ab. Schon am frühen Vormittag bis weit nach Mitternacht schieben sich hier abertausende Touristen über den Platz, Menschen über Menschen. Hier und auf dem vorbei führenden Broadway sind hunderte Stühle und Tische für Passanten aufgestellt, die immer gut besetzt sind – eine tolle Idee. Nur einige hundert Meter entfernt von diesen touristischen Trampelpfaden hat man dann bei einem Kurztrip wieder die Chance, etwas von dem überall beschworenen Kreativen und Originellen von Manhattan zu entdecken.

Das ist beispielsweise möglich in der wunderbaren Bierkneipe der New Yorker Brauerei Heartland Brewery in der 8th Ave. 41st ST, die sich erst im Jahr 1995 nahe vom TimeSquare etabliert hat. Hier laufen aus dem Bierhahn ein Dutzend selbst gebraute Sorten der Region wie Indiana Pale und Red Rooster Ale oder Cornhasker Lager, die wirklich schmecken. An den Wänden der Kneipe stehen einige Trinksprüche. Besonders herzig ist folgender: – „Give me a woman, who loves beer and I will conquer the world“ Kaiser Wilhelm – Da haben wir aber alle Glück gehabt, dass die meisten Ladies auf der Welt lieber Cocktails trinken.

Forrest Gump ist zurückgekehrt

Manchmal fühlt man sein Leben wie in einem ablaufenden Spielfilm. Beispielsweise wenn der Name Babba Gump Shrimp Co. über einem Fisch- und Meeresfrüchterestaurant hell aufleuchtet. Das ist doch die Firma, die im weltberühmten Film „Forrest Gump“ gegründet wurde. Gibt es sie wirklich? Natürlich nicht, aber seit 1996 eine Restaurantkette, die der Filmfigur und dem „Weltbürger“ Forrest Gump gewidmet ist. Sie hat auch jetzt einen Ableger in der ersten Etage an einer Ecke des Time Square. Hier gibt es Shrimps ohne Ende und sehr viele liebevolle Erinnerungen an den Film. Eindrucksvoll steht die Sitzbank im Restaurant, auf der die bekannten Requisiten, der kleine Koffer und eine Konfektschachtel liegen. Und darüber der Spruch „Meine Mutter sagt immer: Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen – man weiß nie, was man bekommt.“

Da kann man nur mit einem Satz aus dem deutschen Kultfilm von Andreas Dresen „Sommer vorm Balkon“ antworten: „ So ist das Leben – aber wirklich.“

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