Ein Herz für Bankster – Deutschland »hilft« den Griechen

Die Regierung Merkel engagiert sich nun plötzlich für die Rettung Griechenlands und des Euros. Finanzminister Schäuble drängt scheinbar zur Eile, weil sonst angeblich erneut ein Finanzdesaster wie nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers droht. Doch es sind nicht die griechischen Malocher und ihre Familien, denen mit den Milliarden deutscher Steuerzahler geholfen werden soll. Nein, das Herz der Kanzlerin schlägt für die wahren Opfer der Griechenland-Krise – unsere Großbanken und ihre Aktionäre. Am einfachsten wäre es daher, die deutsche Hilfe direkt an sie zu überweisen.

Allerdings wäre es falsch, die Krise Griechenlands lediglich dem Kasino-Finanzkapitalismus zuzuschreiben. Auch die transatlantische Rivalität dürfte eine Rolle spielen. Inzwischen redet keiner mehr von der baldigen Ablösung des Dollars durch den Euro, obwohl sich am Problem der US-Währung nichts geändert hat. Wir erleben eine Systemkrise des Kapitalismus, die durch die undurchdachte Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung noch verschlimmert wird. Portugal, Island, Spanien, Italien sind bereits auf der schiefen Ebene in Richtung Griechenland unterwegs. Zugleich spekulieren europäische, aber insbesondere US-amerikanische Großbanken derzeit wie verrückt auf die Zahlungsunfähigkeit dieser Länder, treiben dadurch die Zinsen für neue Staatsanleihen in ruinöse Höhen. Doch selbst die noch stabilen EU-Staaten wie Deutschland sind überschuldet– und von den Lohnabhängigen wird verlangt, die Zeche für die Bankster (aus Banker und Gangster) und Spekulanten zu zahlen.

Für den deutschen Stammtisch ist dennoch klar: Die faulen Griechen sind an der Krise schuld. Das ist das Verdienst der bürgerlichen Journaille. Deren Aufgabe ist es zu verhindern, daß die Lohnabhängigen bei uns Gemeinsamkeiten mit ihren Kollegen in Hellas entdecken und womöglich tatsächlich feststellen, daß wir alle Griechen sind.

Anmerkungen:

Vorstehender Kommentar von Rainer Rupp wurde in der linken Tageszeitung junge Welt am 30.04.2010 auf Seite 8 erstveröffentlich. Alle Rechte beim Autor.

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