Hessen holen sich den Pokal – Eintracht Frankfurt besiegt Bayern München im Berliner Olympiastadion in David-gegen-Goliath-Manier

Fußball-Gucken im Hofbräu München, Wirtshaus Berlin.
Fußball-Gucken im Hofbräu München, Wirtshaus Berlin und zwar das Pokalfinale zwischen FC Bayern München und Eintracht Frankfurt. © 2018, Münzenberg Medien, Foto: Stefan Pribnow

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Wer kennt nicht die Legende des Israeliten David, der im Krieg gegen die Philister den Riesen Goliath in einer Schlacht besiegt. David soll mit einer Steinschleuder zum Kampf gegen Goliath angetreten sein, der mit einem Schwert, einem Speer und einem Wurfspieß kam sowie einem Träger für seinen großen Schild. David jedoch holte einen Stein aus seiner Tasche, legt diesen in die Schleuder und schleuderte mit voller Kraft. Der Stein traf Goliath am Kopf und der Große fiel tot um. Als die Philister sahen, dass ihr größter und bester Soldat tot war, machten sie kehr und liefen vom Schlachtfeld.

Ganz anders aber so ähnlich lief die Begegnung zwischen der Frankfurter Eintracht und dem FC Bayern München. Der eine gilt als Branchenriese der Bundesliga. Der Rekordmeister, von dem keine so genau weiß, wie viele Meisterschaften das Fußball-Unternehmen aus München schon gewonnen hat, kam vor der Begegnung im Berliner Olympiastadion, wo das Pokalfinale am Samstag, den 19. Mai 2018, ab 20 Uhr ausgetragen wurde, zudem auf über einem Dutzend Pokalsiege. Die Eintracht hatte gefühlt weder einen Pokal noch eine Meisterschaft gewonnen. Jedenfalls können sich an einstige Erfolge nur noch wenige Alte erinnern.

Die Davids waren dieses Mal Eintrachtspieler wie Kevin Prince Boateng und Ante Rebic. Der eine hielt die Mannschaft beisammen und auf Trab, der andere schoss gleich zwei Tore zum 3:1 (1:0) Sensationserfolg. Die Vorlagen auf Rebic kamen von Boateng.

Dabei kam die Eintracht gerade einmal auf etwas über eine Hand voll Torschusmöglichkeiten, während sich die Bayern beinahe zwei Dutzend Chancen erspielten. Darunter Möglichkeiten von Thomas Müller (17.), Joshua Kimmich (24.) und Robert Lewandowski (26.)

Und dass die von FCB-Cheftrainer Josef Heynckes zum letzten Mal betreute Mannschaft beim Ballbesitz laut DFB-Statistiker nach 90 Minuten plus allerlei Minuten Nachspielzeit auf 77 Prozent kam, das lässt viele Beobachter der Begegnung ebenfalls verwundert zurück.

Können und Dürfen reichen halt nicht, man muss auch den Sieg wollen. Und das Wollen will gelernt sein und erzwungen werden. Die Hessen wollten wahrlich und das konnte man Boateng und Rebic von Anfang an im Gesicht ablesen. Ihnen war das Einschwören auf das Spiel und den Sieg wichtiger als der Ringelpitz mit den Sport- beziehungsweise Reklamefotografen. Beim Fototermin ließen sie die Schiedsrichter und die Bayern-Spieler warten wie kleine Kinder.

Auf dem Feld der Ehre agierten die Hessen wie David auf dem Schlachtfeld. Sie kämpften, sie gingen in die Zweikämpfe, sie spielten körperbetont, sie rannten um ihr Leben, sie foulten, sie holten sich vier gelbe Karten. Fußball kann so einfach sein. Und sie holten sich den Pott, mit schnörkellosem Spiel. Zur Schnörkellosigkeit gesellte sich ein Doppelpass, mit dem man jeden Gegner nass macht. Richtig, Boateng und Rebic sorgten für diese Dusche der Bayern. Die Bayern spielten ihren Stiefel runter, die Hessen schleuderten ihnen ein paar Mal Steine an den Kopf. Drei davon trafen ins Schwarze.

Zwar lief die Eintracht in der Schlachtformation 4-1-4-1 auf, doch früher Druck auf die Bayern wechselte sich ab mit tiefem Stehen, ja, mit Mauern, das war dann ein 5-4-1.

Kovac zeichnete sich als Taktiker aus, der seine Elf mehrfach umstellte. Nach dem 1:1-Ausgleich durch Robert Lewandowski beorderte er beispielsweise Rebic in die Speerspitze und schickte Boateng mit allen Freiheiten eines klassischen Liberos an die Schnittstelle dahinter.

Lasst die Leute machen, was sie können – wenn sie wollen -, das war schon die Devise von Otto Rehhagel, der mit Bremen und Kaiserslautern sowie Griechenland nicht für möglich gehaltene Erfolge feierte. Das Motto fehlte sowohl der Bayern-Elf als auch dem Bayern-Trainer. München spielte erneut ohne Motto. Deswegen reichte es weder gegen Real Madrid noch gegen Eintracht Frankfurt.

Dieser Triumph, der erste für die Eintracht seit 1988, als Lajos Détári traf, mit der allgemein zum Außenseiter erklärten Eintracht, die ohne Fußballgott Alexander Meier antrat, weil Eintracht-Trainer Nico Kovac, der am 1. Juli 2018 zum FC Bayern München als Cheftrainer wechselt, ihn aus dem Kader warf, ist „aller Achtung wert“, wie selbst Kovac nach der Pokalpartie erklärte.

Man muss die Spieler und Trainer der Eintracht nun nicht gleich reich machen und die eigene Tochter zur Frau geben, wie es Saul, König von Israel, mit David tat, aber mehr als Äppelwoi im Bembel wird es wohl geben.

Gestern wurde der Sieg Davids gegen Goliath in Berlin gefeiert – unter anderem im Hofbräu München, Wirtshaus Berlin, heute in Frankfurt.

Daten zum Spiel

Begegnung: Bayern München – Eintracht Frankfurt 1:3 (0:1)

Torfolge: 0:1 Rebic (11.), 1:1 Lewandowski (53.), 1:2 Rebic (82.) und 1:3 Gacinovic (90.+6)

FC Bayern München: Ulreich – Alaba, Hummels, Süle, Kimmich – Thiago (64. Tolisso), Martínez, James – Ribéry (87. Wagner), Lewandowski, Müller (70. Coman)

Eintracht Frankfurt: Hradecky – Willems, Salcedo, Abraham, da Costa – Hasebe – Rebic (89. Haller), de Guzman (74. Russ), Mascarell, Wolf (60. Gacinovic) – Boateng

Zuschauer: 76.322 (ausverkauft)

Schiedsrichter: Felix Zwayer

Gelbe Karten: Lewandowski, Coman / Salcedo, Willems, Hasebe, Gacinovic

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