Ein Leben am Ball ging zu Ende – Ein Nachruf auf Wolfgang Hartwig

Wolfgang Hartwig
Wolfgang Hartwig © Thomas Hartwig

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Am 2.Juni rief ich bei Hartwigs an, um Lilly Hartwig zum 86. Geburtstag zu gratulieren. Danach kam Wolfgang ans Telefon. Schon ein paar Tage vorher hatte er mir erzählt, dass bei ihm Metastasen an Leber und Nieren festgestellt wurden. „Ich unterziehe mich mit 87 Jahren keiner Chemo oder Bestrahlung mehr. Das ist Quälerei“, sagt mir Wolfgang. Also fragte ich an, wann ihm ein Besuch von mir Recht sei. Bei seiner Antwort spürte ich plötzlich einen Kloß im Hals. „Manne, besuch mich nicht, setzt dich lieber hin und schreib einen Nachruf. Volker Kluge hat mir versprochen, die Trauerrede für mich zu halten. Damit du Bescheid weißt. Ich komme auf dem Friedhof Pankow 3.“

Fünf Tage nach diesem Gespräch starb Wolfgang Hartwig, genau am 7. Juni, als wir Berlin-Brandenburger Sportjournalisten auf Sommerfahrt nach Wittenberg-Lutherstadt unterwegs waren. Die Fahrt wollte er gern noch mitmachen. „Aber ich kann schlecht laufen und gehe nicht mehr aus dem Haus“, erklärte Wolfgang, der in Berliner Journalisten-Kreisen nur „Poldi“ genannt wurde.

Zum Spiel Hertha gegen RB Leipzig hatte er sich aber noch geschleppt. Der Fußball war Wolfgangs Leben ebenso wie seine Leidenschaft für Handball und Eishockey. In Journalistenkreisen fühlte er sich besonders wohl und zählte auch deshalb zu den aktivsten Mitgliedern unseres VDS BB.

Als Pädagogik-Student ließ er in seiner Heimatstadt bei Wissenschaft Halle an der Saale den Ball in der DDR-Liga laufen. 1953 stieg er als Journalist bei der „Jungen Welt“ ein. Am 70. Gründungstag dieser Zeitung gehörte er im Februar dieses Jahres im Kreise seiner ehemaligen Kollegen zu den Gästen der Erinnerungsfeier. Der junge Sportjournalist lernte in der einstigen DDR schnell die Tücken des Journalismus kennen. Nach dem WM-Sieg der bundesdeutschen Fußball-Nationalmannschaft formulierte er in der sächsischen Ausgabe der „Jungen Welt“: „Ein Triumph des Weltfußballs“. Die Zeitung erschien aber mit der Schlagzeile: „Ein Triumph des Westfußballs.“ Danach erlebte Wolfgang Hartwig ein paar schwere Tage. Es kam nie heraus, wie das S an Stelle des L in die Zeitung gekommen ist.

Nach 27 Jahren bei der auflagenstärksten DDR-Zeitung wechselte er 1980 zur „Berliner Zeitung“. Als Sportchef brachte er das Blatt mit Erfahrung und Fingerspitzengefühl durch das schwere Wasser der Wendejahre, ehe er 1994 in den Ruhestand ging. Bis zu seinem 85. Geburtstag schwang er noch bei Grün-Gold Pankow das Racket. Neben tausenden Artikeln brachte Wolfgang Hartwig sein Fachwissen auch in Dutzenden Fußball- und Olympiabüchern ein. Der beliebte Journalist berichtete von Olympischen Spielen ebenso wie von Weltmeisterschaften im Handball und Eishockey und natürlich rauf und runter vom Fußball in allen Varianten: DDR-Oberliga, Bundesliga, EM, WM, Länderspiele Champions League und früheren Pokalwettbewerbe wie Messepokal und Pokal der Pokalsieger.

Die drei Hartwig-Kinder gehen nicht unbedingt alltäglichen Berufen nach. Thomas arbeitet in der IT-Branche als selbständiger Webdesigner und Agenturchef, Patrick stürzt sich als Fallschirmsprung-Lehrer vom Himmel und Tochter Janina sagt als Schwester Hanna jeden Dienstag im TV „Um Himmels Willen“. Als viertes Enkelchen und erstes Kind von Sohn Patrick kam im Mai Helene auf die Welt, was den Opa offensichtlich besonders ans Herz ging, denn schon lange vor der Geburt erwähnte er das freudige Ereignis immer wieder. Wolfgang, danke für alles, was wir mit dir gemeinsam erleben durften. Du kannst sicher sein. Wir Berliner Sportjournalisten werden dich in ehrenvoller Erinnerung behalte.

Anmerkung:

Ein Tippfehler im vorstehender Beitrag von Manfred Hönel vom 14.6.2017 wurde am 22.2.2024 korrigiert und um einen Hinweis ergänzt. Thomas Hartwig arbeitet in der IT-Branche und zwar nach eigenen Angaben vom 20.2.2024 als selbständiger Webdesigner und Agenturchef.

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