Drei Jahre als Franzose in deutscher Kriegsgefangenschaft von 1914-1917 – Annotation

© Lilienfeld Verlag

Es handelt sich um die Erinnerungen und Betrachtungen eines Kriegsgefangenen von Jacques Rivière. Dieser war zu seiner Zeit einer der führenden Intelektuellen Frankreichs. Er stürzte sich, wie viele andere auf beiden Seiten, in das vermeintliche Abenteuer 1. Weltkrieg. Bereits in den ersten Kriegstagen geriet er in deutsche Gefangenschaft und hatte in den nächsten drei Jahren viel Zeit, das deutsche Wesen zu studieren. In Sachsen und Bremen wurde er in Kriegsgefangen-, bzw. Vergeltungslager interniert, bevor er 1917 im Rahmen eines humanitären Gefangenenaustauschs in die neutrale Schweiz ausreisen durfte. 1914 verband Deutsche und Franzosen eine lange Historie der Feindschaft. Alle paar Jahrzehnte wurde in verschiedenen Konstellationen gegeneinander Krieg geführt. Die Anlässe erscheinen heue banal, da wir seit dem 2. Weltkrieg die Franzosen lieb haben. Und sie uns auch ein wenig.

Zur Weltkriegszeit sah das ganz anders aus, es dominierten die Hetzer, Nationalisten. Geifernde Polemiken, widerliche Hasstiraden und Ressentiments bestimmten die Nichtkommunikation.

Jacques Rivière ragt aus diesem Gewürm von Nichtsen heraus wie ein hehrer Turm. Seine Betrachtungen sind fein geschliffene Nahaufnahmen des deutschen Tuns. Als die wütende germanische Soldateska das liebliche Frankreich (anfangs) überrollte, keine historisch wertvolle Städte schonte und Bibliotheken wie Kathedralen in Flammen aufgingen, war ein jedem sehr schnell klar, welcher tumber Ungeist im preußischen Militär wohnte. Insofern ist JR`s Buch ein Werk der Notwehr. Sein Buch ist voll Zorn gegen ein ganzes Volk. Obgleich der Ton mitunter sehr amüsant ist, bleibt wenig gutes Haar an unseren Vorfahren. Geisteich und launig wie ein mittelalter Bordeaux. Ein Buch das man lesen muss.

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Jacques Rivière, Der Deutsche, Erinnerungen und Betrachtungen eines Kriegsgefangenen, 208 Seiten, Lilienfeld Verlag, Düsseldorf  2014, ISBN: 978-3940357120, 19,90 Euro (D)

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