Ein „Wunderheiler“ rechnet ab – Eckart von Hirschhausen mit neuem Programm

Eckart von Hirschhausen © Foto: Frank Eidel

Abend aus der Wundertüte

Und los geht’s! In einem dreistündigen Parcours, der wie aus einer Wundertüte heraus kaum eine Schwachstelle in den Arztpraxen und Krankenhäusern auslässt. Ohne dabei jedoch der Versuchung zu erliegen, sich im Glaubenskrieg zwischen Schulmedizin und Alternativmedizin auf eine Seite zu schlagen: „Ich stehe auf der Seite der Guten“, stellt er entwaffnend fest. Und meint damit niemand anders als jene Vertreter der medizinischen Zunft, die in der Lage sind, Kranke wirklich zu heilen. Und die Anderen? Die profitieren in ihrer Beurteilung durch die Patienten von dem Umstand, dass diese zumeist erst am Ende ihrer Krise zu ihnen kommen. Zu einem Zeitpunkt, an dem es entsprechend dem „Phänomen der Regression zur Mitte“ ohnehin wieder aufwärts mit ihnen geht.
   
Und wenn Chirurgen – viel zu oft – gar das Messer ansetzen, verschweigen sie gern den Umstand, dass sich „bei 80 Prozent der Operationen ohnehin kein Wirkungsnachweis erbringen lässt“. Wie bei einer Knieoperation, die von Hirschhausen selber über sich ergehen ließ. Bei der habe es „anschließend immer noch weh getan, nur anders“. So bleibt es bei der seit langem gültigen Statistik, wonach es zwei Arten von Krankheiten gibt: „die, die weggehen und die, die nicht weggehen“. Ein schwacher Trost.

Nichts zu lachen

Doch auch die Alternativmedizin hat, im Unterschied zum Publikum, an diesem Abend nicht viel zu lachen. Hier nimmt von Hirschhausen vor allem die Bioresonanz aufs Korn, die ohne überzeugenden Nachweis Allergien feststelle, um diese für viel Geld sogleich wieder zu löschen. Aber auch die Homöopathie macht ihm zu schaffen, die mit ihren Globuli den Erweis ihrer Wirksamkeit erst noch erbringen müsse.

Ist hier am Ende gar Scharlatanerie am Werk? So wie auch im Bereich der Esoterik, die sich im medizinischen Bereich inzwischen fest etabliert hat? Schaudernd erinnert sich von Hirschhausen an eine esoterische Tagung vor dem Osterfest, bei deren Sitzungen sich der Tagungsleiter wegen seiner schmerzenden Hände in die Nähe zu Jesus rückte. Und dazu einen Zusammenhang herstellte zwischen dem verdutzten Seminarteilnehmer und dem Erzengel Raphael. Eine Verbindung, für die von Hirschhausens Frau nicht das geringste Verständnis aufzubringen vermochte.

Heile, heile Gänschen

Dann doch lieber gleich zurück zur guten alten Magie. Seit Kindertagen sei sie durch Kinderlieder und Märchenerzählungen mit archaischen Vorstellungen in uns verankert und helfe, Ängste zu lindern oder psychische Verletzungen in uns zu heilen: „Heile, heile Gänschen“ schallt es wie zum Beweis von der Bühne herunter, und alle singen mit. Zur Reserve hält von Hirschhausen noch ein Fläschchen mit „Monsterspray“ bereit. Mit 700 Sprühstößen Inhalt sicherlich „ausreichend bis zur Pubertät“. Geht doch!

Und wenn Wissenschaft nichts anderes ist als der „aktuelle Stand des Irrtums“, warum nicht gleich zurück zur Zauberei? Von Hirschhausen beherrscht einige ihrer Ticks in Perfektion. Sie sollen dabei helfen, genau hinzuschauen und – in Hinblick auf eigene gesundheitliche Probleme – naheliegende aber zu einfache Erklärungsmuster infrage zu stellen. Doch „Wunder“, so intoniert Christoph Reuter vom Klavier, „gibt es immer wieder“. Besonders, wenn man dem Körper die Chance gibt, die Selbstheilungskräfte in Gang zu setzen. Wie die nach drei Tagen geheilte Schramme beweist im Unterschied zu einer Schramme am Auto.

Unerklärliches erklärt?

Hat „Wunderheiler“ von Hirschhausen mit seiner groß angelegten Tour durch das Minenfeld der gegenwärtigen Medizin tatsächlich „das Unerklärliche erklärt“? Zumindest hat er es in den Rang humorvoller Reflexion erhoben. Und mit Hilfe aufgeschlossener Fans als Demonstrationsobjekte die Neugierde an bislang wenig bekannten medizinischen Zusammenhängen geweckt. Dazu die Einsicht in längst Vertrautes, wonach das Leben „nicht als Ware, sondern als ein Geschenk“ betrachtet werden muss.

Das Publikum dankt es ihm mit frenetischem und lang anhaltendem Beifall. Auch die abschließende Ermahnung, „nicht ständig im Krieg zu sein mit uns selber“, mit unseren hoch gesteckten Zielen und Anforderungen an uns selbst, kommt an. Zumindest diese Aspekte des menschlichen Daseins wären dann doch noch geklärt.

www.hirschhausen.com

Weitere Vorstellungen 2013: November: Regensburg (27.), Augsburg (28.), München (29.), Dezember: Bochum (5.), Münster (6.)

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