Es waren zwei Königskinder … – Maren Ade zeigt in „Alle anderen“ eine Beziehungskiste zwischen Komödie und Tragödie

Birgit Minichmayr und Lars Eidinger in "Alle Anderen"

Nur in diesem Punkt ist sich das ungleiche Paar sehr gleich. Denn es geht um das Sein und den Schein, was man von einander will und die gegenseitigen Vorwürfe, daß der andere zu betont etwas darstelle, statt einfach zu sein, also schlicht um Schein und Sein. Das Ganze spielt im Ferienhaus der Eltern von Chris auf Sardinien, abgeschieden am Meer mit traumhafter Kulisse. Alles andere ist weg, der Alltag, die Freunde, der Beruf, aber die beiden Ungleichen sind beieinander und liefern sich einen täglichen Geschlechterkampf, wobei Gitti nicht nur in der Regel Siegerin bleibt, sondern auch die eindeutig kontrollierende und in Szene setzende Person ist, während die Macht von Chris hauptsächlich darin besteht, sich zu verweigern und wortlos zu maulen. So spielen die beiden miteinander und der Ernst kommt, als mit Hans ein befreundeter und erfolgreicher Kollege auftaucht und beide mit in sein mit klarer Geschlechtertrennung funktionierendes Heim mitnimmt, wo seine Frau Sandra , eine angepaßte, gleichwohl erfolgreiche Geschäftsfrau ihn anhimmelt und insgesamt das Gegenteil von Gitti darstellt. Die wird renitent, und ergreift in einer Art Partei für Chris, die dieser nur als unsoldidaridsch mit ihm empfinden kann, weil sie ihn ungewollt als Schwächling und Hampelmannn bloßstellt.

Sie aber findet das ihrerseits unsolidarisch und ab jetzt herrscht Krieg, wobei dieser Hans seine Sourveränität zeigt, indem er klar und deutlich Gitti als ungezogen und maßlos darstellt. Beide ziehen ab und ab jetzt geht der Krieg zu Hause weiter.. Gitti, die als die Stabile dastand, wird immer unsicherer, spirngt aus dem Fenster, kann dem Leben aber nicht entgehen, und irrt zwischen verschiedenen Verhaltensweisen hin und her, wobei ein neu gekauftes Kleid, das ihr aber nicht gefällt, auf einmal die zwischen angepaßter Weiblichkeit und renitentem Störrischsein chanchierenden Rolle übernimmt. Mal zieht sie es an. Mal zieht sie es wieder aus. Je nachdem, welche Seite in ihr siegt.
Gitti möchte von Christ fast zwei Filmstunden über hören, daß er sie liebt, was er ständig in Taten beweist, die in der Regel sexueller Natur sind. Sie aber will die Worte dazu hören und als er nun endlich gegen Ende ihr nach einem Liebesspiel sein Liebesgeständnis macht, da verläßt sie ihn. Als er fassungslos nachfragt, warum und was passiert sei, erwidert sie schlicht. „Ich liebe Dich nicht mehr.“ Allerdings merkt man auch dann sogleich daß sie einen Schritt zu weit geht, auch für sich selber und so ist das Ende offen, das sich Zuschauer vielleicht nach ihren eigenen Lebenserfahrungen zusammenstricken.
So sehr der Filminhalt aus dem Leben gegriffen scheint, von Dreißigern aus besseren Verhältnissen, so abgehoben ist er gleichzeitig. Es gibt witzige und unkonventionelle Dialoge, aber gleichezitig weiß man oft, wie die nächste Redeeinheit lautet. Aber ein gewisser Luxus in den Lebensverhältnissen und Partnerproblemen einer ganz gewissen Schicht interessiert diese auch auf der Leinwand. Insofern wird der Film seine Liebhaber finden. In der Pressekofnrenz machte die Regisseurin Maren Ade klar, wo ihre Bezugspunkte sind: Beziehungsfilme wie Ingmar Bergmann, und La Notte”¦Die allerdings haben einen existentielleren Hintergrund und so schwergewichtig sollte dieseer Film nicht eingeschätzt werden. Er ist ein Unterhaltungsfilm, der wunderbare Blicke auf Sardinien erlaubt, aber eine gewisse Beziehungslarmoyanz nicht vermeiden kann.

Titel: Alle anderen
Regisseurin und Buch: Maren Ade
Darsteller: Birgit Minichmayr, Lars Eidinger, Hans Jochen Wagner, Nicole Marischka
Verleih: Prokino
Kinostart: 18. Juni 2009

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