Kinder glotzen und bewerten tolle Filme – Das 32. Internationale Kinderfilmfestival geht in Frankfurt heute los: LUCAS 2009

Tatsächlich ist in unserer heutigen Gesellschaft ein Leben und Lernen ohne zeitgemäße Mediennutzung kaum noch vorstellbar. Oft statt – oder hoffentlich nur neben! – Bilderbüchern stapeln sich heute im Kinderzimmer PC Spiele, DVDs, I-Pods, Handy und so weiter. Viele Minderjährige lernen nie den altersgerechten Umgang mit den neuen Medien. Zwar wissen sie schnell technisch bescheid, in der Regel viel schneller als die Erwachsenen, aber sie haben keinen, der mit ihnen Kriterien erarbeitet, der ihr Vergnügen oder ihr Gelangweiltsein oder ihren Ärger ihnen selbst erklärt. Einen Grundstein für die Vermittlung solcher Medienkompetenz bietet Lucas – das bundesweit älteste Kinderfilmfestival – nun bis zum 13. September allen kleinen Besuchern und Besucherinnen, wobei man als Marge das ’Kinderalter` von vier bis zwölf Jahren definiert.

Heute ist mit dem französischen Eröffnungsfilm „Die Kinder von Timpelbach“ der Startschuss zu dem 32. Internationalem Kinderfilmfestival gefallen. Eine Woche lang wird im Filmmuseum um 9, 11, 14, 16, 18 und 20.30 Uhr und im Cinestar Metropolis um 9.30, 11.30 und 14.30 Uhr vor allem Kindern – aber auch Erwachsenen haben Zutritt! – ein breitgefächertes Repertoire an Filmen mit anspruchsvollen und aktuellen Themen geboten. Sie behandeln die Lebenswelt der Kinder und sprechen beispielsweise Themen wie körperliche Behinderung, Armut und Kriminalität an. Es geht um Wettbewerb in den beiden Kategorien Langfilm und Kurzfilm mit der Sonderreihe der Animationsfilme. Die Kurzfilme sind nach Altersempfehlung in 4 Stufen aufgeteilt. Insgesamt sind 16 Kurzfilme und 10 Langfilme zu sehen, die größtenteils noch nie im Kino gezeigt wurden. Nach jedem Geschmack ist etwas dabei: ob es eine Komödie, ein Liebesfilm, ein Krimi oder sogar lieber ein Abenteuerfilm sein soll?

Lernt „Babak“, den körperlich behinderten Jungen kennen, der deswegen seinem Bruder peinlich ist und von seiner Familie isoliert leben soll. Taucht mit „Carlitos Grosser Traum“ ab in die Welt eines Waisenhauses, oder reist nach „Timpelbach“ in eine Stadt, in der es keine Erwachsenen mehr gibt. Vielleicht hat der 5-jährige „Marrison“ sich so eine Stadt gewünscht, als seine Mutter plötzlich schwanger wird und zu Hause kein Platz mehr für ihn zu sein scheint. Genauso befremdlich wie eine Stadt ohne Erwachsene ist für viele sicherlich eine unbekannte Kultur. „Sonnenblumenkerne“ erzählt die Geschichte von Bao und Liang Zi, zwei Kinder aus einem kleinen Dorf in China und führt Kinder so in eine fremde Welt ein.

Die Sonderreihe der Animationsfilme soll nicht nur Kindern sondern auch begeisterte Computerfans anlocken. Da dürfen natürlich die bekannten Klassiker wie King Kong aus dem Jahr 1933, „Findet Nemo“ von 2003 und „Monsters“ aus dem Jahr 2001 nicht fehlen, aber auch nicht ein Film wie „Waltz with Bashir“ von 2008, der am Freitag um 20.30 aufgeführt wird und ab 12 Jahre zugelassen ist. Film und gleichnamiger Comic sind im Weltexpress besprochen wurde.

Die Filme stammen aus verschiedenen Ländern, oft werden sie in Originalsprache gezeigt, ein Dolmetscher steht den Kindern zur Verfügung. Auch Regisseure aus Nordamerika, Afrika und Asien kommen extra nach Frankfurt um nach den Vorstellungen mit den Zuschauern zu sprechen, um Kritik und Lob zu erhalten. Die Filme werden anschließend von einer 10-köpfigen Jury bewertet, 5 davon sind Kinder. Insgesamt werden 4 Preise vergeben, u.a. 7500 Euro für den besten Langfilm und 3000 Euro für den besten Kurzfilm. Die Filme, ihre Aufführungszeiten, Inhalte und Schauspieler findet man in einem kleinen Begleitheft, das kostenlos im Filmmuseum ausliegt.

Für die Kinderjury kann man sich bewerben und klar ist, daß Schule in dieser Woche flach fällt, denn hier lernt man fürs Leben und hat sehr viel mehr Arbeit, mehr Verantwortung, aber auch sicher mehr Spaß als in der Schule. Wir haben Katrin S. gefragt, weshalb sie nicht in der Jury sitzt, wo sie doch in jeden Kinderfilm rennt und Kino so viel toller als Pantoffelkino – so redet sie wirklich – findet oder gar einen Film am Computer zu sehen. Obwohl das Filmmuseum die Kinder breit anspricht, wissen immer noch nicht alle, daß man mitmachen kann und die beste Methode ist eben, in diese für das Festival ausgesuchten Filme zu gehen und die Arbeit der Jury dann mitzukontrollieren. Auf der Erwachsenenseite bestimmten Regisseur Hayo Freitag, Drehbuchautorin Katharina Reschke, KI.KA-Moderator Alex Huth und Bettina Buchler von der Filmbewertungsstelle und Maren Wuster, Vision Kino mit.

Im Lucas Aktiv Bereich, der letztes Jahr kreiert wurde, werden die Kinder dann zu Nachwuchsregisseuren. Sie können dort selbst kurze Trickfilme animieren oder Rollkinos basteln. Das selbstgestaltete Daumenkino nimmt man dann natürlich mit nach Hause. Außerdem gibt es dort bei einem Film-Quiz tolle Preise zu gewinnen und KI.KA Moderator Juri Tetzlaff wird auch zu Gast sein. Über die Festivalwoche hinaus bietet Lucas Fortbildungen für Lehrkräfte an und vermittelt Methoden um das Medium Film nachhaltig in den Unterricht einzubinden.

Auch Studenten und Interessierte sind herzlich eingeladen sich bei den Fachveranstaltungen zu informieren, beispielsweise über den komplexen Entstehungsprozess computeranimierter Produktionen (Mittwoch, 9.09 10-13.30Uhr) oder die aktuelle Entwicklung des Animationsfilms. Die Seminare werden in englischer Sprache abgehalten und für die Teilnahme ist eine Festival-Akkreditierung notwendig. Am Freitag, 11. September wird Paul Maar, der berühmte Kinderbuchautor, um 14.30 Uhr eine Lesung abhalten.

Das deutsche Filmmuseum und somit auch das Kino werden ab Ende des Jahres zur Vergrößerung der Ausstellungsflächen umgebaut und sind deshalb bis Frühjahr 2011 geschlossen. Das Kino wird anderen Ortes bis zum Rückzug weitergeführt.

* * *

Das Festival geht bis zum 13. September 2009

Weitere Informationen sowie den kompletten Spielplan erhalten sie unter www.lucasfilmfestival.de sowie unter der Telefonnummer: 069 / 961 220 675

Vorheriger Artikel3D ohne Sehhilfe und virtuelles Pingpong – Das Fraunhofer-Institut auf der IFA
Nächster ArtikelKunstschauen will gelernt sein – „Leichtigkeit und Enthusiasmus. Junge Kunst und die Moderne“ im Kunstmuseum Wolfsburg