In der Maschine – Dustin Hoffmann versucht sich als “The Player” in Barrey Levinsons “Inside Hollywood”

Die Essenz von Barry Levinsons Satire “Inside Hollywood” ist genannte Beerdigungsszene. Das kommerzielle Geschäft wird in Gestalt eines toten Erfolgsproduzenten symbolisch zu Grabe getragen. Ein übergewichtiger, mit einem unattraktiven Bart ausgestatteter Filmstar hält eine prätentiöse, gerade durch ihre Künstlichkeit seltsam passende Grabrede. Bruce Willis spielt sich dazu selbst, aber nicht ganz selbst. Vielmehr eine überzogenes Zerrbild, bei dem sich alle Verehrer des Darstellers denken sollen, so ist er ja eigentlich gar nicht. Wirklich vorgeführt wird die Filmbranche somit nicht. Beerdigt wird der Kommerz ebenso wenig. Die Trauerfeier nutzen Produzenten und Filmschaffende zum Abwerben von Klienten und Verhandeln von Geschäften. Einer von ihnen ist Ben (Robert De Niro). Die Auswertungszettel des Testscreenings dessen jüngster Produktion sind niederschmetternd. Wenig angetan ist der exaltierte Regisseur (Michael Wincott) des mit Sean Penn (ganz recht: Sean Penn) besetzten Machwerks von den von Studiochefin Lou (Catherine Keener) geforderten Änderungen. Bens zukünftiger Hauptdarsteller Bruce Willis weigert sich unterdessen seinen Vollbart zu rasieren, den er als Ausdruck seiner künstlerischen Integrität empfindet. Zusätzlich plagen Ben private Probleme mit seiner Ex-Frau Kelly (Robin Wright-Penn) und nebenbei erfährt er, dass seine Tochter Zooey (Kristen Stewart) einem Filmproduzenten verfiel. Dem, der jetzt im Sarg liegt. Die Uraufführung von Bens neuem Film bei den Festspielen in Cannes soll seinem schwindenden Einfluss Auftrieb geben. Doch da hat er das Drehbuch ohne den Regisseur geplant.

Eigentlich verdient er, ganz außen auf dem Foto der bedeutendsten Filmproduzenten zu stehen. Am “P” des gewichtigen Wortes “Power” wird Ben platziert. So unmissverständlich inszeniert Levinson die meisten Szenen. Art Linsons Drehbuchvorlage wäre nur eine Verfilmung von ätzendem Zynismus gerecht geworden, in der die Kulissen Hollywoods und was hinter ihnen vorgeht, gnadenlos vorgeführt werden. Doch Levinson bleibt milde. Irgendwie tut einem Ben leid bei seinen vergeblichen Bemühungen, es Studiochefin, Regisseuren und Schauspielern recht zumachen und obendrein seine längst geschieden Ehe zu kitten. In Robert Altmans bitterböser Farce “The Player” war Tim Robbins ein skrupelloser Intrigant, dessen Ränkespiel perfekt aufging. Man selbst wurde sich seines Parts als Teil der Hollywood-Maschinerie bewusst, den man als Filmkonsument inne hat. Den Massengeschmack verhöhnte “The Player”, indem er seine größten Stars für kuriose Kurzauftritten aufsparte. Den jüngst oscargekrönten Sean Penn und Bruce Willis verschleißt “Inside Hollywood” hingegen in zu vielen Szenen. Die Verlogenheit der Branche klingt nur in einer Szene an, in welcher Produzenten und Studiobosse die antikommerziellen Tiraden eines Regisseurs beklatschen: das Air der Unkonventionalität kurbelt das Filmgeschäft erst richtig an. Konterkarierend zu der Thrillerhandlung von “The Player” wurden permanent die Titel filmischer Meisterwerke genannt – und deren geringe Einspielergebnisse. “Inside Hollywood” beschränkt sich lediglich auf ein paar “G-Men” und “M “-Plakate an den Studiowänden.

Die Dialoge klingen im Nachhinein geistreicher, als sie es auf der Leinwand sind. Seinem mit Sean Penn, Stanley Tucci und Robert De Niro hervorragend besetzten Ensemble kann Levinson nur ansatzweise die Pointiertheit der Buchvorlage entlocken. Bedauerlich mitanzusehen, wie gerade De Niro seine unverwechselbare Lakonie anklingen lässt, aber nie ausspielen darf. In seiner Politfarce “Wag the Dog” gelang Barry Levinson das alles besser, Dialogregie, Sarkasmus und der grotesk realistische Schluss, bei dem Robert De Niro – ebenfalls als Hollywoodproduzent – tot im Pool schwimmt, nachdem er einen mörderisch guten Plot inszeniert hat. Die Macher von “Inside Hollywood” müssen dieses Schicksal nicht fürchten. Eine ironische Komödie gelingt ihnen allemal, als Satire jedoch ist “Inside Hollywood” nicht böse genug. Mittendrin statt nur dabei, verspricht die deutsche Fassung des Originaltitels “What just happend”. Tatsächlich scheinen Levinson und seine Kollegen selbst zu tief drin zu hängen im Filmgeschäft. “Inside Hollywood” wurde der Film gemacht, sein Publikum lässt er außen vor.

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Titel: Inside Hollywood

Originaltitel: What just happend

Genre: Komödie

Land/Jahr: USA 2008

Regie: Barry Levinson

Drehbuch: Art Linson

Darsteller: Robert De Niro, Sean Penn, Bruce Willis, Stanley Tucci, Robin Wright Penn

Verleih: Concorde

Laufzeit: 105 Minuten

Kinostart: 26. März 2009

FSK: Ab 12

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