Exklusiv-Interview mit Russlands Nationalspielerin Natalia Shlyapina – Für mich war „Rossiyanka“ mehr als nur ein Team

Natalia Shlyapina spielte seit dem Gründungsjahr 2005 beim FC Rossiyanka, sie war lange Zeit Mannschaftsführerin.

Beste Torschützin

In der Qualifikation UEFA Women’s Euro 2013  war sie mit dem nationalen russischen Frauenteam mit sieben Treffern in der beste Torschützin ihres Landes. Ohne Zweifel war die Europameisterschaft für Shlyapina ein wichtiges Ereignis, denn sie hatte zuvor noch nie bei einer Europa- oder Weltmeisterschaft mitgespielt. Shlyapina musste bis zuletzt zittern, ehe Cheftrainer Sergei Lavrentyev sie dann doch für den Kader nominierte. In Schweden war sie aber nur noch Reservistin mit einer kurzen Einwechselung im Spiel gegen England. Russland wurde Dritter in Gruppe C hinter Frankreich und Spanien. Island konnte sich mit vier Punkten als bester Gruppendritter für das Viertelfinale qualifizieren.

Per Los ausgeschieden

Da Dänemark und Russland jeweils zwei Punkte hatten, musste per Los entschieden werden. Dänemark erhielt hierbei den Zuschlag, Russland schied aus. Der Traum von Natalia Shlyapina im folgenden Viertelfinale in einer EM-Endrunde zum Einsatz kommen, endete ohne Glück. Ihre langjährige Mitspielerin in der Nationalmannschaft und Rossiyanka Gefährtin Olga Petrova  wechselte zu Jahresbeginn zum VfL Wolfsburg. Wir  interviewten Natalia Shlyapina in Moskau. Sie sprach über ihre größten emotionalsten Momente bei Rossiyanka – der Russischen Frau – und wie alles bei ihr mit dem Fußballerleben begonnen hat.

Frage: Natalia, sage uns bitte, was war der Grund, der sie zum Karriereende bewegte?

Natalia Shlyapina: Es war zum Jahreswechsel, in Wahrheit ist es mir nicht leicht gefallen, obwohl ich schon im Sommer darüber nachgedacht hatte. Sicher wäre es später noch schwerer geworden, die Mannschaft  zu verlassen. Wie gesagt, die Hauptsache war, dem Fußball  rechtzeitig adieu zu sagen. Es war einfach Zeit gekommen, auf Wiedersehen zu sagen.

Frage: Wie kamst du eigentlich zum Fußballspielen?

Shlyapina: Oh, daran kann ich mich noch gut erinnern. Es geschah in der Schule. In der 2. Klasse hatte eine Sportlehrerin bemerkt, wie schnell ich bin. Ich spielte mit den Jungs Fußball und  lief mit ihnen um die Wette. Die Sportlehrerin kontaktierte einen Fußballtrainer. Dies geschah  alles im Jahre 1992. Damals galt Frauenfußball in russischen Öffentlichkeit als barer Unsinn, niemand hatte je davon gehört. Meine Lehrerin lud en Trainer zu einer Unterrichtsstunde ein, um mich zu treffen. Er kam, wir redeten miteinander und er sagte spontan: "Komm morgen mit deinen Eltern, du kannst dir das Training anschauen und wenn du willst, selbst mitspielen." Also bin ich hingegangen und bin bis jetzt zum Ende meiner Karriere dabei geblieben.

Frage: Du hast viele Jahre, das Trikot vom FC Rossiyanka  getragen. Was war in diesen Jahren für dich am denkwürdigsten?

Shlyapina: Natürlich war beim ersten Meistertitel im Jahr 2005 der denkwürdigste Moment. Auch ein  Spiel gegen Arsenal London FC in der Champions League werde ich nie vergessen. obwohl wir das Spiel im Ergebnis mit 4:5 verloren. Wir haben sehr tapfer gekämpft, zeigten Charakter und Siegeswillen. Ebenso denkwürdig war zur gleichen Zeit der Sieg in der russischen Meisterschaft 2010 sowie der 4:0 Sieg über unseren Rivalen „Zvezda-2005". Davor hatten wir 3 Jahren lang gegen dieses Team verloren.

Frage: Natalia, was bedeutet dir Rossiyanka?

Shlyapina: Rossiyanka ist für mich viel mehr als nur ein Team. Ich verteidigte die Farben der Mannschaft seit neun Jahren, dies war der dritte Verein meines Lebens mit der Hälfte meiner Fußball-Karriere. Mit Rossiyanka meinem Heimatverein verbrachte ich die meine besten Jahre im Sportlerleben..

Frage: Wie siehst du die Zukunft der Rossiyanka Mannschaft  mit so vielen jungen  Spielerinnen?

Shlyapina: „Nun, Rossiyanka hat mittlerweile  ein sehr junges Team. Ich meine, dass die Zukunft sehr vielversprechend sein wird. In diesem Jahr wird es natürlich nicht einfach sein. Jedoch denke ich bereits an die nächste Saison, da wir werden wieder an die führende Position zurückgekommen sein, nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene.

Frage: Was hälst du aus deiner Sicht und Erfahrung vom deutschen Frauenfußball?

Shlyapina: Deutsche Vereine stehen für Erfolg und die Mannschaften haben immer eine gute körperliche Verfassung. Es ist sehr schwer, gegen deutsche Klubs zu spielen, denn sie sind physisch stark und weit entwickelt. Auch taktisch sind sie erstklassig geschult. Deshalb muss jeder Herausforderer sehr hart trainieren, um sie in Schach zu halten und zu beschäftigen.

Frage: Letztes Jahr schied Rossiyanka im Viertelfinale gegen den VfL Wolfsburg aus, es war das dritte Mal, dass ihr gegen eine deutsche Mannschaft im Viertelfinale ausgeschieden seid. Was muss ein russisches  Team tun, damit es besser laufen kann?

Shlyapina: Zuerst müssen sich unsere Spielerinnen körperlich voll reinhängen und sich in diesem Bereich steigern. Die größten Probleme haben russische Vereine im europäischen Vergleich bei der Kondition. Deutsche Spielerinnen können 90 Minuten lang ohne Pause laufen, aber wenn man sich russische Vereine ansieht, merkt man nach 70 Minuten, dass eine gewisse Müdigkeit einsetzt. Russische Teams können auf diesem Niveau nicht mithalten. Deshalb ist Konditionstraining ganz wichtig. Aber auch im technischen Bereich müssen sich die Spielerinnen steigern. Denn wenn die Müdigkeit einsetzt, werden die entscheidenden Fehler gemacht. Die Teams müssen den Gegner taktisch analysieren und herausfinden, wo die Stärken und Schwächen liegen.

Frage: Was planst du für die nähere Zukunft?Shlyapina: Ich werde erst mal mehr Zeit für die Familie haben, weil im Profisport, dies nicht immer möglich war. Frage: Ein paar Worte an die Fans?

Shlyapina: Wir hatten in letzter Zeit nicht so gut gespielt, so wie es unseren Fans wünschen. Folglich  hatten wir weniger Zuschauer  im Stadion. Meiner Meinung nach werden uns die Fans bald wieder mehr schätzen, wenn Rossiyanka in nächster Zeit  mehr spektakuläre Spiele und anständige Ergebnisse zeigen wird. Und unseren Fans würden ich gerne sagen: „Liebe Frauenfußball Rossiyanka Fans,  vergesst nicht, dass der wahre Fan auch dann immer da ist, sein Lieblingsteam zu unterstützen, wenn es nicht nur schöne Momente gibt.Danke.

Frage: Am Ende, was wünschst du dem Team?

Shlyapina: Den Mädchen möchte ich wünschen, dass sie lernen, vor allem an sich selbst glauben. Alles liegt in Ihren Händen und Füßen. Jetzt ergeben sich neue Chancen, sich zu beweisen. Sie sollten nicht den siegreichen Geist von Rossiyanka – den russischen Frauen – vergessen. Sie sollten sich gegenseitig unterstützen. Ich glaube, dass es Ihnen gelingen wird.

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