Guido Westerwelle verläßt im Sturm das Deck, erklärt den Rückzug vom Parteivorsitz und dass er Außenminister und Vizekanzler bleiben wolle

Daß das im Grunde parteiinterne Possenspiel aus dem Intrigantenstadl auch noch zu einem öffentlichen Schaulaufen wurde, verdanken wir vielen klein- bis großbürgerlichen Medien, die immer daran Gefallen finden, denjenigen zu stoßen, der auch noch fällt.

Daß er fallen würde, das war nach den schweren Niederlagen bei den Landtagswahlen in in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt klar wie Kloßbrühe. Fett schwimmt auch in dieser Suppe oben, aber Westerwelle, der es vom Vorsitzenden der Jungen Liberalen bis zu den Senioren geschafft hatte, ist weder als oberster Ideengeber, Vordenker oder Visionär aufgefallen, noch als Schöngeist, Kultur- und Sprachbewanderter. Er war weder Dichter noch Denker. Er war nicht im Kopf voraus und muß sich deswegen jetzt hinten anstellen.

Denn er war ein medialer Kloß der jetzt nach unten sinkt. Er war bloß der Pressesprecher der Besserverdienenden aus deutschen Städten, die nichts geben wollen fürs Allgemeinwohl, aber sich auf Charity-Galas ablichten lassen. Nicht mehr, nicht weniger.

Weil er sich im Ernst der Regierungsverantwortung nicht als das entpuppte, was er im Spaß der Wahlkämpfer versprach haben ihn diejenigen, die befürchten müssen, bei den weiteren Wahlen nicht mehr an Posten und Penunzen zu kommen bzw. nur noch von Pensionen leben zu müssen, den Dolch in den Rücken gestoßen. Weil er freiwillig geht, hofft er, daß das Messerwetzen und die Sticheleien aufhören. Darauf bauen würde ich nicht, denn im Ausland ist auf den Außenminister auch nicht wirklich jeder gut zu sprechen, außer Gaddafi.

Fürs Polit-Publikum der Berliner Republik hat der Zickenzoff bei den Neoliberalen, nach dem immer langweiligeren Lavieren der Ewigen Praktikantin im Kanzleramt – oder fällt Ihnen eine bessere Beschreibung für Merkel ein –, die überall mitzumachen und sich dabei dennoch rauszuhalten scheint, immerhin Unterhaltung auf höchsten Niveau geboten und manchem Programm politischer Satire die Schau gestohlen.

Damit ist nun Schluß, denn der Mann, der der FDP, als sie 2009 mit 14,6 Prozent den größten Erfolg ihrer Bundestagswahlgeschichte feierte, vorstand, soll nicht nur nicht mehr, er will auch nicht mehr. Sagte er.

Westerwelle gab um 18 Uhr MEZ in der Berliner FDP-Zentrale ein „Presse-Statement“, also eine Stellungnahme vor Journalisten. "Ich werde mich nach zehn Jahren im Amt nicht erneut dafür bewerben", sprach der Noch-Parteichef und davon, daß er den Weg frei machen wolle für einen Generationswechsel in der FDP. Hä?

Geht Guido etwas schon auf die 70 zu? Richtig, geht er nicht. Und: Welche junge Generation meint er, etwa die 20 bis 30jährigen Jungneoliberalen? Das die bereit stehen, wie Westerwelle sagte, glauben wir gerne, doch das die nicht bereit sind, sehen wir ständig. Kurzum: Er sagte nicht viel und sprach nicht lange. Fragen der anwesenden Journalisten (also auch unseren) stellte er sich auch nicht.

Die beantwortete Christian Lindner im Grunde schon vorher. Der Noch-FDP-Generalsekretär gab dem „Focus“ schon mal vorweg ein Interview in dem es heißt „Die FDP beginnt jetzt als Regierungspartei einen Prozess der Erneuerung“. Auf das Neue beim Alten, auf wirklich neue Positionen und Personen sind wir gespannt.

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