Deutsch-Spanische Fiesta bei Beachvolleyball-WM in Polen – Guardiola nicht erster iberischer Trainer-Import

Zwei Fachleute der wenig beachteten Randsportart Beachvolleyball mit spanischen Pass betreuen seit Monaten deutsche Duos mit international hochgesteckten Ambitionen. Guillermo Hernandez ist seit November der Mann an der Seite des jungen und neuen Nationalteams Britta Büthe/Karla Borger (Stuttgart). Daniel Wood steht seit Januar bei Kay Matysik/Jonas Erdmann unter Vertrag. Für die Berliner, EM-Zweite, beim golden Coup von Julius Brink/Jonas Reckermann im Vorjahr in London Olympia-Neunte, war das erste Engagement eines Privat-Profitrainers ein weiterer Schritt zur professionellen Optimierung des Umfeldes.

Büthe/Borger, 25 bzw. noch 24, beim olympischen Highlight noch nicht dabei, waren auf der Welttour bisher nahezu auf sich allein gestellt. Gelegentlich wurden sie von Jörg Ahmann auf Turnieren unterstützt. Doch der Olympiadritte 2000 in Sydney mit Axel Hager hat seine Haupttätigkeit als Leiter des Bundes-Stützpunktes in der Schwaben-Metropole und Nachwuchs-Bundestrainer. Borger-Bruder Anton, ein Hallenvolleyballer der Sand, vermochte in der Spezifik des Sandspiels nicht wirklich zu helfen. Eine Konstellation, die kaum angetan ist, die angestrebte Olympiateilnahme 2016 in Rio de Janeiro zu realisieren.

Ahmann hat ihnen daher, uneigennützig, auch den 36-jährigen Hernandez empfohlen. Den kennt er von internationalen Nachwuchs-Meisterschaften. Hernandez war bislang vor allem für die spanischen Talente bis 19 Jahre verantwortlich. Doch sein Verband hat infolge des allgemeinen Sparzwangs Jobs und Fördermittel reduzieren müssen. So war er auf der Suche. Seine Frau, die Argentinierin Silvana Oliviera, hatte es als Hallen-Volleyballerin in die Bundesliga zu Allianz Stuttgart verschlagen. So gab es eine familiäre Bleibe plus Auto gratis. Im Mini-Kosmos Beachvolleyball hatte er die Tochter der Beach-Europameisterin 1995, Cordula Borger, sowie Britta Büthe schon vorher auf dem Radar…

So gab es kein langes Überlegen, als sich Büthe bei ihm meldete. Im November startete die Zusammenarbeit. Begünstigt durch die Nebenbeschäftigung" als Co-Trainer des Hallenteams…

"Ich habe gewusst, dass dieses Team großes Potenzial hat" – eine Einschätzung des Mannes aus Alicante, die seine neuen Schützlinge in dieser Saison mit deutlich besserem Spiel und Platzierungen bestätigten. Sportliche Schwerpunkte waren die Ballannahme ("die Basis für erfolgreiches Spiel") sowie die Qualität der eigenen Spieleröffnung mit dem Service: "Ich glaube, da gehören die Beiden schon zu den Besten."

Sichtbarster Beweis der Leistungsentwicklung war der erstmalige Einzug ins Halbfinale eines Grand Slam in Rom, der hochwertigsten Kategorie der rund 16-teiligen Welttour-Serie. Vor der WM kletterten sie in der Weltrangliste so hoch wie noch nie – auf Position 12. Und schafften als WM-Debutanten mit dem Erreichen des Finals ein Ergebnis mit sensationellem Anstrich. Nie zuvor war ein deutsches Frauen-Duo weiter vorn bei WM als auf Rang fünf gewesen! Die aktuelle nationale Nummer Eins, Kathrin Holtwick/Ilka Semmler aus Berlin (nur 17. der WM/davor 5. im Weltranking) muss um ihren Status fürchten.

"Ich freue mich für Guillermo, dass es bei ihm so gut läuft", sagt Daniel Wood, ein Coach mit spanischem und US-Pass. Weil sich beide schon als Jugendliche bei kleineren Turnieren auf Teneriffa begegneten. Zeitweilig zusammen wohnten und kleinere Exhibitions bestritten. Für die große Welttour reichte es nicht, aber sie wurden Trainer. Wood betreute anfangs Männerduos, wurde dann über sechs Jahre sportlicher Wegbegleiter und Nationaltrainer für das beste Frauen-Team Spaniens,Liliana/Baquerzo. Daneben leitete er weltweite Trainingscamps, teilweise mit Unterstützung des Weltverbandes FIVB.

Nach Olympiarang neun im Vorjahr (zuvor WM-9.) musste der Verband auch bei Woods Gehalt abknappsen. Als dann der Berliner Matysik/Erdmann, nach dem Ende der Olympiagold-Kombination Brink (nun mit Sebastian Fuchs)/Reckermann (Karriereende aus gesundheitlichen Gründen) im Dezember telefonisch anfragte, ob er sich den Job für die nun nationalen Branchenführer eins vorstellen könne, "habe ich mir 24 Stunden Bedenkzeit ausgebeten". Dann flog er für ein dreitägiges Probetraining nach Berlin und sah sich bestätigt: "Die Jungens haben die richtige professionelle Einstellung und wollen in der internationalen Spitze bis 2016 noch weiter nach vorne. Außerdem ist es für mich eine neue Herausforderung und die Rückkehr zum Coaching eines Männerteams."

Wood ist nicht mehr Nationaltrainer und nurmehr Privatcoach der beiden Duos, die ihn auch finanzieren.

Mit dem erstmaligen Vordringen in das WM-Halbfinale hat das Duo (2011 in Rom 9.) Erdmann/Matysik gleichfalls unter spanischen Fittichen wie Borger/Büthe seinen bis dato größten Erfolg verbuchen können.
Ob daraus sogar noch Edelmetall wird, müssen die zwei finalen Matches am Sonntag erweisen.

Neben der Tatsache, nun einen Fachmann mit internationaler Reputation und Vernetzung bei sich zu haben, ergab sich für die Deutschen Meister 2012 die vorher nie finanzierbare Situation, dank der Beziehungen von Wood im Winter ausgiebig optimale Trainingsbedingungen unter spanischer Sonne genießen zu können.

Nach seiner Aussage hat sich Wood bei seiner Entscheidung für die Mix-Betreuung zweier Mannschaften unterschiedlichen Geschlechts und anderer Nationen vorher mit seinem alten Kumpel Guillermo nicht beratschlagt. Das sei allein seine Entscheidung gewesen und eine zweite bessere Hälfte musste er nicht konsultieren: "Familie in meinem Job geht gar nicht. Ich bin ja ständig unterwegs und bestenfalls zwei Monate zuhause auf Teneriffa."

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