Deutscher Fußball-Bund: 28 Jahre nach dem Mauerfall verläuft die Fußball-Mauer entlang der alten Grenze zwischen Ost und West

Oliver Bierhoff
Oliver Bierhoff, Manager der Nationalmannschaft, ab Januar DFB-Direktor. © 2017, Foto/BU: Frank Eckert

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Ach, Deutscher Fußball-Bund. 28 Jahre nach dem Mauerfall in Berlin verläuft die Fußball-Mauer in Deutschland entlang der alten Grenze zwischen Ost und West. Vielleicht war es ja auch nicht mal Absicht, dass die Nationalmannschaft um den 9. November herum ihre Vorbereitung auf das England-Länderspiel in Berlin abhielt. Vielleicht war es auch keine Absicht, dass die Gespräche mit führenden Vertretern der Nationalmannschaft mitten in Berlin in der Niederlassung des Sponsors mit dem Stern in einer verglasten Tagungskuppel stattfanden, die die Mitarbeiter dort am Berliner Salzufer „Oval Office“ nach dem Büro des mächtigen Mannes im Weißen Haus in Washington nennen. Hier werden offenbar Weichen gestellt.

28 Jahre an dem Fall der Berliner Mauer wirkt es dennoch aufreizend aufgeladen, wenn der amtierende Weltmeister im Ausblick auf das WM-Jahr seine Vorbereitung ausgerechnet hier startet. Hier landete man 2014 nach dem Sieg in Brasilien. Von hier aus nun nach einer makellosen WM-Qualifikation mit dem jetzigen Freitagsspiel im Londoner Wembley-Stadion das Signal Titelverteidigung Richtung Russland 2018 ausgehen, von hier aus soll das Projekt Titelverteidigung starten. Die Achse Berlin–London ist nicht nur eine politische, sie ist sportlich, fußballerisch, in jedem Fall symbolisch. „Wir haben eine Rekordqualifikation hinter uns, sagt Oliver Bierhoff. Der Manager der Männer-Nationalmannschaft blickt voraus, als käme er gerade vom WM-Gewinn aus Brasilien zurück. „Der Titel im Confed-Cup ist auch ein emotionaler Moment gewesen. Wir haben zuletzt toll Energie in unser Vorhaben hereingebracht.“

Oliver Bierhoff, bald DFB-Direktor. © 2017, Foto/BU: Frank Eckert
Oliver Bierhoff, bald DFB-Direktor. © 2017, Foto/BU: Frank Eckert

Dabei sieht zumindest die Realität nach 27 Jahren deutscher Einheit und 28 Jahren Berliner Mauerfall in Fußballdeutschland im Umfeld des morgigen Länderspiels gegen England stellenweise ernüchternd aus. Im aktuellen Achtelfinale des DFB-Pokals steht – Berlin eingerechnet – kein Ostverein. In der Runde der letzten 32 Mannschaften war Schluss für die letzten Klubs aus den neuen Bundesländern. RB Leipzig scheiterte knapp im Elfmeterschießen gegen den FC Bayern München, Hertha BSC dagegen kläglich zu Hause gegen den Bundesliga-Letzten 1. FC Köln, Drittlliga-Dritter 1. FC Magdeburg wehrte sich tapfer, wenn auch verdient chancenlos gegen die derzeit eher Sinn suchende Borussia aus Dortmund, der 1. FC Union Berlin sah kaum einen Stich beim Auswärtsauftritt bei Bayer Leverkusen.

Nicht viel besser sieht der Blick für Bierhoff auch auf die Mitwirkenden in den zwei oberen Etagen des deutschen Fußballs aus: zwei Erstligisten mit Hertha BSC und RB Leipzig, drei Zweitligisten mit Dynamos Dresden, Erzgebirge Aue und dem 1. FC Union Berlin. Ost-Quote mit Berlin: fünf aus 36. Fußball-Deutschland trennt nach wie vor eine Mauer. Wie ein Feigenblatt wirkt das DFB-Präsidiumsmitglied, Erwin Bugar, Chef des Landesverbandes Sachsen-Anhalts. Er ist der einzige Ost-Vertreter in der Spitzen-Organisation des deutschen Fußballs. Nach Jahren mit dem Magdeburger Hans-Georg Moldenhauer, der 1990 als damaliger DDR-Verbandschef die Fusion mit dem DFB verabredete und danach in das Präsidium des höchsten Fußballorgans Deutschlands aufrückte, wirkt das kaum wie eine Erneuerung sondern wie ein Nachrückerposten ohne konkrete Absicht und Aussicht darauf, den Ostfaktor auszuweiten; Frauen nicht mitgerechnet. Man bleibt in der Machtzentrale in Frankfurt/Main dann doch unter sich.

Mit Horst Hrubesch Impulse für die Zukunft setzen

„Wir werden uns natürlich auch in den kommenden Jahren dieser Frage und den Folgen der deutschen Einheit im Fußball stellen“, sagte Bierhoff jetzt in Berlin. Doch das ginge nicht, ohne auch andere Regionen außer den Osten mit einzubeziehen in diese Überlegungen. Der Osten Deutschlands sei, sagte er, nicht das einzige strukturschwache Gebiet. „Es ist ja auch schon einiges passiert; gerade auch unter Verantwortung von Horst Hrubesch.“ Bierhoff betont sein Aushängeschild im Verband mit dem in den letzten Jahren enorm erfolgreichen Nachwuchs-Mannschaften bis in die U21. Seit Januar 2017 sitzt Hrubesch im Präsidium des DFB als „Vertreter der sportlichen Leitung, Jugend- und Talentförderung“. Bierhoff setzt auf dessen Impulse für die Zukunft.

Oliver Bierhoff, Manager der Nationalmannschaft. © 2017, Foto/BU: Frank Eckert
Oliver Bierhoff, Manager der Nationalmannschaft. © 2017, Foto/BU: Frank Eckert

Er wisse auch, so Bierhoff weiter, dass das längst nicht ausreiche. „Aber wir im Verband haben natürlich auch keinen direkten Einfluss auf das, was in den Vereinen passiert. Das müssen die Klubs dann schon für sich entscheiden. Da sind uns Grenzen gesetzt.“ Und dennoch wird es seine künftigen Aufgaben beinahe täglich berühren. Denn ab 1. Januar 2018 hat der „Gewinner der Strukturreform beim DFB und Superminister“ (kicker) mit beiden Nationalteams bei Männern und Frauen, mit den Junioren-Auswahlteams als DFB-Direktor die Talentförderung und Trainerausbildung sowie die geplante DFB-Akademie unter sich; den Osten inklusive.

Ausdrücklich betont der Europameister und Final-Siegtorschütze von 1996 im Wembley-Stadion, „dass es mich sehr freut, was in Leipzig passiert. Das kann ich nur begrüßen. Das finde ich echt klasse.“ Man solle dort die Leute auch wie woanders als richtige, echte Fans betrachten, „wenn die ihre Mannschaft mit 40.000 Leute dort lautstark unterstützen.“ Leipzig als Modell für andere? Für andere Regionen, für andere Klubs? Bierhoff will da optimistisch bleiben und wirken: „Wir werden im Verband die Strukturen effizient weiter vorantreiben. Dann werden wir weiter wachsen, davon profitieren am Ende alle.“

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