Die Partei hat immer Recht – Hape Kerkeling macht als Horst Schlämmer satirischen Wahlkampf auf der Pressekonferenz zum Kinofilm

Horst Schlämmer will in den Reichstag. Isch kann Kanzler, meint der Mann!

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Recht hat er, der auf “Hasenpower” setzende Scherzparteikandidat Horst Schlämmer. Spießbürgerliche Borniertheit und Proletentum vereint der angeblich in Grevenbroich geborene Vorsitzende und Namensgeber der Horst-Schlämmer-Partei in seiner Person. Hinter der Maske des dicklichen Bartträgers mit Überbiss verbirgt sich Komiker Hape Kerkeling. Sein Schlämmer will jetzt Bundeskanzler werden mit dem Wahlspruch “Yes Weekend”. Den hat Schlämmer falsch abgehört von dem “Alabama aus Amerika”. Was das „ja“ zum Wochenende genau bedeuten soll, mehr Wochenende, ja zur Wochenendarbeit oder Wochenende, so wie bisher, bleibt vage – wie die meisten von Schlämmers Reden. In den Medien ist Schlämmer seit einer Weile präsent. Wer Kerkelings Kunstfigur Schlämmer aus dem Fernsehen kennt, hat mehr zu lachen. Viele seiner Witze ergeben sich aus charakteristischen Marotten. Ein grunzendes Lachen, Dummdreistigkeit und unsinniges Deutsch. Als Horst Schlämmer schlüpft Kerkeling in die Rolle des alle Negativklischees von Pseudoliberalismus bis Arroganz in sich vereinenden Schaupolitikers.

“Ich habe Aura.”, ist Schlämmer überzeugt. Auf der Pressekonferenz zum sogenannten Wahlkampfwerbefilm “Horst Schlämmer – Isch kandidiere” spürt man dies. Andernfalls würde man sich nicht so amüsieren über Herrn Kerkeling – pardon, Schlämmer – den zukünftigen Bundeskanzler. Schlämmer: “Fragen zur Krise der Filmindustrie und zur Krise des Journalismus können Sie jetzt stellen.” Die Krise kriegten viele Journalisten und Kameraleute bereits vor Beginn der Pressekonferenz bei dem unvermeidlichen Gedränge um die besten Plätze. Dabei war der Saal keineswegs überfüllt. Schrecklich, diese Politikverdrossenheit! “Wenn Sie keine Fragen haben, ist die Pressekonferenz geschlossen.”, hieß es vom Bundeskanzleranwärter. “Je mehr Blödsinn ihr redet, um so besser wird’s.”, ermunterte Horst Schlämmer, der in Begleitung seiner zukünftigen First Lady Alexandra Kamp (als sie selbst) und Praktikant Olle Polle (Simon Gosejohann) erschien, die Fragesteller. Die Pressekonferenz soll den angeblich noch unvollendeten Film “Horst Schlämmer – Isch kandidiere” komplettieren. Schlämmers Kinoauftritt soll mindestens die Quote seiner HSP erreichen: “Wir haben 37+, wir haben Prognose.”

Kerkeling zählt nicht zu den 37+: “Der ist eine zickige Diva, wie Sie wahrscheinlich aus eigener Erfahrung aus dem Showbiz wissen.“ Die Krise der Filmindustrie werden wohl weder Kerkeling noch dessen Kanzlerkandidat beenden. Aber: “Das Land bleibt eine Demografie, da kann jeder machen, was er will.” Launig, nicht übel, aber selten mit Tiefgang sind Schlämmers Witze. Hintergründige Spitzen halten sich in Grenzen. “Wenn der Obama das sagt, lacht ihr nicht.”, quittiert Schlämmer einmal das Amüsement der Reporter. Wer bei der Berliner Rede Obamas miterlebte, wie Zuschauer eifrig applaudierten und anschließend ihren Nachbarn fragten, was der damalige Präsidentschaftskandidat Barak Obama gerade gesagt habe, weiß das bitter. Im Gegensatz zu den realen Parteien setzte die HSP auf das – zumindest ehrliche – Versprechen, nichts zu schaffen, aber für alles zu sein, von Frauenrechten über Integration bis Ökologie. Kerkelings komödiantischer Vortragsweise sind die Lacher mehr geschuldet, als satirischer Brillanz. “Es heißt immer: weiter, weiter, weiter. Ich frage: wohin?” Zumindest auf der Pressekonferenz tut Schlämmer alias Kerkeling dies nicht. “Wenn man schon nicht weiß, wohin man geht, dann wenigstens jut jelaunt auf ´m Weg.” Das passt als Motto der Veranstaltung. Die Politikwitze beschränken sich auf Leichtverträgliches : Wer soll das bezahlen? Kinder sind unsere Zukunft. Mehr von allem. Schweinegrippe? Nicht mit der HSP!

“Lassen Sie das mal sacken.” Tut man dies nach Ende der Pressekonferenz, erscheinen der Schlämmer-Humor mäßig. Der Titanic-Auftritt der Partei Die Partei glänzt als tatsächlicher Satirehöhepunkt. Hape Kerkeling führt sein Publikum ironischerweise am gelungensten vor, wenn er es über die seichte Politkomik lachen lässt. “Schlechter als die, die es jetzt machen, mache ich es auch nicht.” Horst Schlämmers Wahlspruch ließe sich auf die komödiantische Vorstellung beziehen. Die Werbeveranstaltung erscheint als das, was sie ist: Werbung, nur nicht für die HSP, sondern Kerkelings Kinofilm “Horst Schlämmer – Isch kandidiere”. Seinem Wahlspruch wäre Kerkeling besser gefolgt: “Mehr von weniger.” Mehr Subtilität, weniger Brachialkomik. First Lady in spe, Alexandra Kamp, Praktikant Olle Polle und Stammkneipenwirt Manni (Norbert Heisterkamp) sind nur Dekoration für den egozentrischen Parteiführer. Zu sagen haben sie wenig, Komisches noch weniger. Als Horst Schlämmer mit Konsorten abzieht, denkt man ein wenig wie dessen Aufruf zur Atomenergie: “Raus, raus.” Auf dem Boden liegen zurückgelassene HSP-Anstecker und Fähnchen. Bei Obama damals ist das nicht passiert. Und die Partei Die Partei? Hatte keine Wimpel-Anstecker dabei, dafür satirisches Gespür und echte Dreistigkeit. Auch wenn die HSP 37+ hat: Wahlprognosen können irren.

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Titel: Horst Schlämmer – Isch kandidiere

Genre: Komödie

Land/Jahr: Deutschland 2009

Kinostart: 20. August 2009

Regie: Angelo Colagrossi

Drehbuch: Angelo Colagrossi, Hape Kerkeling

Darsteller: Hape Kerkeling, Alexandra Kamp, Simon Gosejohann, Norbert Heisterkamp

Verleih: Constantin

Internet: www.waehle-schlaemmer.de

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