FFV Leipzig zieht nach Elfmeterschießen gegen den Herforder SV in das Achtelfinale des DFB-Pokal ein – Beflügelt zur Revanche

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Nicht unter die Räder

Kein gutes Omen für ein Weiterkommen im Pokal, so ließe sich oberflächlich betrachtet nach einer so demütigenden Heimschlappe die Situation beschreiben. Den Schock hatte Cheftrainer Dr. Hendrik Rudolph lange beschäftigt, bevor er wieder zur Besinnung kam. Einige Tage später legte der Coach wieder richtig los, tüftelte an der passenden Formation und testete viele Varianten an. Beim Abschlusstraining legte er sich fest – und war aber nach eignen Angaben sichtlich zufrieden: „Ich hatte ein richtig gutes Gefühl!". Laut Trainerteam waren Leipzigs „Schmuse“ Kickerinnen in der zweiwöchigen Spielpause auf mehr aggressive Mannschaftstaktik in der Defensive geschult worden. Das gesamte Team wollte Lehren ziehen aus dem Fehlstart in der Meisterschaft. Manche Lehrmaßnahme endet oftmals ohne Erfolg, nur dieses Mal beflügelt durch eine treffliche Analyse gelang der „Return of  Energy“.

Hellblau und forsch

© SportFoto-OWL.deMit dem hehren Ziel nicht noch einmal unter die bekannten Räder zu kommen, reisten die Leipziger Amazonen mit Mannschaftsbus und neuem Spirit  ins Westfälische nach Herford. Es begann vielversprechend. Das erste Viertel gehörte einem forsch auftretenden FFV Leipzig. Schon in der 2. Minute erwischte Sarah Gäbler das runde Leder in guter Position, sie verfehlte aber nur knapp das Herforder Tor. Als acht Minuten später Leipzigs Nummer 9, Mittelstürmerin Lisa Reichenbach,  von einer Herforder Abwehrspielerin im Strafraum regelwidrig gelegt wurde, blieb zur Verwunderung der Zuschauer der Pfiff der Unparteiischen Nadine Matthes (Bochum) aus. Die konzentriert  zu Werke gehenden Leipzigerinnen in ihren hellblauen Auswärtstrikots störten den  Spielaufbau betont früh, so dass die Herforderinnen im Gegensatz zum Ligaspiel nicht zu ihren gewohnten Spiel fanden.

Nicht anerkannt

© SportFoto-OWL.deIn der 28. Minute erkämpfte sich die resolute Kapitänin Marie Luise Hermann die nächste Großchance, als sie frei vor dem Herforder Tor im letzten Moment noch am Einschuss behindert wurde. Als dann Anne Heller auf dem linken Flügel nachsetzte, den Ball eroberte, elegant zur taffen U-23 Nationalspielerin Angelina Lübcke querlegte, die den Ball postwendend ins Tornetz versenkte, erklang leider kein Pfiff , der den Treffer anerkannt hätte. Vergeblich war der tolle Ansturm der Leipziger Flügelzange. Die Schiedsrichterin war anderer Meinung.  Cheftrainer Dr. Hendrick Rudolph hatte einige Umstellungen in der FFV-Mannschaft vorgenommen. Er zog die offensivstarke Angelina Lübcke aus der Abwehr nach vorn auf die Zehner-Position, stellte dafür die jüngst aus Essen zurückgekehrte Christin Janitzki in die Innenverteidigung. Florin Wagner liess Rudolph im Mittelfeld auf der Sechser-Position auflaufen.

Maßnahmenpaket

© SportFoto-OWL.deEin weiteres Plus für Leipzig: Stürmerin Lisa Reichenbach war nach überstandener Erkältungspause ins Team zurückgekehrt. Das komplette Maßnahmenpaket zündete wie erhofft. Die zuletzt sehr löchrig und sanft agierende Abwehr, die sich in zwei Ligapflichtspielen 8 Gegentore eingefangen hatte, war diesmal von einer der stärksten Sturmformationen der Staffel Nord nicht zu überwinden. Es dauerte bis zu 37. Spielminute bis die Herforderinnen erstmals gefährlich vor das Leipziger Tor kamen. Die FFV-Abwehr war an diesem Sonntag nicht wieder zu erkennen, sie schien dicht und unbezwingbar für die Gastgeberinnen. Die Leipzigerinnen waren auch nach dem Kabinengang sichtlich bemüht ihr spielerisches Level zu halten. Die favorisierten  Westfälinnen fingen an, den Druck auf das Leipziger Tor zu verstärken. Die 17-jährige Torfrau Lisa Marie Weinert – sie wird in den nächsten Tagen volljährig – rettete bravurös einen Schuss aus der Nahdistanz, nachdem Herford einen Eckball (52.) zugesprochen bekam.  

Rasantes Hin und Her

© SportFoto-OWL.deDer Herforder SV erzeugte weiteren Druck, die Leipzigerinnen zogen sich in eigene Hälfte, ließen es zum Ärger ihres Trainers für kurze Momente gewähren. Die Chancen für die westfälischen Gastgeberinnen, die es nun wissen wollten, häuften sich jetzt  von selber. Bei den Sachsen Ladys kämpfte in dieser Abwehrphase „jeder für jeden“.  Als in der 75. Minute ein Ball im Mittelkreis verloren ging, bot sich für die fleißigen Herforderinnen die Chance einer schnellen Konter, die aber wie so oft in diesem Pokalfight sicher von FFV-Torfrau Weinert zu Nichte gemacht wurde. Im letzten Viertel versuchten die Leipzigerinnen durch erhöhten kämpferischen Einsatz das Spiel zu kippen. Ein rasantes Hin- und Her, der totale Pokalfight war die Folge. Als „Energy Lady“ Angelina Lübcke der schnellen Christina Nauesse den Ball an die rechte Außenbahn zur Flügelzange vorlegte (80.), nutzte Sarah Gäbler in zentraler Position die Flanke zu  einem unhaltbar platzierten Kopfball. Die Herforder Torfrau Laura Giuliani war geschlagen, dennoch klärte eine Mitspielerin den Ball auf der Torlinie.

Querlatte rettet, Pfosten entscheidet

© SportFoto-OWL.deLeizpig streifte haarscharf am Sieg vorbei. Beflügelt ob dieser verfehlten Chance versuchte nun Leipzig den Siegesrtreffer in regulärer Spielzeit zu erzielen. Am Ende setzte sich Angelina Lübcke durch, legte sich aber den Ball leider zu weit vor, so dass Torfrau Giuliani keine Mühe hatte zu klären. Abpfiff 0:0, Verlängerung, kurze Pause, das Zwischenziel war erreicht, die Amazonen war noch im Spiel. In der Verlängerung drängte ausschließlich Herford, in Leipzigs Strafraum begann eine Abwehrschlacht. Laura Birne, Christin Janitzki und Sophie Görner verstanden es aber gut, die prekäre Situation zu meistern – trotz fehlender Entlastungsangriffe in Richtung Herforder Tor. Beide Mannschaften standen permanent in Leipzigs Hälfte. Als sich beide Teams schon mit dem sich abzeichnenden Elfmeterschießen abzufinden schienen, hatte der FFV Leipzig eine Großchance, als Christina Nauesse (117.) mit ihrem finalen Torschuss aus halblinker Position die Querlatte traf. Pech – jetzt musste Fortuna im Elfmeterschießen entscheiden.

Der Krimi nahm seinen Lauf, die Nervenstärke war das Zünglein an der Waage. Unter den Augen der 281 Zuschauer sowie der DFB-Torwarttrainerin Silke Rottenberg hatten nun die Torfrauen beider Mannschaften das Sagen. Herford begann.

Anna Laue 1:0 Führung

Christin Janitzki 1:1 Ausgleich

Lena Hackmann 2:1 Führung

Angelina Lübcke 2:2 Ausgleich

Lena Wermelt traf nur den Pfosten, sie hatte im Meisterschaftsspiel im September für die Herforder zwei Tore gegen den FFV Leipzig geschossen, diesmal verfehlte sie knapp

Christina Nauesse 2:3 Führung – die erfahrene Nauesse zeigte Nervenstärke und verwandelte zur erstmaligen Führung

Isabelle Knipp 3:3 Ausgleich

Lisa Reichenbach 3:4 Führung

Lisa Lösch 4:4 Ausgleich

FFV-Kapitänin Marie-Luise Hermann erzielte das 5. Tor für den FFV Leipzig, Jubel bei den Sachsen Ladys und ein amazonenhaftes Zusammenwirbeln aller verfügbaren Mannschaftsteile samt Trainer- und Betreuerteam, damit hatte niemand gerechnet mit einem Endstand in formelhafter Länge 4:5 (0:0, 0:0, 0:0)

Fortunas Los

© SportFoto-OWL.deNachdem der DFB-Ausschuss für Frauen- und Mädchenfußball entschieden hatte, in der dritten Runde, also im Achtelfinale, auf die Festlegung von regionalen Gruppen zu verzichten, hat es nun Fortuna in der Hand, dem FFV Leipzig ein schweres Auswärts-Los zu vermitteln. Energy-Lady Angelina Lübcke meinte: "Wir spielen auswärts zur Zeit besser als zu Hause." Den neuformierten Leipzigerinnen wäre wohl zur Zeit ein dickes Auswärtslos schon lieber, denn jetzt ist der Verein an 50% der Einnahmen beteiligt – die Spielerinnen brennen auf einen weiteren Sieg im Achtelfinale.  

Die Auslosung dafür findet am 05. Oktober 2013 in der Halbzeitpause des Spiels der Frauen-Bundesliga 1. FFC Frankfurt – Bayer 04 Leverkusen (Anstoß 13:00 Uhr im Stadion am Brentanobad) statt und wird live auf DFB-TV und Eurosport übertragen. Fortunas Glücksfee wird die Welt- und Europameisterin Renate Lingor sein. U-23 Nationalspielerin Angelina Lübcke warnt schon den nächsten Gegner: "Wir geben alles".

DFB-Nominierung

"Wir waren richtig agil heute, hätten das Ding schon vorher klar machen können.", zeigte sich Trainer Rudolph äußerst angetan vom Spiel-Krimi seiner Mannschaft. Ein Chancenverhältnis von 8:4 für den FFV hatte er gezählt und war des Lobes voll. "Wir haben heute Herford den Schneid abgekauft und waren in einem guten Spiel einfach besser." Ganz nebenbei: die talentierte FFV-Torfrau  Lisa Marie Weinert erhielt von U-19 Bundestrainerin Maren Meinert eine Einladung zu einem mehrtägigen Lehrgang vom 21. bis 24. Oktober 2013 in Ulm. Höhepunkt der Trainingsmaßnahme wird ein Länderspiel am 23. Oktober 2013 um 18.00 Uhr im Ulmer Donaustadion gegen Schweden sein.

Herforder SV vs. FFV Leipzig 4:5 n.E. (0:0, 0:0, 0:0)

DFB-Pokal Frauen, 2. Runde

Herforder SV: 12 – Laura Giuliani, 18 – Lena Hackmann, 4 – Friedericke Schaaf, 11 – Lena Göllner, 20 – Deniz Harbert, 29 – Lena Wermelt, 7 – Isabelle Knipp, 9 – Lisa Lösch, 31 – Romina Burgheim (24 – Lena Schulte, 62.), 6 – Kirsten Nesse (8 – Anna Laue, 62.), 13 – Giustina Ronzetti. Trainer: Jürgen Prüfer.

FFV Leipzig: 1 – Lisa-Maria Weinert, 7 – Sophie Görner, 18 – Christin Janitzki, 15 – Laura Birne, 19 – Angelina Lübcke, 5 – Florin Wagner, 13 – Anne Heller (6 – Natalie Horn, 68.), 4 – Marie-Luise Herrmann, 9 – Lisa Reichenbach, 16 – Christina Nauesse, 2 – Sarah Gäbler (14 – Natalie Rudenko, 91.). Trainer: Dr. Hendrik Rudolph.

Schiedsrichterin: Nadine Matthes (Bochum)

Zuschauer: 281

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