Kim Kulig kämpft erneut um ihre Karriere – Vierte Knieoperation in Sportklinik Hellersen

© Foto: Dietmar Tietzmann

Viel gebucht

Frankfurts Fußball-Nationalspielerin Kim Kulig (23) muss wieder unters Messer. Kommende Woche wird sie in der Lüdenscheider Sportklinik Hellersen am rechten Knie operiert. Bereits zum vierten Mal seit 2011. „Wir hoffen, das ist die Operation, die Kim auf den Weg bringt“, betont ihr persönlicher Berater und gleichzeitiger FFC-Vereinsmanager Siegfried Dietrich. Kulig ist schon seit der U-20 WM 2010 Dietrichs viel gebuchtes Werbegesicht. Während der WM 2011 erschien Kims Konterfei auf mehrsprachigen FIFA-Broschüren zum Frauenfußball. Scheinbar eine Allianz fürs Leben – denn die gleichnamige Versicherung sponsert Kim Kulig persönlich sowie neben der Commerzbank den gesamten Verein vom 1. FFC Frankfurt.

Türen sind offen

Veranstaltungen und Events mit der Allianz Versicherung sind aber auf Dauer nur in gesundem Zustand zu bewerkstelligen. Immer dieses verflixte Knie. Der traditionelle FFC-Medienpartner „BILD Frankfurt“ fragt: "Kostet es die hübsche Kim die Karriere?"  An ihrer vierten Knieoperation hängt viel. Nur wenn Aussicht auf Besserung besteht, wird ihr im Sommer auslaufender Vertrag vom Verein verlängert. Siegfried Dietrich beteuert ziemlich zweideutig: „Wenn bei der Operation alles gut läuft und wenn Kim weiter Fußball spielen möchte, sind die Türen beim FFC offen.“ Kuligs Aura war bislang gefragt, weil sie sich im vermeintlichen Männersport Fußball weiblich gibt – und cool. Sie ist Idol der Mädchen, die Fußballerin werden wollen. Nun aber ohne Ball – das verflixte Knie – das passt nicht mehr.

Referenz erweisen

Ihre für sie so typische Löwenmähne fotografierte einer der bekanntesten Fotografen, Horst Hamann, im Auftrag des DFB zwischen der EM 2009 und der WM 2011 in drei verschiedenen Serien. Kims Porträts zeigten in wunderbaren Details einen polyglotten eigenständigen Charakter. „Da steckt so vieles drin," meinte Hamann. Der Weg war frei für illustre Momente in der Scheinwelt der Medien. Vor dem WM Start 2011 war der Promotion-Höhepunkt für das Management, kurz danach schlug fast gleichzeitig die Schicksalsstunde für Kim Kulig. Hipp wollte man rüberkommen, guzt zahlenden Sponsorengästen eine konsumfreudige, unbeschwerte Spielerinnengeneration vorführen, die Spaß am Shopping erwecken soll und dem perfgekt inzenierten strategischen Vermarktungskonzept des Sportausrüsters und globalen Fashion Trendsetters adidas seine Referenz erweisen.

Ersehntes Comeback

© Foto: Dietmar TietzmannDie Kassen der börsennotierten Global Player zum Klingeln bringen – Spielerinnen-Trikots samt elegante Trainingsbekleidungen für Jugendliche, Kinder und Aktionäre – Merchandising weltweit. Kim Kuligs Leidenszeit begann am 9. Juli 2011. Beim Viertelfinale Aus gegen Japan (0:1) riss der Mittelfeldspielerin nach nur vier Minuten auf dem Rasen der VW Arena in Wolfsburg das Kreuzband im rechten Knie. Operation, quälend langes Reha-Training und nach neun Monaten das ersehnte Comeback beim FFC. Aber die Beschwerden und Schmerzen blieben. Ergebnis: Erneute Operation, wieder Reha, der zweite Comeback-Versuch – mit dem Ziel der EM-Teilnahme im Sommer 2013. Doch statt mit den Nationalmannschafts-Kolleginnen in Schweden den Titel zu feiern, folgte am 25. Juni OP Nummer drei. Inzwischen kann die Innenarchitektur-Studentin kaum noch Treppen steigen, im Knie fehlt das komplette Kreuzband. Deshalb soll ihr bei der vierten Operation im Januar ein neues eingesetzt werden.

Gedämmert sein

„Als ich die Diagnose erhielt, hatte ich eigentlich sofort positive Gedanken, weil bis dahin eben nicht alles gut war mit dem Knie, weil es nur besser werden konnte“, widerspricht sie der Vermu ­tung, völlig am Boden gewesen zu sein. „Es war natürlich ein sehr doo ­fer Zeitpunkt kurz vor dem EM, die ich gerne mitgenommen hätte. Aber es ging dann eben einfach nicht.“ In ihrem Inneren muss es jetzt wohl gedämmert sein, denn die jetzt 23-jährige Kim Kulig begann sich um eine vernünftige Ausbildung zu kümmern. Der Fachbereich Architektur & Innenarchitektur der Hochschule Darmstadt ist derzeit ihr neuer Lebensmittelpunkt, neben den Reha-Einrichtungen rund um Frankfurt. Langsam entgleitet ihr der kontinuierliche Kontakt zum Kader des Rekordmeisters am Brentanobad.

Strukturiert zur Sache

Die Fußballerin, die 2011 vom Ham ­burger SV nach Frankfurt gewechselt war, wusste im Juni des gerade abgelaufenen Jahres sofort, was auf sie zukommen würde: „Es hat mir gehol ­fen, dass ich die Erfahrungen vorher gemacht hatte. Ich ging viel geduldi ­ger und gelassener an die Sache ran, von Anfang an, Beim ersten Mal war ich noch sehr jung und unerfahren, wusste nicht, was mich erwartete“, räumt sie offen ein. Nach der ersten Operation sei sie oft unzufrieden und traurig gewesen, wenn es in der Reha nicht so recht vorwärtsging. „Da habe ich mir Fragen gestellt, warum, wieso, weshalb – jetzt weiß ich einfach, dass es in so einem Reha-Verlauf Höhen und Tiefen gibt. Mir war und ist klar, dass es eine ziemlich harte Zeit wer ­den wird. Ich gehe aber jetzt schon etwas strukturierter zur Sache“, schil ­dert sie ihren Gemütszustand.

Studium vorantreiben

Erstaunlich gelassen spricht sie von dem nächsten operativen Eingriff, der ihr jetzt im Januar bevorsteht, ebenso davon, dass dann die Reha-Tretmühle wieder von vorne losgehen wird. Ande ­rerseits nutzt sie die Zeit, um ihr vor kurzem begonnenes Innenarchitek ­tur- Studium voranzutreiben und all die Dinge zu tun, zu denen sie sonst kaum kommt. Auch, um die Karriere zu retten. Sportlich schaut Kulig zuversicht ­lich nach vorn. Natürlich habe sie sich Gedanken über ein drohendes Karrie ­reende gemacht. Sie weiß, dass möglicherweise bei wiederum erfolgloser Operation, ihre Karriere im internationalen Frauenfußball und die dazugehörigen Werbeverträge abrupt und unwiderruflich zu Ende sein werden.

Lernprozess beschleunigen

Eine Versicherung  im Frauenfußbnall gegenüber dem Risiko der Sportinvalidität gibt es wohl noch nicht. Die Allianz Versicherung sollte sich einmal darüber Gedanken machen, ob die Frauenfußballmacher der Bundesligavereine und die Spieleberater das Thema auf ihre Agenda setzen werden bleibt offen, oder besser gesagt: die Tür steht offen. Ob Risiko oder Ärztepfusch – die Causa Kulig könnte den Lernprozess beschleunigen, auch für andere vielleicht nicht so prominenten Fußballerinnen. Weihnachten verbrachte Kim Kulig bei den Eltern und ihren Geschwistern in ihrer Heimat Poltringen bei Tübingen, Silvester war die 23-Jährige mit Freunden in London feiern. Viel Gesundheit Kim fürs Neue Jahr.

Vorheriger ArtikelKrieg in Syrien und im Irak – Dschihad-Kämpfer erobern Falludscha
Nächster ArtikelSchwedens Head Coach Pia Sundhage beurlaubt bis März 2014 – Gastprofessur in USA – Wiedersehen beim Algarve Cup