Geballter Teamgeist empfängt Eliteteam – 1. FFC Frankfurt zu Gast beim FF USV Jena

© USV Jena, Foto: Vitali Malsam

Mit dem neuseeländischen Superstar Abby Ecreg, einer Defensivspielerin im Weltformat, erwarb sich der in dieser Saison perfekt gestartete Universitätssportclub internationale Kompetenz und Erfahrung. Die 23-jährige Kapitänin des Ozeanien-Meisters Neuseeland verfügt sage und schreibe über 86 Länderspiele. Frankfurts Sturmspitzen erwartet ein gut organisiertes Bollwerk mit Instinkt zu Konterangriffen.

Eingespielt und gefestigt

Laienprediger Colin Bell, der sich seit Wochen bemüht, seine Mainhattan Ladys auf "Vorderfrau" zu trimmen, reist mit seiner Truppe schon am Samstag an. Seit dem klaren 4:1 Sieg gegen die Bayern Frauen hofft er, dass sich seine "Mädels" gefestigt haben, mentale Hindernisse überwunden haben,  ihren chaotischen Gefühlsmomenten in wichtigen Schlussphasen entronnen sind. „Uns erwartet gegen den FF USV Jena das bislang schwerste Auswärtsspiel der Saison, dass wir dann erfolgreich bestehen werden, wenn wir die gleiche Leidenschaft und das gleiche Engagement wie beim Sieg gegen den FC Bayern München an den Tag legen. Jena verfügt über eine eingespielte Mannschaft, die sich in den letzten Jahren erfolgreich im Abstiegskampf behaupten konnte, dadurch zusammengewachsen ist und mittlerweile zu jenen Teams zählt, die auch den vermeintlichen Spitzenmannschaften – wie die Unentschieden gegen Potsdam und Wolfsburg gezeigt haben – gefährlich werden können."

Agressives Pressing

© USV Jena, Foto: Vitali MalsamIn der Tat die beiden Cheftrainer Bernd Schröder und Ralf Kellermann können ein Lied davon singen, wie stark der Universitätssportclub in die neue Saison gestartet ist. Noch am Mittwoch konnte man in Potsdam den Turbine Meistertrainer seine Wunden lecken sehen. Der missglückte Heimstart mit dem Remis gegen Jena wiegt für ihn fast höher als der Pokalrausschmiss durch die Ruhrpott Ladys der SGS Essen. Fazit: Nicht Turbine Potsdam vertritt nun die Fahne der Ostvereine im DFB-Pokal Achtelfinale, es sind diesmal einzig und allein die Frauen aus Jena sowie die wiedererstarkten "Roten Sachsen Ladys" des FFV Leipzig. " Eine gute Organisation, aggressives Pressing und eine hohe individuelle Qualität in der Offensive sowie auf den beiden Sechser-Positionen zeichnen den USV aus, der uns aufgrund seines bisher erfolgreichen Saisonverlaufs sehr selbstbewusst begegnen wird,"so der weitere Glockenschlag von Colin Bell.

Löwenderby

© USV Jena, Foto: Vitali MalsamScheinbar unverwüstlich gehen die Spielerinnen des FF USV Jena ins "thüringisch-hessische Löwenderby". Denn was viele ostdeutschen Leser nicht wissen werden, beide Bundesländer ziert ein Löwe im Landeswappen, die sich beide ziemlich ähneln. Das Thüringer Landeswappen zeigt im lasurblauen Schild den viermal gleich breit rot-silbern gestreiften, golden bewehrten und gekrönten Bunten Löwen der Ludowinger, umgeben von acht silbernen Sternen. Das Thüringer Wappen ist daher dem hessischen sehr ähnlich. Während der hessische Löwe einen silbernen Kopf und rote Füße hat, ist es beim thüringischen Löwen umgekehrt. Der hessische Löwe ist außerdem zehnfach gestreift und ungekrönt. Dafür ist das komplette hessische Wappen gekrönt. Das alles liegt an der gemeinsamen Geschichte, die nur bedingt "preußisch oder sächsisch unterjocht" wurde. Die Spuren Goethes findet man im mainischen Frankfurt und im thüringischen Weimar, nicht weit von Jena entfernt. Daher ist der Begriff "thüringisch-hessisches Löwen-Derby" durchaus angebracht, neben dem anderen neuzeitlichen Derby der Ostdeutschen zwischen Potsdam und Jena.

Anerkannte Marke

© USV Jena, Foto: Vitali MalsamDie Länder Hessen und Thüringen werden in der hessischen Bankenmetropole vertreten durch die gemeinsame Hessisch-Thüringische Landesbank. In der Stadt des Euros präsentiert sich der Rekordmeister 1. FFC Frankfurt, der herausgewachsen ist aus einem Vorstadtverein, mittlerweile als eigenständige national und international anerkannte Marke, übt sich sehr geschickt im nationalen Sponsorengeschäft, nur mit dem Erfolg, dem Zusammenhalt und Gemeinsinn haperte es seit einigen Jahren am Brentanobad. Die Ursachen des produzierten Misserfolges liegen viele Jahre zurück, nachdem FFC-Legende Monika Staab als Trainerin und Vereinsvorsitzende das kleine Boot verlassen hatte. Platzhirsch wurde der emsige Manager.Unter der Hand sprechen viele ehemalige und derzeitige ehrenamtlichen Akteure im Verein von einer "One-Man-Show" des tüchtigen FFC-Managers. Der neue Cheftrainer ist seit erheblichen finanziellen Einbußen des Vereines in Jahren zuvor sichtlich bemüht die Balance zwischen sportlicher Leitung und Management ins rechte Licht zu rücken.

Homogenität

© USV Jena, Foto: Vitali MalsamDer Universitätsverein Jena hingegen kann mit den hessischen Elite-Sponsoren nicht mithalten, nicht mit Überbetriebsamkeit, nicht mit dem Glamour, für Prinzessinnen a la Bajramaj oder Sasic steht  zu wenig Kapital zur Verfügung, aber mit sportlicher Leistung und einem hervorragenden Unterbau mit einer erfolgreichen 2. Mannschaft in der 2. Bundesliga und mit den U-17-Juniorinnen in der B-Juniorinnen Bundesliga da kann Jena punkten. Da wo Finanzkraft fehlt, da antwortet man mit Siegen und disziplinierten Spielerinnen auf dem Platz, sowie  mit Begeisterung und erhöhter Motivation. Sportlich gesehen kann sich die Bilanz des Vereines sehen lassen. Der FF USV Jena bietet ein gutes Fundament für ernsthafte Sponsoren. Der Verein geht nach dem Aufstieg aus der 2. Bundesliga Staffel Süd im Jahr 2008 als zweiter Vertreter aus dem ostdeutschen Raum in seine mittlerweile sechste Erstliga-Saison. Dem jungenhafte Cheftrainer Daniel Kraus, seit Februar 2012 hauptverantwortlich, gelingt es immer besser, das Maximale aus seinem Kader herauszuholen. Er hat mit den Kiwis" aus Neusseeland, Amber Hearn, Ria Percival und Abby Ecreg, drei internationale Stars im Kader, die sich ohne Allüren eingliedern und führen lassen. Oberstes Prinzip von Kraus ist die Homogenität und mannschaftliche Geschlossenheit.

Gewarnt und hellwach

© USV Jena, Foto: Vitali MalsamBeim "FFC Deutschland" hingegen gab es in den letzten Jahren für etliche Trainer kein Zuckerschlecken, kein erfolgreiches Durchkommen. So richtig belastbar in Grenzsituationen, wenn es um Alles oder nichts ging, ums Siegen und Aufbäumen in der Schlussphase, waren die Frankfurterinnen nie. Mit Colin Bell holte sich der Manager ein "Mannsbild" auf den Platz, was auch mal lautstark am Spielfeldrand seinen Unwillen äußert. Der Manager sitzt nun nicht mehr auf der Spielerinnen-Bank während der Pflichtspiele. Bell denkt positiv und "liebt seine Mannschaft" wie er schon mehrmals betonte. Er fungiert zur Zeit als eine Art "Pappa" im Kontrast zur Bundestrainerin Neid, die im Wandel der Zeiten in Schweden das "Du" von Nadine Angerers "kleineren Schwestern" annahm. "Bei Standardsituationen ist die Mannschaft meines Kollegen Daniel Kraus, ähnlich wie der FC Bayern, sehr gefährlich. In der letzten Saison hat sich der 1. FFC Frankfurt in beiden Spielen gegen Jena sehr schwer getan – diese Erfahrung wird ebenfalls dafür sorgen, dass meine Mannschaft gewarnt und hellwach sein wird," so der Frankfurter Cheftrainer in seinem Statement drei Tage auf dem Ernst-Abbé-Sportfeld.

Partnerschaft

Das traditionsreiche Ernst-Abbe-Sportfeld wurde am 24. August 1924 nach zweijähriger Bauzeit eingeweiht und 1939, am 15. Jahrestag der Einweihung, nach dem Physiker und Sozialreformer Ernst Abbe benannt. Das Fußball- und Leichtathletikstadion im Ernst-Abbe-Sportfeld ist Heimstätte des FC Carl Zeiss Jena und des FF USV Jena. Eigentümer des Stadions ist die Stadt Jena. Sie hatte das Areal 1991 aus dem Besitz der Carl-Zeiss-Stiftung Jena erworben. Das Stadion gehört zu den Spitzenstadien der Frauenbundesliga. Seit 2008 ist die Friedrich-Schiller-Universität Jena auf dem Trikot des Bundesliga-Teams vom Frauenfußball USV Jena e.V. zu sehen. Diese erfolgreiche Zusammenarbeit wurde Anfang der Saison um ein weiteres Jahr verlängert. „Wir sind sehr froh darüber, mit der Universität Jena einen verlässlichen Partner für den Verein und vor allem auch für unsere studierenden Spielerinnen an unserer Seite zu wissen“, bemerkte FF-USV-Geschäftsführerin Anja Kunick anläßlich der Vertragsverlängerung.

Kanzlerbesuch

© USV Jena, Foto: Vitali MalsamIm aktuellen Bundesligakader sind wieder zahlreiche Akteurinnen vertreten, die in der Saalestadt einem Studium nachgehen. Klara Muhle, Jofie Stübing, Julia Arnold, Carolin Schiewe, Susann Utes, Vanessa Müller und die kroatische Nationalspielerin Iva Landeka wissen die Vorzüge des paradiesischen Uni-Standorts mit seinen rund 25.000 Studenten sehr zu schätzen. Frankfurts Cheftrainer weiß, was ihn am Sonntag erwartet. Er hofft, dass alle in der letzten Woche gezeigten Komponenten, die zum Sieg gegen die Münchnerinnen geführt haben, auch in Jena auf den Platz gebracht werden. "Diese Leistung abzurufen muss unser Anspruch sein – und zwar konstant und unabhängig vom Gegner,“ so Bell. Für den thüringischen Frauenfußball steht viel auf dem Spiel. Ein Punktgewinn, oder gar ein Sieg, würde sicher helfen, sich vom Tabellenende abzusetzen. Dafür werden sicher der Kanzler der Friedrich-Schiller-Universität, Dr. Klaus Bartholmé,  sowie Rektor Prof. Dr. Klaus Dicke als Zuschauer und Unterstützer auf der Tribüne sitzen.

Kein Selbstläufer

„Das Erstligateam des FF USV ist dabei neben vielen hervorragenden Einzelsportlern das sportliche Aushängeschild der Universität“, so der Kanzler weiter. Die Balance zwischen Breiten- und Spitzensport müsse gewahrt bleiben, sagte Dr. Bartholmé zu Saisonbeginn. Von der 1. Mannschaft des Bundesligateams erhoffe er sich in diesem Jahr „deutlich vor Ende der Saison einen einstelligen Tabellenplatz“. Und er zähle darauf, dass wieder zahlreiche Angehörige der Universität und Fans aus der Stadt das Stadion „als zwölfte Frau“ füllen werden. Frankfurts Manager Siegfried Dietrich: "Uns allen ist klar, dass diese Begegnung kein Selbstläufer wird. Jena hat sich in den vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt und auch in dieser Saison bereits gezeigt, dass man mit vermeintlich stärkeren Gegnern mindestens mithalten kann."
Die thüringischen Frauenfußballfans und die zahlreichen Freunde und Fans der deutschen Frauennationalmannschaft sind eingeladen, im "Paradies" in Jena die acht Europameisterinnen des EM-Turniers in  Schweden gebührend zu empfangen. Karten zu günstigen Preisen mit bequemen Sitzkomfort gibt es immer noch.

Frauen-Bundesliga-Saison 2013/14, 6. Spieltag, Sonntag, 20.10.2013, 14.00 Uhr Ernst-Abbe-Sportfeld, Jena

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