Die verflixte siebente Kollektion – Die neu erschienene „Marilyn Monroe Collection“ macht den alten Filmsammlungen Konkurrenz

Sie enthält die gleichen Filme wie die zu Marilyns 50. Todestag 2002 erschienene „Marilyn Monroe Diamond Collection“. Neu ist die erstmals in Deutschland auf DVD erscheinende Komödie „We ´re not married“. Ohne die berühmte Nebendarstellerin wäre der Unterhaltungsfilm höchstens Fans von Hauptdarstellerin Ginger Rogers bekannt – wie viele von Marilyns Filmen nicht zu Unrecht. Otto Premingers in der „Marilyn Monroe Collection“ enthaltene unausgegorene Western „River of no Return“ oder das Filmmusical „There`s no Business like Showbusiness“ nutzen die Darstellerin unverholen als Schauobjekt. „Sie behandeln dich wie eine Geldmaschine.“, äußerte Marilyn verbittert über die Filmindustrie. Dass ihr der Mangel an Rollenpotential unerträglich werden musste, macht das Ansehens der Filme schmerzlich nachfühlbar. Dabei lobte sogar Regisseur Billy Wilder ihr komödiantisches Talent, wenn er an den Kapricen seiner Hauptdarstellerin auch schier verzweifelte und nach „The seven Year Itch“  schwor, nie mehr mit ihr zusammenzuarbeiten. Für die ebenfalls in der „Marilyn Monroe Collection“ enthaltene zeitlose Komödie „Some Like it hot“ wurde Wilder zum Glück wortbrüchig. Die als Bonusmaterial beigefügte Dokumentation ist in ihrer Flüchtigkeit eher überflüssig. Die Filmografie enthüllt mehr über die Tragik im Leben der Darstellerin.

Namhafte Regisseure wie Otto Preminger, George Cukor, Laurence Olivier oder Fritz Lang produzierten mit ihr nur zweitklassige Filme. Sie kranken an schwachen Drehbüchern und hölzernen Dialogen. Man nimmt es auf sich, nicht nur um Marilyn anzuschauen, sondern ihr beim Schauspiel zuzusehen. Was sie aus den undankbarsten Rollen herauszuholen vermag, beweist Joshua Logans „Bus Stop“. Um ehrlich zu sein, „Bus Stop“ ist ein widerwärtiger Film. Das Drehbuch inszeniert Arme als minderwertig. Handelt es sich um Frauen, sind es Flittchen, die dankbar sein dürfen, wenn ein Bursche aus der Mittelschicht sich zu ihnen herablässt. Marilyn spielt solch ein armes Flittchen, Barsängerin Cheri, in die sich der grobe Hauptdarsteller verguckt. Eine Hollywoodkarriere wünscht sich Cheri, um „mit Respekt behandelt“ zu werden. Marilyns Interpretation der als grelles Schauobjekt konzipierten Figur gibt dem um Komik bemühten Film einen traurigen, bitteren Unterton. Cheri will nicht als Star angehimmelt werden, sondern das Minimum an Achtung, welches jeder Mensch verdient. Statt wie im Drehbuch vorgesehen in aufreizenden Kostümen verführerische Lieder zu seufzen, singt Marilyn in herunterrutschenden Handschuhen und eingerissenen Strümpfen unsicher „That ol ´ black Magic“. Bis sie Hauptdarsteller Don Murray fast mit Gewalt auf seine Farm schleppt.

Weggeschleppt wird sie auch in Premingers missglücktem Western „River of no Return“. Wieder ist Marilyn eine Sängerin, nur dass Cheri diesmal „Kay“, die Bar „Saloon“ und der Hauptdarsteller Robert Mitchum heißen. Oft musste die Monroe eine Rolle in unterschiedlicher Variation mehrfach spielen. In „Gentlemen prefer Blondes“ und „How to marry a Millionair“ war sie hinter männlichen und tatsächlichen Geldsäcken her. In „Let`s make Love“ und „The Prince and the Showgirl“ verfiel sie als Bühnendarstellerin einem Mann aus der Oberschicht, Laurence Olivier und Yves Montand. In „There`s no Business like Show Business“ und „Monkey Business“  ist sie leicht dümmlicher Augenschmaus.

Untertitel in zwanzig Sprachen, drunter Deutsch und Englisch für Hörgeschädigte, und Trailer, neben den amerikanischen auch deutsche oder spanische (zu allen Filmen außer „We ´re not married“) zählen zu den Standardextras bei DVDs. Etwas Besonderes dagegen sind die Bildergalerien mit Postern, Werbeplakaten und Szenenbildern und die Nachrichtenausschnitte. Darin sieht man Marilyn mit ihrer Darstellerkollegin Jane Russel die Hände in Zement drücken oder Marilyn mit Humphrey Bogart und seiner Ehefrau Lauren Bacall. Dazu gibt es Interviews, Kurzdokumentationen zu den beiden Billy-Wilder-Filmen, zwei unveröffentlichte Szenen und die unfertigen Aufnahmen zu Marilyns letztem Film „Something ´s got to give“. Angesichts der Vielzahl von Filmsammlungen der Schauspielerin wäre dennoch mehr Einfallsreichtum erfrischend gewesen. Eine Kompilation der Kurzauftritte aus Marilyns frühen Filmen – eingeschworenen Fans kennen „Clash by Night“ oder „Ticket to Tomahawk“ – oder Proben ihres Gesangstalents. Ihr gehauchtes „Happy Birthday“ an John F. Kennedy hat zartere Stücke wie „When I fall in love“ oder „You ´d be surprised“ in den Schatten gestellt.

Was der „Marilyn Monroe Collection“ wie allen anderen Monroe-Filmsammlungen fehlt, sind ihre „unbekannten“ Filme, derer man sich aufgrund anderer Qualitäten als dem Star erinnert. John Hustons film noir „The Asphalt Jungle“ oder Joseph L. Mankiewicz oscargekrönter „All about Eve“. Monroes Nebenrolle als kindliche Gangstergeliebte in Hustons Klassiker ist ausdrucksstärker als ihre doch recht  schematisch angelegte Hauptrolle in „Let`s make Love“. Gemeinsam mit „Don ´t Bother to knock“ und „Niagara“ bezeugt der Kriminalfilm, was für eine hervorragende femme fatale Marilyn abgab. Beide in der „Marilyn Monroe Collection“ enthaltene Filme sind sehenswerte Ausnahmeerscheinungen, die Marilyn als Schurkin und psychisch Verwirrte zeigen. „Every inch a woman, every inch an actress!“, versprach die in der DVD-Sammlung enthaltene Kinovorschau zu „Don ´t Bothmer to knock“. Leider erinnerten sich Publikum und Produzenten hauptsächlich an Erstes.

„Ich interessiere mich nicht für Geld. Ich will nur wundervoll sein.“ Würden sich die Herausgeber der zahlreichen Monroe-Filmsammlungen doch an dem Zitat der Darstellerin orientieren. Dann ließe eine DVD-Kollektion anstelle des Zerrbildes des Sexsymbols die verborgene Seite der Künstlerin vollständig entdecken. Als Überblick über die wichtigsten Werke Marilyns ist die „Marilyn Monroe Collection“ aber trotz kleiner Schönheitsfehler eine lohnenswerte Erwerbung. Wie hieß es gleich in „Some like it Hot“? „Nobody is perfect.“

Titel: Marilyn Monroe Collection
DVD-Start: 22. Mai 2009
Filme: Gentlemen prefer Blondes, Bus Stop, Don ´t Bothmer to knock, We ´re not married, How to marry a Millionair, Seven Year Itch, River of no Return, Monkey Business, Let`s make Love, There`s no business like Showbusiness, Niagara, Some like it hot, The Misfits, Marilyn – Ihr letzter Film (Dokumentation)
Jahr: USA 1952-1962
Verleih: 20th Century Fox

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