Haue für Aue – Der 1. FC Union Berlin gewinnt gegen den FC Erzgebirge Aue mit 3:0

© Foto: Hajo Obuchoff

Natürlich ging das weitgehend unter im stimmgewaltigen Chor der Gastgeber. Deren Überlegenheit lässt sich erahnen, wenn man von der später verkündeten Zahl 17 284, die angibt wie viel zahlende Zuschauer die Ränge bevölkern, die Anzahl der Auer Fans abzieht. Genauso überlegen dann auch das Endergebnis von 3:0 für den 1. FC Union. Und damit konnten die hoffnungslos unterlegenen Gäste noch zufrieden sein, dass die Eisernen mindestens drei, vier dicke Chancen ungenutzt ließen.

Aber zum Zeitpunkt des Anpfiffs durch den Stuttgarter Schiedsrichter Martin Petersen lebte noch die Hoffnung, dass Aue nach vier nicht gewonnen Spielen vielleicht in Köpenick den Bock umstoßen könnte. Sieben Minuten später indes sah es gar nicht mehr so rosig aus. An der rechten Außenlinie hatte Björn Kopplin Unions Neuzugang Baris Özbek wunderschön auf die Reise geschickt. Özbek flankte genau auf den Kopf von Adam Nemec, der sich in den frühabendlichen Himmel geschraubt hatte, als wolle er noch ein paar letzte Sonnenstrahlen erhaschen, die hinter der neuen Haupttribüne zu erahnen waren. Dabei war es das anfliegende Spielgerät, das der Stürmer im Visier hatte. Und im Gegensatz zum verteidigendem Personal der Auer erwischte er dann auch die Kugel und wuchtete sie unhaltbar für Torhüter Martin Männel in die Maschen.
Das  frühe 1:0 zerstörte die Taktik des Gästetrainers Karsten Baumann, der auf eine kompakten Deckung und schnelle Konter gesetzt hatte. In der Folgezeit schien Aue nicht nur ohne Idee, sondern auch ohne Einsatz. Es war nur ein Frage der Zeit, wann weitere Tore für Union fielen. Der nicht gerade hochgewachsene Männel im Auer Tor jedoch machte vorerst alle Chancen der Berliner mit guter Reaktion und Sprungkraft zunichte. Bis zur 45. Minute. Nach einem Eckball hatte Kevin Pezzonie solange an Christian Stuff herumgezerrt, bis der lange Unioner auf dem Rasen lag. Der Schwabe Petersen konnte gar nicht anders als auf den Punkt zu zeigen.

Nun erschallte wieder das Mattuschka-Lied: „Torsten Mattuschka, du bist der beste Man, Torsten Mattuschka, du kannst, was keiner kann. Torsten Mattuschka, hau ihn rein für den Verein.“ Tusche ließ sich nicht lange bitten. Humorlos haute er drauf. Das Netz beulte sich oben rechts über Männel, der sowieso zur falschen Seite gehüpft war. Aue bekam seine Haue also schon zur Halbzeit.

Und es schien, als ginge es mit Beginn der zweiten Spielhälfte gleich weiter. Der erste Angriff führte bereits zu Verwirrung im Strafraum vor Männels Tor. Eine Szene wie im Flipperautomaten: Erst knallte Simon Terodde den Ball an das Bein eines Verteidigers. Den Abpraller schieß Björn Jopek wieder gegen irgendein fremdes Körperglied und schließlich wehrt Männel noch den Nachschuss von Nemec ab.

In der 60. Minute ist es dann Michael Parensen, der von links mit dem Ball in den Strafraum stürmt uns aus spitzem Winkel abschießt. Der Ball schlägt im langen Eck ein. Männel kann nur noch resigniert schauen, wie die Kugel im Netz zappelt. Nun sind alle Messen gesungen. Das heißt nicht, dass es auf den Rängen still wird. Während die Unionfans ihr Liedgut runtersingen, nehmen die wütenden Reisekader aus dem Lößnitztal schon ihre Banner ab.

Das scheint verständlich. So eine schlechte Leistung einer Gastmannschaft hat hier lange niemand erlebt. Und gerade die Erben der einst legendären Wismut-Mannschaft zeigten kaum etwas vom Kampfgeist, der ihnen sonst eigen ist. Andererseits zeigten sich die Unioner nach den zwei letzten schwachen Spielen mal wieder von ihrer wahren Seite. Mit aufopferungsvollem Laufeinsatz und durchaus passablem Zusammenspiel gaben sie den Schacht-Veilchen kaum Raum, um sich zu entfalten. So erstarrten sie im späten Frost des Frühlingsabends. Beinahe ein Wunder, dass sie nicht völlig auseinanderbrachen. Manch Zuschauer hatte den Eindruck, den Auern klänge der Schlusspfiff wie eine Erlösung in den Ohren. Nur vor der Gästetribüne flogen die Fan-Schaals und Flüche den Spieler entgegen: „Absteiger“ und „Wir haben die Schnauze voll“ wurde gerufen. Der rot-weiße Anhang hingegen sang selig den Union-Walzer und schunkelte sich schon mal in ein fröhliches Wochenende.

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