Ecke, Tor und Konter oder Union: Null, Paderborn: Zwei

Tor für Paderborn.

Paderborn mit der ersten Ecke in der zweiten Minute. Union kann klären. Mehr noch, Halil Savran zeigt ein Sole und prüft Daniel Masuch im Tor des SCP. (10.). Wenig später fällt Jukka Raitala einen Eisernen rund 20 Meter vor der Eckfahne und sieht wie 11.870 Zuschauer im Stadion an der Alten Försterei zum ersten Mal Gelb.

Union-Fans feuern anschließend Torsten Mattuschka an, der den ruhenden Ball gefühlvoll in den Strafraum zirkelt. Guddelmuddel im Sechszehner. Alle Elf der Gäste, die hinten drin stehen und durcheinander laufen, können gegen zehn Angreifer, die alle was wollen, klären. Das ist Zweitligafußball in reinster Form.

Auf der Gegenseite, der Heimseite, hält Marcel Höttecke das „Zuckertor“ sauber. Sauber müßte auch in Anführungszeichen, weil bildlich gesprochen, doch selbst das stimmt nicht. Der großgewachsende und ganz in Grau gekleidete lenkt mit wehender blonder Mähne die an King Kahn erinnert, das Leder an die Latte, die – keine Frage – was abkriegt. Von oben rutsch das Spielgerät auf den Schädel von Christoph Menz, der in fast schon liegender Lage den Ball ins Aus köpft. Sie kennen das: Die anschließende Ecke bringt nichts ein.

Höttecke steht weiter im Blickpunkt. Erneut kann er einen Ball zwar nicht halten, aber abwehren. Einen ansehnlichen Angriff des FCU fängt Masuch (19.). Frisch geht es bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt hin und her. Savran und John Jairo Mosquera setzen sich links durch, doch zu viele Paderborner Beine verhindern den freien Flug des Balles Richtung Tor. Auf der anderen Seite prallt Freistoß von Enis Alushi an der Berliner Mauer ab, springt zurück zu Alushi. Der schießt erneut. Höttecke läßt auch abprallen. Dann ist das Runde im Eckigen. Nun wedelt ein Linienrichter mit einer Fahne. Tausende atmen auf. Kein Tor. Abseits.

Erneut Ecke für Paderborn. Der Ball fliegt hoch in den Strafraum der Berliner. Höttecke will raus, besinnt sich, bleibt stehen, während der Ball über ihn fliegt und sich in die Maschen senkt. Tor. „Entweder geht er richtig raus oder bleibt auf der Linie“, höre ich Kommentatoren. Lauter ertönen die Rufe „Aufwachen“, bis sie vom Chor derer, die ihre Mannschaft „kämpfen und siegen“ sehen wollen, klassisch ausgekontert werden. Laut, lauter, am lautesten bewahrheitet sich hier und heute.

Unbeeindruckt vom Rückstand zieht es die Unioner, den Blick nach vorn, vors Tor des Gegners. Dort sieht Grudzinski eine „Schwalbe“. Der Schauspieler und wir sehen wieder Gelb (30.). Gut gegeben. Das Mühen um eine kontrollierte Offensive ist in Ansätzen zu sehen, doch will nicht glücken. Die letzte Konzentration, der tödliche Paß – nicht nur Union-Trainer Uwe Neuhaus vermisst das. Die Mannschaft von Paderborns Trainer andre Schubert hingegen verteidigt clever und smart statt stumpf und hart. Zudem gelingen immer wieder schnelle Vorstöße (33.). Markus Krösche verfehlt um Zentimeter frei vor Höttecke die Hereingabe. Der Ball rollte ins Aus.

Savran schießt, weil kein Durchkommen ist, von der Strafraumgrenze (42.). Flach, scharf doch zu ungenau. Masuch wäre dran gewesen, wenn der Ball nicht rechts neben den Pfosten vorbeigeflogen wäre. Eine Minute später eine dieser Hunderprozentigen. Völlig frei steht Savran und kommt zum Kopfball. Masuch muß und kann sich auszeichnen. Schubert wechelt schon vor der Pause.

In der Pause wechselt sich auf wundersame Weise die Einstellung der Heimelf. Wie verwandelt drücken und stürmen die Berliner. Einschußmöglichkeiten im Minutentakt Mattuschka (48.), Savran (49.). Auch Björn Brunnemann, der für Michael Parensen eingewechselt wurde, darf ballern. Bei seinem Schuß aus gut und gerne 30 Metern Entfernung ist Masuch auf dem Posten und pariert (57.). Sofort leitet er den Konter ein. Der Anfang vom Ende nimmt seinen Lauf. Philipp Heithölter paßt auf Guie-Mien. Der läßt sich nicht zwei Mal bitten und trifft zum 2:0. Mit diesem Klassiker können zwei, drei Paderborner die Berliner kaltstellen. Ecke-Tor und Konter. So kann es gehen.

Einige Unioner haben die Schnauze voll. Bei manchen Spielern und Anhängern ist die Luft raus. Neuhaus holt zwar Savran und Youna Mouhani vom Feld, schickt Karim Benyamina und Santi Kolk rein, doch der Drops ist gelutsch. Weder aus kurzer Distanz noch mit Weitschüssen ist Masuch an diesem Sonntag zu überwinden. Mit anderen Worten: Union null, Paderborn zwei.

Union hat wieder einmal verloren, weil die Mannschaft nicht hart genug war und gute Möglichkeiten ungenutzt ließ. Was nutzen 65 Prozent Ballbesitz, 78 Prozent gelungener Pässe, 36 Flanken und 15 Schüsse insgesamt, wenn die Effektivität, die das Handeln bestimmt, fehlt. Dann, Trainer, muß man das Handel, die Taktik, also die geschickte Verfolgung des Ziels, nämlich zu gewinnen (!) ändern. Fürs Schönspielen gibt es keine drei Punkte. Die und noch ein paar mehr bekommen jedoch die Anhänger des 1. FC Union Berlin für ihre Sangeskunst und Liederlust. Das ist – wie Nina Hagen – reif für das Berliner Westend. Dorthin ins Olympiastadion dürfen die Köpenicker zum „Auswärtsspiel“ nächste Woche gegen Hertha BSC, die mit ihrem 3:1-Sieg auf der Bielefelder Alm weiter Kurs Richtung Erste Liga halten. Ganz Berlin freut sich drauf: auf dieses Derby.

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