Einer von 150 – Freiheit für Deniz Yücel

Deniz Yücel kommt frei.
Der Journalist Deniz "Yücel kommt frei" twittert die "Tagesschau" am 16.2.2018. Quelle: Twitter

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Gestern noch forderte Dieter Kosslick als Berlinale-Direktor auf der Eröffnungsgala der 68. Internationalen Filmfestspiele Berlin vor 1 600 geladenen Gästen im Berlinale-Palast am Marlene-Dietrich-Platz die Freilassung von Deniz Yücel. Heute wurde sie verkündet.

Die Erleichterung über die Nachricht scheint vor allem in Deutschland groß. Auch beim Außenminister der Bundesrepublik Deutschland (BRD), Sigmar Gabriel (SPD), der mit den Worten „Ich freue mich sehr über diese Entscheidung der türkischen Justiz“ zitiert wird, ist sie offensichtlich riesig. Das Auswärtige Amt (AA) twitterte zudem, dass Gabriel in den letzten Monaten viele Gespräche mit der türkischen Regierung zur Beschleunigung des Verfahrens geführt“ habe. Yücel saß über ein Jahr in einem türkischen Gefängnis, überwiegend in Einzelhaft, und das ohne Anklage.

Bezüglich Gabriels Bemühungen werden vom AA Gespräche mit Präsident Recep Tayyip Erdogan und Außenminister Mevlüt Cavusoglu aufgelistet. Doch was war der Deal? War es am Ende ein dreckiger? Gabriel behauptet, dass es hinter den Kulissen keine Gegenleistungen gegeben hätte.

Dabei war es der „Spiegel“, der darüber berichtete, dass Gabriel die Lieferung deutscher Waffen an die Türkei von der Freilassung des Journalisten Yücel abhängig gemacht habe. Zitat: „Die Türkei ist NATO-Partner und Partner im Kampf gegen den IS. Eigentlich sind beides Gründe, um gegenüber der Türkei keine derartigen Restriktionen im Rüstungsexport zu haben, wie wir das zum Beispiel gegenüber Staaten im Nahen Osten haben. Trotzdem hat die Bundesregierung eine sehr große Anzahl von Rüstungsexporten nicht genehmigt. Dabei wird es auch bleiben, solange der Fall Yücel nicht gelöst ist.“

Zwar bestritt Gabriel das anschließend (Gabriel: „Ich kann Ihnen versichern, es gibt keine Verabredungen, Gegenleistungen oder, wie manche das nennen, Deals in dem Zusammenhang“ („Spiegel-Online“, 16.2.2018), aber war das wirklich nur ein Mißverständnis zwischen ihm und dem „Spiegel“?

Sogar Kanzlerin Angela Merkel (CDU) behauptete noch am Donnerstag nach einem Treffen mit dem türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim, dass sie ihn darauf hingewiesen habe, „dass dieser Fall eine besondere Dringlichkeit für uns hat“. Was hat die Kanzlerin auf dem Treffen mit Yildirim noch besprochen?

Nicht vergessen bleiben wird auch, was Yücel über Thilo Sarrazin äußerte, dass man ihm „nur wünschen kann, der nächste Schlaganfall möge sein Werk gründlicher verrichten“, worauf Alice Weidel (AfD) hinweist. Andere wollen und werden nicht nur vergessen, was Yücel über Sarrazin im Besonderen denkt, sondern über Deutsche im Allgemeinen.

Dazu schrieb Marcello Dallapiccola im „Contra Magazin“ (21.2.2018): „In jüngster Zeit fiel Yücel vor allem durch das Zitat auf, dass – sinngemäß – ‚der baldige Abgang der Deutschen von der Weltbühne Völkersterben von seiner schönsten Seite‘ sei. Man stelle sich nur einmal vor ein in der Türkei lebender Deutscher ließe sich zu so einer Aussage über sein Gastland hinreißen – er hätte wohl nicht viel Spaß in seinem kurzen Restleben.“

Bei der „Welt“ mag ein solcher Mann bestallt werden, das ist Springers Sache, bei uns nicht. Wer „den baldigen Abgang der Deutschen“ als „Völkersterben von seiner schönsten Seite“ ansieht wie Yücel in seinem „Taz“-Beitrag unter dem Titel „Super, Deutschland schafft sich ab!“ vom 4.8.2011, der kann in der Türkei bleiben. Wer darauf hofft, dass die BRD zu einem „Raum ohne Volk“ wird und die Auffassung hinausposaunt, dass sich „etwas Besseres als Deutschland … allemal“ finden lasse, der kann einem Deutschen getrost gestohlen bleiben.

Dass Idioten wie Yücel wegen dieser dämlichen Meinungen oder anderen, die er in „Taz“, „Welt“ und sonstwo verbreitet, nicht in ein Gefängnis gehört, sondern die Meinungsäußerungsfreiheit das zu gewährleistende subjektive Recht auf freie Rede sowie freie Äußerung und öffentliche Verbreitung einer Meinung in Wort, Schrift und Bild sowie allen weiteren verfügbaren Übertragungsmitteln ist und bleibt, das gilt für ihn und andere.

Was aber geschieht mit den anderen 150 Journalisten, die im Terrorstaat Türkei, der seit Jahren gegen Kurden Krieg führt, im Knast sitzen und weder von Kosslick noch von Gabriel oder Merkel namentlich erwähnt werden?

Yücel ist frei und laut Medienberichten auf dem Weg zum Flughafen nach Istanbul. Auf welchem Weg sind andere inhaftierte Journalisten in der Türkei?

Die Antwort ist alles andere als gut. Die sechs türkischen Journalisten Ahmet Altan, Mehmet Altan, Nazli Ilcak, Fevzi Yazici, Yakup Simsek und Sükrü Tugrul Özsengül wurden heute zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt worden.

Wieviele dreckige Deals will die Regierung unter CDU, CSU und SPD unter Kanzlerin Merkel mit der Erdogan-Türkei noch schließen?

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