Knutschen bis das Kamel kommt – Kritik zur Nicole-Kidman-Karawane im Wüsten-Epos „Queen of the Dessert“ von Werner Herzog

© Berlinale, QOTD Film Investment Ltd.

Einmal die Tatsache, dass es Herzogs erster Spielfilm nach Jahren ist, vor allem aber weil er mit großem Hollywood Staraufgebot aufwartete. Das Hauptaugenmerk der Fotografen, Journalisten, Zuschauer und Autogrammjäger richtete sich neben James Franco und Homeland Darsteller Damian Lewis vor allem auf seine Hauptdarstellerin Nicole Kidman.

Nicole Kidman ist Herzogs  Hauptprotagonistin Gertrude Bell, jene Gelehrten und Schriftstellerin die zur Zeit des ersten Weltkrieges den Nahen Osten und die arabischen Beduinenstämme bereist und nach dem Krieg an der politischen Neuordnung Arabiens maßgeblich beteiligt war. Sie gilt als weiblicher Lawrence von Arabien. So ist es dann auch kein Zufall dass dieser in einem Nebenpart auftritt, hier gespielt von Robert Pattinson. Herzogs Film ist in erster Linie ein Biobic der ganz auf seine Hauptdarstellerin Nicole Kidman zugeschnitten ist. Diese tritt bis auf die Eröffnungsszene, denn auch in jeder Szene des Films auf und ist das tragende Element des Films. Der Film startet mit Gertrude Bells Aufenthalt in Teheran, wo sie sich in den Diplomaten Henry Cadogan (James Franco) verliebt. Der Film ist hier hauptsächlich durch die Liebesbeziehung der beiden bestimmt. Diese endet tragisch – Gertrudes Vater verweigert die Hochzeit und Cadogan begeht Selbstmord. Durch diese unerfüllte Liebe gezeichnet verschreibt sich Gertrude ihren Forschungsreisen durch den Nahen Osten und somit auch den Wüstenlandschaften und ihrer damit verbundenen Erkundung der arabischen Beduinenstämme. Ihr Wissen und ihre geographischen und kulturellen Kenntnisse des arabischen Raumes machen sie mit Beginn des ersten Weltkriegs zu einer wertvollen Mitarbeiterin für die Briten und der von den Briten angestrebten politischen Neuordnung Arabiens nach dem Krieg.

© Berlinale, QOTD Film Investment Ltd.Während zu Anfang die Liebesgeschichte zwischen Nicole Kidman und James Franco den Handlungsstrang bestimmt, fokussiert sich der Film dann ganz auf Gertrude Bells Wüstenreisen und ihren Begegnungen mit den Beduinenstämmen, ihren Konflikten mit den britischen Behörden und ihrer aufkommenden Zuneigung zu dem britischen Offizier und Vizekonsul Charles Doughty-Wylie (Damian Lewis). Die Liebesgeschichte zu Beginn weiß nicht wirklich zu überzeugen. Sie ist zu klischeehaft inszeniert und James Franco wirkt als Gerdrude Bells ewige Liebe unglaubwürdig. Er wirkt gegenüber Nicole Kidman zu jugendlich. Interessant wird es erst, wenn Gerdrud Bells Wüstenabenteuer beginnt und hier die politischen und kulturellen Begebenheiten und Auseinandersetzungen den Film mitbestimmen. Es sind ebenso die schönen Bilder der Wüstenlandschaft und Gertrude Bells Odyssee durch Arabien und ihre ersten Aufeinandertreffen mit den Beduinenstämmen, wo Spannung  entsteht und für den Zuschauer die Person Gerdrude Bell an Profil gewinnt . Zumal ab hier mit dem von Damien Lewis verkörperten Vizekonsul Charles Doughty-Wylie eine echter Gegenpart auftritt, dem man seine Figur und seine dann aufflammende Liebe zu ihr abkauft. Im großen Ganzen ist der Film schön anzuschauen und findet in der Hollywoodschönheit Nicole Kidman eine strahlende Figur die den Film zwar sehenswert macht, aber zugleich ein tiefe in der Charakterentwicklung vermissen lässt. Ursprünglich war Naomi Watts für die Rolle der Gerdrude Bell vorgesehen, letztlich erhielt Nicole Kidman den Part. Naomi Watts wäre vielleicht nicht die Gratiale Schönheit  gewesen wie Nicole Kidman, die sich wunderbar zu den schönen Wüstenbildern ergänzt. Sie hatte dem Charakter der Gertrude Bell aber mehr Komplexität und weiter Nuancen in Ihrer Darstellung hinzufügen können.

Ein Bezug zum Eröffnungsfilm Nadie quiere la noche (Nobody wants the night) ist angebracht. In beiden Filmen bewegen sich starke Frauenfiguren von Ehrgeiz und Mut angetrieben durch die Natur, einmal im Eis und hier in der Wüste. Beide müssen sich am Ende gegen widrige Umstände durchsetzen. Und in beiden Filmen sind es die Hauptdarstellerinnen die diesen Film maßgeblich tragen. Queen oft he Desert ist ein handwerklich gelungener Film, der in der zweiten Hälfte erst an Fahrt aufnimmt, und mit durchaus interessanten und spannenden Momenten aufwartet, sich letztlich aber nur an der Oberfläche bewegt.

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Originaltitel: Queen oft he Desert
Land: USA
Jahr: 2014
Regie: Werner Herzog
Buch: Werner Herzog
Darsteller: Nicole Kidman (Gertrude Bell), Damian Lewis (Charles D.-Wylie), James Franco (Henry Cadogan), Robert Pattinson (Oberst Lawrence)
Dauer: 125 Minuten
Kamera: Peter Zeitlinger
Schnitt: Joe Bini
Musik: Klaus Badelt

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